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Badboy mit Engelsgesicht

Leclerc Suzuka 2019 2

Credit: Ferrari

Charles Leclerc hat sich in seinem ersten Ferrari-Jahr bereits als kompromissloser Racer mit Siegergen geoutet

Er sieht so aus, als könne er kein Wässerchen trüben. Ferrari-Shootingstar Charles Leclerc ist gerade erst 22 Jahre alt geworden und gilt schon jetzt als Liebling aller Schwiegermütter. Sein Engelsgesicht gepaart mit den Stories vom verstorbenen Papa (2017) und dem tödlich verunglückten Patenonkel Jules Bianchi (Suzuka 2014) sowie seinem Ferrari-Aufstieg im Rekordtempo bietet Stoff für ein echtes Formel-1-Märchen.

Doch die Fassade bröckelt. Denn hinter dem Engelsgesicht steckt ein echter Badboy.

Beweisstück Nummer eins: Im Qualifying von Monza soll er seinem Teamkollegen Sebastian Vettel den so wichtigen Windschatten geben, bummelt aber solange, bis Vettel nicht mal mehr über die Startlinie kommt.

Beweisstück Nummer zwei: Im Duell mit Lewis Hamilton agiert der Monegasse später im GP Italien extrem kompromisslos, schickt den Briten einmal in die Wiese und wechselt ein anderes Mal wie wild die Spur.

Beweisstück Nummer drei: In Singapur beschwert er sich lautstark am Funk über den Undercut durch Vettel, findet Ferraris Strategie „unfair“.Beweisstück Nummer vier: In Sotchi diskutiert er wieder im Cockpit, will den am Start an Vettel verlorenen Platz zurück. Als der Deutsche sich weigert, plaudert Leclerc nach dem Rennen munter die geheime Absprache des Teams aus.

Credit: Ferrari

Beweisstück Nummer fünf: Am Start zum GP Japan drängt er Max Verstappen gnadenlos von der Piste, obwohl der Red Bull-Star bereits deutlich vor ihm ist.

Nicht zuletzt bleibt er trotz beschädigtem Auto weiter auf der Piste – bis er Trümmer verliert, die sich in Richtung Hamiltons Mercedes verabschieden. Erst nachdem er eine 15-Sekunden-Strafe und zwei Strafpunkte erhalten hatte, räumte er seine Schuld ein – auch in den sozialen Netzwerken.

Denn dort hat er seinen Ruf als Badboy längst weg. „Wirst du auch mal noch was dazu sagen, dass du mit deinem Flügel beinahe Lewis‘ Kopf abgetrennt hättest?“, zeterte aufgebrachter User auf Instagram.

Leclercs Antwort: „Das einzige lose Teil, das ich aus dem Cockpit sehen konnte, war der Rückspiegel. Deshalb habe ich ihn auf den Geraden gehalten, damit er sich nicht löst und jemanden trifft. Alle anderen Teile siehst du als Fahrer nicht. Ich wusste von den Schäden am Frontflügel. Das konnte ich spüren. Ich wusste aber nicht, dass noch immer Teile davon abfielen. Gott sei Dank hat sich niemand verletzt.“

Fakt ist auch: Weil er vom Sohn des FIA-Präsidenten Jean Todt gemanagt wird, meinen kritische Beobachter einen Bonus bei den Rennkommissaren zu erkennen. Fest steht: Auch in Japan wurde zunächst keine Strafe gegen Leclerc ausgesprochen – erst nachdem sich Verstappen nach seinem Ausfall extrem beschwert hatte, leiteten die Stewards eine Untersuchung ein.

Allein: Die Strafe von insgesamt 15 Sekunden wird von Formel-1-Protagonisten immer noch als zu milde eingestuft. Ein hochrangiger Mitarbeiter eines Topteams: „Das hat einen faden Beigeschmack.“

Es gibt aber auch Experten, die Leclercs kompromisslose Art verteidigen. „Auf gut Deutsch musst du in der Formel 1 ein Arschloch sein, um Erfolg zu haben‘, bewertet Ex-Formel-1-Fahrer Gerhard Berger die Situation:

“Senna war kompromisslos, Michael Schumacher war es, Lewis Hamilton und Sebastian Vettel ebenfalls. Deshalb soll man die Kirche lieber im Dorf lassen.“

*Dieser Artikel ist als Erstes in AUTO BILD MOTORSPORT (ABMS) erschienen.

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