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Audi RS Q e-tron: Technik im Detail

Dakar Audi RS Q e-tron Technik 2022

Audi RS Q e-tron. Credit: Audi

Vorhang auf für ein neues Kapitel: Vom 1. bis 14. Januar 2022 bestreitet der neue Audi RS Q e-tron seine erste Rallye Dakar. Für Audi beginnt damit eine neue Zeitrechnung im Marathon-Rallyesport. 

Sie ist die Mutter aller Wüsten-Rallyes: die Dakar. Auch Audi sucht nun die Herausforderung, geht 2022 in Saudi-Arabien mit dem Audi QS e-tron an den Start.

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„Nie zuvor haben wir bei Audi Sport in so kurzer Zeit ein so komplexes Fahrzeug an den Start gebracht“, sagt Julius Seebach, Geschäftsführer der Audi Sport GmbH und verantwortlich für den Motorsport bei Audi. „Unser erster Härtetest unter Wettbewerbsbedingungen ist nun die längste und anspruchsvollste Rallye der Welt.“ Auf den zwölf Etappen der Wüstenrallye in Saudi-Arabien treffen die Ingolstädter auf 91 weitere Teilnehmer in der Automobilklasse.

Der Audi-Clou: Der Gelände-Allradler wird von zwei Elektromotoren mit einer Gesamtleistung von 680 PS angetrieben. Wie bitte? Mit E-Abtrieb auf bis zu 800 Kilometer langen Etappen durch die Wüste? Ohne Ladestation und mit begrenzter Reichweite der Batterien?

Kein Wunder also, dass bisher alle E-Auto-Projekte bei der Königin der Wüstenrallyes scheiterten. Audi will das nun ändern – und die Rallye Dakar als wahrhaft wüstes Testlabor für seine Serienfahrzeuge nutzen.

Audi RS Q e-tron Rallye Dakar Test. Credit: M. Kunkel/Audi

Auf dem Programm stehen zwölf Etappen. Die Gesamtlänge der Rallye beträgt 8.099 Kilometer, die Summe der gezeiteten Offroad-Prüfungen 4.252 Kilometer. Ausgangs- und Endpunkt ist Jeddah, am 8. Januar legt die Dakar in Riad einen Ruhetag ein.

Als Fahrer gehen Mattias Ekström (43, mit Audi zweimal DTM-Champion, einmal Rallycross-Weltmeister), Carlos Sainz (59, dreimal Dakar-Sieger) und der Dakar-Rekordsieger Stéphane Peterhansel (55, 14 Siege) an den Start.

Ekström zu F1-Insider: „Eines der geilsten Autos, die ich je gefahren bin.“ Carlos Sainz ergänzt: „Ungewohnt war am Anfang nur der Verbrennungsmotor, der in meinem Rücken ständig arbeitet, auch wenn ich nicht auf dem Gas stehe. Daran muss man sich erst gewöhnen.“

Technische Daten

Motor: Hybrid (E-Antrieb, Akku geladen durch Turbomotor)
Hubraum Turbomotor: 2000 cm3
Maximale Systemleistung: 500 kW (680 PS)
Antrieb: Elektro-Allrad
L/B/H 4500/2300/1950 mm
Leergewicht: 2000 kg
0–100 km/h: unter 4,5 s
Topspeed: 170 km/h
Benzinverbrauch: 200 g/kWh
Batterie: Lithium-Ionen, 52 kWh, 370 kg
Reifen: BF Goodrich vorn/hinten 37×12,5R17g
Tankinhalt:  max. 295 Liter

Wir erklären die komplexe Technik des Audi RS Q e-tron:

Antrieb:
Das Herz des RS Q e-tron ist ein maximal 680 PS (500 kW) starkes Hybridsystem. Vorder- und Hinterachse werden von je einem 250 kW (340 PS) starken Elektromotor aus der Formel E angetrieben. Dazu sitzt hinterm Fahrer ein Verbrennungsmotor. Der wiederum treibt einen Generator an, der die Batterie für die Antriebsmotoren lädt.

Der Verbrenner ist jener Zweiliter-Vierzylinder-Turbo, den Audi bis Ende 2020 in der DTM verwendet hat. 30 dieser Aggregate hat Audi noch. Für den Dakar-Einsatz wurde der Motor überarbeitet. Stefan Dreyer, Entwicklungschef von Audi Sport: „Wir haben die Leistung von 450 auf 200 kW reduziert. Er arbeitet Bestpunkt-optimiert in einem engen Drehzahlbereich zwischen 4500 und 6000 statt 9000 Touren.“ Und er ist dabei extrem effizient: Sein spezifischer Verbrauch liegt bei deutlich unter 200 Gramm pro Kilowattstunde.

„Das Auto ist das komplexeste, das ich je gesehen habe“, sagt Sven Quandt, Gründer von Q Motorsport, dem Einsatzteam von Audi. Er vergleicht das Projekt sogar mit der ersten Mondlandung: „Damals wussten die Ingenieure auch nicht, was auf sie zukommt. Bei uns ist es ähnlich. Eine Zielankunft beim ersten Einsatz wäre ein Erfolg.“

Audi RS Q e-tron. Credit: Audi

Die Lithium-Ionen-Batterie:
Buchstäblich in der Mitte des Audi RS Q e-tron steckt die Hochvoltbatterie. Kapazität (52 kWh) und Gewicht (370 Kilogramm) erinnern an die Formel E (54 kWh/385 kg). Im Vergleich zur Elektroformel ist die Rallye Dakar aber ganz anders: Tagesetappen von vielen Hundert Kilometern, enorme Fahrwiderstände im weichen Wüstensand, dazu hohe Außentemperaturen und ein vom Reglement auf zwei Tonnen festgelegtes Fahrzeug-Mindestgewicht – das sind Extremwerte im Motorsport.

Wenn die Rallyefahrer das Biwak mit geladener Batterie am Morgen einer jeden Etappe in elektrischer Fahrt also verlassen, beginnt eine hochkomplexe Steuerung. Die Ingenieure haben Algorithmen programmiert, damit Energieentnahme und das Wiederaufladen der Batterie über festgelegte Distanzen stets in der Balance sind.

Ein Beispiel: Erfordert eine schwierige Dünenpassage kurzzeitig maximale Energie, sinkt der Ladezustand. Der Grund: Die Antriebsleistung der Motor-Generator-Einheiten an Vorder- und Hinterachse ist laut Reglement auf maximal 288 kW begrenzt. Der Energiewandler kann allerdings höchstens eine Ladeleistung von 220 kW erbringen. Im Extremfall ist der Verbrauch also kurzzeitig höher als die Energieerzeugung. „So etwas ist zeitlich begrenzt möglich“, sagt Batterie-Ingenieur Lukas Folie. „Aber auf eine längere Distanz ergibt sich immer ein Nullsummenspiel. Die absolut an Bord vorhandene Energiemenge muss ausreichen, um die Tagesetappe bewältigen zu können.“

Für maximale Effizienz gewinnt der RS Q e-tron auf seiner Fahrt durch die Wüste Energie zurück. Die MGU-Einheiten an Vorder- und Hinterachse können dabei die Drehbewegung der Räder in elektrische Energie umwandeln. Folge: Obwohl er reglementbedingt eine größere Masse bewegen muss, kommt der RS Q e-tron deshalb mit weniger Energie als die Konkurrenz aus.

Audi RS Q e-tron. Credit: Audi

Kühlung:
„Audi war noch nie bei der Rallye Dakar. Als erstes haben wir uns deshalb gefragt: Wie bekommen wir die Hitze aus dem Auto?“, erklärt Sebastian Fröber, zuständiger Ingenieur für die Kühlsysteme. Statt aerodynamischer Effizienz gehe es im Wüsten-Prototyp um die bestmögliche Wärmeabfuhr. Dafür sorgen gleich mehrere Kühlkreisläufe.

Niedertemperatur-Kreislauf für die Hochvoltbatterie (HVB): Für die Batterie-Kühlung nutzt Audi ein Kühlmittel namens Novec, das keine elektrischen Ströme leitet. Dieser Niedertemperaturkreislauf besitzt einen Kühler unter der vorderen Haube.

Niedertemperatur-Kreislauf für die Motor-Generator-Einheiten (MGU): Der Verbrennungsmotor ist mechanisch an eine MGU gekoppelt, die den Strom für die Hochvoltbatterie erzeugt. Sie gibt ihre Energie an zwei weitere Elektromotor-Generator-Einheiten ab: Eine treibt die Hinterräder an, die andere die Vorderräder. Diese drei MGU-Baugruppen sind über einen eigenen Niedertemperaturkreislauf miteinander verbunden. Er gibt seine Wärme über den linken Kühler im Vorderwagen ab. Die Herausforderung im Vergleich zu klassischen Kühlsystemen: „40 Grad heiße Wüstenluft kühlt 60 Grad warme Kühlflüssigkeit wegen des geringen Temperaturunterschiedes nur unwesentlich ab“, erklärt Fröber.

Zwei Hochtemperaturkreisläufe für Kühlflüssigkeit und Ladeluft: Zum Antriebssystem des Audi RS Q e-tron zählt auch ein Energiewandler. Der hocheffiziente Turbo-Benziner, der quer hinter dem Beifahrersitz angeordnet ist, besitzt einen Flüssigkeitskreislauf mit einem Kühler. Der Motor-Ölkreislauf ist über einen Wärmetauscher mit diesem System thermisch verbunden. Die Abgas-Turboaufladung erfordert ein zweites Kühlsystem: Die verdichtete Ansaugluft strömt durch einen Ladeluftkühler in den Motor. Flüssigkeits- und Ladeluftkühler sitzen nebeneinander oberhalb der Hinterachse. Die Hutze auf dem Dach teilt den Luftstrom auf beide Radiatoren auf. „In schwierigen Passagen, zum Beispiel bei Dünenüberquerungen in langsamer Fahrt, kann es sein, dass dieser Luftstrom nicht ausreicht“, sagt Ingenieur Fröber. „Aus diesem Grund sitzt hinter jedem der beiden Kühler ein Lüfter, der bei Bedarf die Warmluft absaugen kann.“ Sie tritt am Heck des Audi RS Q e-tron aus.

Gut gekühlt geht’s ab 1. Januar auf in die Wüste. Ob die hochkomplizierte Technik hält, wissen wir bis zum 14. Januar.

Von: Bianca Garloff und Michael Zeitler

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