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Michael Schumacher nach Skiunfall: „Er fehlt als Mensch“

Michael Schumacher Credit: Ferrari

Michael Schumacher Credit: Ferrari

Michael Schumachers tragischer Skiunfall jährt sich am 29.12. zum zehnten Mal. Ein Tribut an den Rekordweltmeister der Formel 1.

wie dem mittlerweile ehemaligen AlphaTauri-Teamchef Franz Tost (67) ging es den meisten an jenem 29. Dezember 2023, die mit Michael Schumacher vertraut waren. Der Tiroler kannte den Kerpener schon, als er 1989 im Formel-3-Team seines Managers Willi Weber von der Formel 1 träumte, aber noch weit weg war von der Königsklasse des Automobils.

Tost war Teammanager in Webers Rennteam und eine Art Tutor für Schumacher. Er analysierte seinen Fahrstil, ging Daten mit ihm durch und kümmerte sich auch um die entsprechende mentale Betreuung, denn Tost war überzeugt: „Bei allem Talent und Fahrzeugbeherrschung – Champions sind am Ende deshalb Champions, weil sie den Willen haben, sich immer wieder zu verbessern. Und dieser Wille wird vom Kopf gespeist.“

Tost zu F1-Insider.com: „Bei Michael war genau diese Eigenschaft extrem ausgeprägt. Dazu gehörte auch: Wenn er mal am Boden lag, stand er schnell wieder auf und kam umso stärker zurück.“

Tost nach Schumacher-Unfall unbesorgt

Franz Tost. Credit: Red Bull Content Pool

Deshalb war der Österreicher auch zunächst kaum besorgt, als vor genau zehn Jahren die ersten Meldungen über einen Skiunfall von Michael Schumacher auftauchten. „Ich dachte nur: Wie groß muss die Bedeutung von Michael sein, wenn ein Sturz auf Skiern eine Meldung wert ist?“

Tost erklärt seine erste Reaktion so: „Ich habe mir keine Sorgen gemacht, weil ich oft mit Michael beim Skifahren unterwegs war. Er war ein sehr guter Fahrer, der keine Risiken einging. Als mir dann die Auswirkungen des Unfalls bewusst wurden, konnte ich es gar nicht glauben. Ich war fassungslos und schockiert.“

Schumacher wurde in Grenoble notoperiert, das Krankenhaus in den folgenden Tagen von Fans und Journalisten belagert. Managerin Sabine Kehm wurde jedes Mal von unzähligen Mikrofonen umzingelt, wenn sie ein Statement zum Gesundheitszustand des Rekordweltmeisters abgab. Das Medieninteresse nahm immer absurdere Züge an. Ein Journalist hatte sich sogar als Priester verkleidet, um Fotos vom Rekordweltmeister im Krankenbett zu schießen.

Bruder Ralf Schumacher erinnert sich bei Fa-Insider: „Es war surreal. So etwas habe ich noch nie erlebt. Deshalb hat die Familie auch sehr schnell beschlossen, dass Michaels Gesundheitszustand ab sofort zur Privatsache erklärt wird. Das hat sich bis heute nicht geändert.“

Michael Schumacher 2003. Credit: Ferrari

Eins hat der Dschungel von Kameras und Mikrofonen aber auch gezeigt: Welchen Stellenwert Michael Schumacher in der Gesellschaft hatte. Besonders, aber nicht nur in Deutschland. Der einfache Junge aus der Kiesgrube im rheinländischen Kerpen, der nie mehr wollte, als so schnell wie möglich Auto zu fahren, hatte ein ganzes Land wach geküsst und eine Euphorie entfacht, die sogar den Tennisboom von Boris Becker und Steffi Graf in den Schatten stellte.

In Italien wird er wegen seiner fünf Titel mit Ferrari wie ein Heiliger verehrt. Am Tag seines Unfalls, der ein Jahr nach seinem Rücktritt als Rennfahrer geschah, wurde das noch deutlicher als zu seiner aktiven Zeit, die ihn mit sieben WM-Titeln und 91 Rennsiegen zum bis dahin erfolgreichsten Rennfahrer aller Zeiten machte.

Mittlerweile hat Lewis Hamilton Schumachers WM-Titelrekord egalisiert und mehr Siege geholt als der Deutsche. Was ihn und die anderen Superstars der Szene wie Jackie Stewart oder Alain Prost aber tragischerweise von Schumacher unterscheidet: Sie sind präsent. Schumacher dagegen umgibt eine ähnliche Aura wie den legendären Brasilianer Ayrton Senna. Sein Tod in Imola 1994 hatte den dreimaligen Weltmeister unsterblich gemacht.

Bei Schumacher ist es ähnlich. Auch wenn er lebt, er ist für die Öffentlichkeit nicht mehr da. Als ob er vor zehn Jahren einfach verschwunden wäre und seither auf einer einsamen Insel lebt – ohne Telefon, Internet und nur in Kontakt mit der Familie. Das führt dazu, dass Fans und Bewunderer ihn auf die Stufe stellen, auf der nur der Mythos Senna steht.

Felipe Massa, Jean Todt, Michael Schumacher, Luca Badoer und Ross Brawn. Credit: Michael Schumacher Instagram

Es bleibt reine Spekulation, was Schumacher heute ohne den Skiunfall tun würde, der ihn gerade in der Findungsphase für einen neuen Lebensabschnitt ereilte. Treue Weggefährten wie Ex-Mercedes-Teamchef Ross Brawn haben so eine Ahnung. Der Brite, der Ferrari als Cheftechniker mit Schumacher zusammen aus einer Sackgasse auf die Straße des Triumphs führte, sagt: „Ich kann mir gut vorstellen, dass Michael heute ein Team hätte. Schon bei Mercedes gab es Gespräche, ob er irgendwann mal als Anteilseigner fungieren könnte. Die erste Stufe gab es bereits: Denn er fungierte 2013 als Markenbotschafter.“

Und noch etwas glaubt Brawn im Gespräch mit F1-Insider.com: „Mir wird immer klarer, dass er den Helm womöglich zu früh an den Nagel gehängt hat. Die Saat des Erfolgs bei Mercedes hat er in den Jahren 2010 bis 2012 gelegt. Und Fernando Alonso zeigt heute noch in ähnlichem Alter wie Michael damals, dass man auch mit über 40 Weltklasseleistungen bringen kann. Wäre Michael 2014 noch aktiv gewesen, er hätte den Titel holen können.“

Was bleibt: Schumacher fehlt. Zehn Jahre nun schon. Nicht nur den Fans. Franz Tost zu Sport1: „Ich vermisse ihn, nicht nur als einen der besten Rennfahrer aller Zeiten, sondern besonders auch als Mensch. Mit ihm konnte man immer ganz offen reden. Er verstellte sich nie, sagte immer gerade raus, was er dachte. Politik und Intrigen gab es bei ihm nicht.“

Schumacher: Die Legende lebt

Sicher ist: Der Mythos Schumacher wird weiter bestehen. Die Legende lebt. Auch wenn sich nichts ändern wird, wenn es um Neuigkeiten zu seinem Gesundheitszustand geht. Dafür sorgt, für die meisten zum Glück, die Familie. Ehefrau Corinna hat den Grund des Schweigens eindrucksvoll auf den Punkt gebracht, als sie in einem äußerst seltenen Augenblick des Redens in der Schumacher-Doku bei Netflix emotional preisgab: „Früher hat Michael uns beschützt. Jetzt beschützen wir ihn.“

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