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Racing Point: So beeinflusst der Protest Vettels Zukunft

Credit: Racing Point

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Sebastian Vettel könnte 2021 zu Aston Martin wechseln. Doch dafür muss erst einmal der Renault-Protest verhandelt werden

Von: Ralf Bach und Bianca Garloff

Sebastian Vettel (33) steht auf der Bremse, zumindest was seine Zukunft angeht. „Ich setze mich nicht unter Druck“, sagte der Noch-Ferrari-Star am Rande des Großen Preises von Ungarn. „Und ich habe mich noch nicht entschieden.“

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Das Zögern des Vierfach-Weltmeisters hat mehrere Gründe. Vettel: „Ich würde gerne weitermachen, wenn die Bedingungen stimmen. Wenn nicht, will ich nicht einfach nur umherfahren und Geld verdienen. Das war nie mein Antrieb.“ Heißt also: Die sportliche Perspektive muss stimmen.

Derzeit sieht er bei Racing Point rosarot. Das Team fährt mit Mercedes-Motor über Ferrari-Niveau, wird 2020 zur Aston Martin-Werksmannschaft und will die Kooperation mit Mercedes noch ausbauen. James Bond würde da sagen: Man lebt nur zweimal.

Dazu kommt: Teamchef Otmar Szafnauer streut Vettel jetzt schon Rosen – obwohl er Verhandlungen nicht bestätigen will. „Ich kenne Sebastian privat sehr gut. Er ist ein toller Typ, kann siegen, ist ein Weltmeister. Eine Bereicherung für jedes Team.“

Aber ist Racing Point auch eine Bereicherung für Vettels Karriere? Darüber dürfte der Protest entscheiden, den Renault gegen das Team mit Sitz in Silverstone lanciert hat. Der Verdacht: Gewisse Teile, die eigentlich auf der verbotenen Liste stehen, hat Racing Point 1:1 von Mercedes kopiert. Seit den Wintertests wird der RP20 deshalb scherzhaft auch als „pinker Mercedes“ bezeichnet.

Renault-Technikchef Marcin Budkowsky: „Wir glauben: Racing Point hat Zeichnungen und Teile erhalten, die man verwendet hat, um das diesjährige Auto zu bauen.“ Dabei geht es konkret um die Bremsschächte. Der Pole weiter: „Eben diese sieht man nicht anhand von Bildern. Es ist schwierig, so etwas zu kopieren, wenn du nur ein Bild vor dir hast. Sollte die FIA herausfinden, dass die Bremsschächte das Design eines anderen Teams sind, dann würde ich erwarten, dass man auch den Rest des Fahrzeugs überprüft.“

Sergio Perez, Racing Point RP20

Im Formel-1-Flurfunk wird bereits gemunkelt, dass Racing Point einen Original-Silberpfeil aus dem Jahr 2019 zur Verfügung hatte, um das Auto entsprechend nachzubauen. Die möglichen Verräter sollen drei unzufriedene Racing-Point-Mitarbeiter sein, die zu Renault gewechselt sind. Whistleblowing hat auch in der Formel 1 Konjunktur. Zu beweisen ist das alles derzeit nicht. Vor allem, da die Bremshutzen 2019 noch eingekauft werden durften. Sie stehen erst seit 2020 auf der verbotenen Liste. Und seit wann ist Kopieren eigentlich verboten?

Der Speed des RP20 sorgt dennoch für hochgezogene Augenbrauen.

Red Bull-Berater Helmut Marko zu F1-Insider.com: „Wenn man sieht, dass Perez in Österreich wie ein heißes Messer durch die Butter durchs Feld geflogen ist, zeigt das, welches Potential in dem Auto steckt. Ich denke, ein Vettel würde noch mehr aus dem Auto rausholen.“

Racing Point gibt sich indes siegessicher: „Die Bremsschächte werden im Vergleich zu dem Mercedes vom letzten Jahr zeigen, dass dieses Teil ausschließlich von uns konstruiert worden ist“, bekräftigt Otmar Szafnauer. Alle anderen Teile seien bereits vor Saisonstart untersucht worden. Racing Point konnte dabei beweisen, dass man sich allein auf Fotos gestützt habe.

Der Druck ist groß

Doch der Druck ist groß. Auch andere Teams mischen sich nun ein. Für McLaren-Teamboss Andreas Seidl wird das FIA-Urteil zur Grundsatzentscheidung. „Der Protest hilft zu klären, wie FIA und Formel 1 die Königsklasse in der Zukunft haben wollen“, betont er. “Wollen sie, dass die Formel 1 eine Kopiermeisterschaft wird? Eine Meisterschaft, in der es nur noch zwei oder drei Konstrukteure oder Hersteller gibt und der Rest mit Kundenautos fährt?” Für Seidl wäre das der falsche Weg.

Für Vettel indes entscheidet das FIA-Urteil auch darüber, ob das Gesamtpaket Aston Martin eines vierfachen Weltmeisters würdig ist. Denn unabhängig von möglichen Strafen, die auf 2021 keinen direkten Einfluss haben, bekommt Aston Martin entweder einen Freifahrtsschein für eine noch intensivere Zusammenarbeit mit Mercedes.

Insider sprechen dabei schon vom Plan für eine Art Vier-Wagen-Team aus zwei Silberpfeilen und zwei James-Bond-Rennern, in dem Vettel unter Umständen sogar Siegchancen hätte. So wie 2008, als er im Toro Rosso gewann, der eigentlich ein Red Bull war.

Es kann aber auch anders kommen. Verliert Racing Point den Fall vorm FIA-Gericht, muss das Team zurückrüsten, alle vermeintlichen Mercedes-Teile ausbauen und auch für die nächsten Jahre sein eigenes Auto bauen.

Sky-Experte Ralf Schumacher kann sich deshalb gut in Vettel hineinversetzen: „Wenn wegen des Renault-Protests was schiefläuft, wäre das weder gut für Mercedes noch für Aston Martin/Racing Point“, sagt er.

Vettel sollte sich deshalb nicht zu früh festlegen. Schumacher: „Was passiert mit dem Team in Zukunft? Bleibt Mercedes wirklich als Werksteam in der Formel 1? Oder wird Aston Martin Mercedes? Wird vielleicht sogar das jetzige Racing Point-Team noch mal verkauft an einen anderen Milliardär, der seinen Sohn unbedingt in der Formel 1 haben will? Da sind noch ein paar Fragezeichen, und deshalb, glaube ich, will Sebastian erstmal abwarten, was da jetzt passiert.“

Vettel pokert im Casino Royal. Eine FIA-Entscheidung wird nicht vor dem nächsten Rennen in Silverstone erwartet.

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