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Grosjean und Hamilton top, Ferrari und Vettel flop

Romain Grosjeans Feuerunfall. Credit: F1 TV

Romain Grosjeans Feuerunfall. Credit: F1 TV

Die Formel-1-Saison 2020 ist vorbei. Was waren die Tops und Flops des Jahres 2020? Die Analyse. 

Die Corona-Pandemie hat auch die Formel-1-Szene völlig durcheinander gewürfelt. Erst reisen alle zehn Teams und alle 20 Fahrer nach Australien, dann die Absage – nach Corona-Fällen im McLaren-Team. Die Saison begann dann erst am 5. Juli in Österreich – so spät wie noch nie in der Formel-1-Geschichte. 

Kommentar: Jetzt wird’s ernst für Mick Schumacher

Gefahren wurden nur 17 statt wie geplant 22 WM-Rennen. Dafür aber fast im Wochenrythmus. Und auch auf Strecken, die oft seit Jahren ausgemustert (Nürburgring, Imola, Türkei) oder noch nie genutzt wurden (wie Mugello, Portugal oder der Außenkurs von Bahrain). Doch Hauptsache es wurde Gas gegeben  – so flossen wenigstens die TV- und Sponsorgelder in die Kassen der Königsklasse. 

Das sind unsere Tops und Flops des Jahres:

Die Tops der Formel-1-Saison 2020

Lewis Hamilton: Eine Corona-Infektion zeigte zum Ende der Saison, dass auch der Brite nicht unverwundbar ist. Davor aber wirkte Lewis Hamilton mit zehn Poles und elf Siegen wie der Superman der Formel 1. Am Nürburgring egalisierte er Michael Schumachers 91 Siege, in der Türkei seine sieben WM-Titel. Ja, jetzt darf sich auch Hamilton Rekordweltmeister nennen. Natürlich saß Lewis, der VII. dabei im besten Auto. Trotzdem bewies er immer wieder auch seine fahrerische Extraklasse. Zum Beispiel in der Türkei, wo die nasse Bahn fast alle Fahrer in Fehler trieb. Hamilton lag zwischenzeitlich 20 Sekunden zurück, gewann am Ende aber mit 30 Sekunden Vorsprung. Wichtiger aber: Neben der Strecke wandelte er sich vom Popstar zum Muhammad Ali. Der 35-Jährige nutzt seine Popularität, um für Gleichheit und Gerechtigkeit zu kämpfen, brachte sogar seinen Arbeitgeber Mercedes dazu, den Silberpfeil als Symbol für „Black lives matter“ schwarz zu färben. Hamilton glänzte 2020 in jeder Beziehung und zeigte am Ende mutig Schwäche, als er offen über seine Corona-Infektion sprach und so auch vor dem anderen gefährlichen Virus warnte, das unsere Gesellschaft bedroht.

Lewis Hamilton Credit: LAT/Mercedes

Nürburgring: Nach sieben Jahren kam der Nürburgring völlig unverhofft zu einem Formel-1-Comeback. Die Umbaumaßnahmen im Kalender durch die Corona-Pandemie machten das möglich. Für 2021 ist das Rennen leider nicht mehr an Bord.

Mercedes: Sie lassen einfach keine Gnade walten. Seit Beginn der Hybrid-Ära 2014 dominiert Mercedes die Formel 1. Das hat sich auch 2020 nicht geändert. Die Rahmenbedingungen waren anders, Mercedes siegte einfach weiter. Und wilderte bei den Rekorden: Sieben WM-Titel in Folge – das schafften noch nicht mal Michael Schumacher und Ferrari. Das rote Dream-Team von einst ist jetzt silber-schwarz. Dass ausgerechnet Mercedes das innovativ DAS-System entwickelte, spricht für sich. Die Fahrer konnten am Steuer die Spur verändern und die Reifen so schneller auf Temperatur bringen. Es sind Details wie diese, die die deutsch-englische Mannschaft zum Dauerbrenner der Königsklasse machen. Dass das System für 2021 verbannt wird, ist auch keine Niederlage. Es ist ein Ritterschlag.

Nico Hülkenberg, Credit: Racing Point

Nico Hülkenberg: Er ist der neue Feuerwehrmann der Formel 1! Bei drei Rennen sprang Nico Hülkenberg als Ersatzpilot ein, weil die Racing-Point-Fahrer Sergio Pérez und Lance Stroll vom Corona-Virus außer Gefecht gesetzt wurden. Der Emmericher kam dabei teils unter wunderlichen Bedingungen zu zehn WM-Punkten und WM-Rang 15. Zum Nürburgring eilte er vom Frühstückstisch in Köln, wo er eigentlich für RTL kommentieren sollte. Ohne eine einzige Trainingsrunde fuhr er das Qualifying zum GP der Eifel, wurde im Rennen Achter. So raste Hülkenberg auch zurück in die Köpfe der Teamchefs. Ein weiteres Comeback, diesmal als Stammpilot bei Red Bull, hätte er mehr als verdient.

McLaren: Einst war McLaren das, was Mercedes heute ist: der glänzende Stern der Formel 1. Doch zwischenzeitlich war das Traditionsteam ins Nirgendwo des Mittelfelds abgerutscht – bis der deutsche Teamchef Andreas Seidl kam. Vor allem zu Beginn der Saison überraschte man mit zwei Podestplätzen. Carlos Sainz wechselt zwar zu Ferrari, aber mit Lando Norris hat der Bayer das andere englische Juwel neben George Russell unter Vertrag.

Sergio Pérez: Er ist der Dauerläufer der Formel 1. Bei allen Starts kam er 2020 auch in die Punkte. Einzige Ausnahme: der Motorschaden in Bahrain. Dafür gewann er eine Woche später den Sakhir-GP. Mit 30 Jahren in seinem 190. Rennen! Am Ende holte Perez sogar WM-Rang vier. Trotzdem wurde der Reifenflüsterer zugunsten von Sebastian Vettel bei Racing Point ausgemustert. Seine letzte Chance: Red Bull. Es könnte die tragischste Heldenstory des Jahres werden – oder ein Sieg der Gerechtigkeit.

Pierre Gasly Credit: Red Bull Content Pool

Pierre Gasly: Damit hatte keiner gerechnet: Beim Italien-GP siegte völlig überraschend Pierre Gasly. Es war der zweite Sieg für Alpha Tauri – nach dem Triumph von Sebastian Vettel 2008 in Monza (damals als Toro Rosso). Gasly ist eines der Verstappen-Opfer, wurde 2019 erst in den Red Bull befördert und dann wieder zurück degradiert. Ein Glücksfall für den Franzosen, denn im Alpha Tauri fand er unter der Führung von Teamchef Franz Tost zu alter Stärke zurück. Richtig auch, dass er nicht wieder bei Red Bull verheizt werden soll, stattdessen Alpha Tauri anführen soll.

Daniel Ricciardo: Der Australier hat Renaults Durststrecke beendet und den Franzosen-Renner wieder aufs Podium bugsiert. Das Treppchen am Nürburgring (das erste seit Nick Heidfeld in Malaysia 2011) kam so überraschend, dass Ricciardo sogar seinen berühmt-berüchtigten Shoey vergaß. Teamchef Cyril Abiteboul muss nun seinen Wetteinsatz einlösen und sich ein Tattoo stechen lassen. Danach verschwindet der Australier zu McLaren.

Max Verstappen: Max steht für Maximum. Das holt der Niederländer auch 2020 wieder aus sich raus. Verstappen war mit Abstand der beste Fahrer neben Lewis Hamilton. Und wenn er mal nicht performte, schmollte er in der Ecke sitzend wie ein kleines Kind. So geschehen in der Türkei. Kann man albern finden, zeigt aber, wie ehrgeizig der Holländer ist. Fakt ist: Zwar war der Red Bull-Honda wieder nicht titelfähig, aber Verstappen zeigte einmal mehr, dass er fahrerisch das Potenzial dazu hat. Sein Finalsieg in Abu Dhabi könnte ein Fingerzeig für 2021 sein.

Romain Grosjean: Fahrerisch konnte der Franzose keine Highlights setzten. Doch als er in Bahrain mutig der Flammenhölle seines Haas-Ferrari entkam, machte er sich selbst und die Sicherheitsentwicklung des Automobilweltverbands FIA zum Gewinner des Jahres. Lobenswert auch, wie Grosjean anschließend mit seinem Schicksal umging. Indem er zum Krankenwagen humpelte, sendete er ein wichtiges Signal in die Öffentlichkeit: ICH HABE ALLEN WIDERSTÄNDEN ZUM TROTZ ÜBERLEBT! Keine Geheimnistuerei, keine Privatsphäre angesichts seuner Verbrennungen. Grosjean zeigte seine Genesung in aller Öffentlichkeit. Richtig auch, dass er zum letzten Rennen in Abu Dhabi nicht mehr angetreten ist. So bleibt er in Erinnerung als der Formel-1-Pilot, der dem Feuer entstieg wie der Phoenix der Asche.

Corona-Handling: Beim Saisonauftakt in Australien musste sich die Formel 1 Kritik für die Art der Absage gefallen lassen. Doch im Juli kehrte die Königsklasse mit einem gelungenen Mammutprogramm zurück. Deshalb gibt’s hier ein großes Lob an die Macher von Red Bull, die mit ihrem Konzept für die Auftakt-GPs in Spielberg den Weg für eine ganze Saison ebneten.

Die Flops der Formel-1-Saison 2020

Credit: @Scuderia Ferrari Press Office

Ferrari: Grande Miseria, besser lässt sich die Situation der Scuderia 2020 nicht beschreiben. Kein Zufall: Kaum wurden die Antriebs-Regeln präzisiert, hatte Ferrari mit einem riesigen PS-Defizit zu kämpfen. Die FIA-Strafe für die Motor-Mogelei vom Vorjahr bremste die Italiener das ganze Jahr über ein. Dazu die Posse um die Trennung von Sebastian Vettel, zwei ungleiche Autos, haarsträubende Strategie-Fehler. Das Grande Casino ist zurück in Maranello, aus dem Cavallino Rampante wurde ein Ackergaul. Am Ende macht WM-Rang sechs das Jahr 2020 zu einer der schlechtesten Saisons seit 40 Jahren. 

Valtteri Bottas: Der Butler musste weiter dienen. Die WM-Niederlage des Finnen in der Türkei war bezeichnend: Hamilton holte sich den Titel mit einem Sieg, Bottas drehte sich sechs Mal und wurde sogar überrundet. Beim Sakhir-GP wurde er obendrein von Hamilton-Ersatzmann George Russell entzaubert. Dass er trotzdem Vizeweltmeister wurde, spricht nicht für Bottas sondern für den Mercedes.

Sebastian Vettel: Zwei Themen dominierten das verkorkste Jahr des Deutschen: die mediale Schlammschlacht nach der Nicht-Vertragsverlängerung durch Ferrari und die Diskussion über seine Fähigkeiten am Lenkrad. Hat Vettel wirklich das Fahren verlernt oder kämpfte er mit ungleichen Waffen? Was bleibt: Ein WM-Platz außerhalb den Top-10 – es war Vettels schlechteste volle Saison in der Formel 1. Auch das Teamduell gegen Charles Leclerc verlor der Deutsche klar mit 4:13. Und doch gab es einen Lichtblick: die fehlerfreie Podiumsfahrt beim Regenrennen in der Türkei. Wie gut Vettel immer noch ist, kann er 2021 bei Aston Martin beweisen.

Kimi Räikkönen Credit: Alfa Romeo Racing

Alfa Romeo: Eigentlich sollte es – wie bei Haas – mit Alfa Romeo aufwärts gehen. Doch die beiden Ferrari-Kundenteams wurden vom PS-Defizit des Ferrari-Motors gebremst. Traurig, einen Ex-Weltmeister und Sympathieträger wie Kimi Räikkönen so weit im Hinterfeld rumgurken zu sehen. 

Alex Albon: Der Thailänder konnte einem neben Max Verstappen fast schon leid tun. Albon hatte nicht den Hauch einer Chance und stellte das von Wochenende zu Wochenende zuverlässig unter Beweis. Zahlen lügen nicht: Im zweitbesten Auto des Felds kam er nicht unter die Top vier der Fahrer-WM, wurde am Ende Siebter. Man möchte Red Bull zurufen, dass sie den jungen Mann mit britischem Pass doch endlich erlösen mögen. Selbst auf Max Verstappen sind fünf bis sieben Zehntelsekunden Rückstand einfach zu viel.

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