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„Auch Alonso wird irgendwann DTM fahren“

DTM Gruppenfoto 2022

Credit: Hoch Zwei / DTM

Am Wochenende absolviert die DTM in Portugal ihren Saisonstart. Wir haben exklusiv mit DTM-Boss Gerhard Berger über seine Wunschfahrer, Porsche und Co. gesprochen.

Herr Berger, am Wochenende startet die DTM in Portimao in die neue Saison. Was können die Fans in diesem Jahr erwarten?
Gerhard Berger (62): Wir haben ein Starterfeld mit 29 Autos. Davon können mindestens 15 Meister werden, wahrscheinlich sogar 20. Da ist Spannung und hartes Racing vorhergesagt. Porsche ist jetzt auch noch mit im Boot,dazu Mercedes, Lamborghini, Audi, BMW und Ferrari. Das sind Marken, die sich alle Fans wünschen. Ich hätte gerne noch Japaner und Amerikaner dabei. Aber das wäre die Kür. Die Pflicht haben wir mehr als erfüllt. Die Fahrer kommen aus 15 Nationen – es treffen sich ddie besten Tourenwagenfahrer auf unserer Plattform. Ich freue mich einfach drauf.

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20 Fahrer können in der DTM Meister werden. Die Zahl entspricht genau dem Starterfeld in der Formel 1…
…das ist ein guter Hinweis. Denn in der Formel 1 vermisst man in der Tat ein wenig die Vielfalt. Mercedes hat jahrelang dominiert, dann machte Red Bull ihnen Konkurrenz, in diesem Jahr fährt Ferrari gegen Red Bull. Man würde sich wünschen, dass da noch drei oder vier weitere Teams um Siege kämpfen könnten. Das ist in der DTM jedenfalls der Fall.

DTM Gerhard Berger mit Sebastien Loeb. Credit: Hoch Zwei / DTM

Was auffällt: Die DTM ist eine Mischung aus aufstrebenden Talenten, die in die Formel 1 kommen wollen, und erfahrenen Tourenwagenpiloten. Dazu kommen Legenden wie der Rallye-Rekordweltmeister Sebastian Loeb. Ist dieser explosive Cocktail Teil des Konzepts?
Grundsätzlich ja. Wobei ich sagen muss: Sebastian Loeb kam auf Initiative von Red Bull. Ich habe diesen Vorschlag natürlich dankbar angenommen.  Er ist Rallye-Rekordweltmeister, gewann das „Race of Champions“ gegen Superstars wie Sebastian Vettel und fühlt sich eigentlich in allem wohl, was vier Räder hat. Er ist einer der größten Rennfahrer aller Zeiten. Es ist toll, ihn beim ersten Rennen dabei zu haben. Aber grundsätzlich ist für uns wichtig, dass wir eine große Prüfung auch für junge Talente darstellen. Ich will den direkten Vergleich zwischen den aufstrebenden jungen Wilden und den alten Hasen des Tourenwagensports. Das hat schon im vergangenen Jahr funktioniert: Da kämpften Liam Lawson aus dem Red Bull-Nachwuchskader oder F1-Pilot Alexander Albon mit ihren Ferraris gegen erfahrene Tourenwagenpiloten wie Kelvin van der Linde oder Maximilian Götz bis zum letzten Rennen um die Meisterschaft. Das fand ich super. 

Da könnte man doch sagen: Die DTM ist das wahre „Race of Champions“!
Das sollen andere beurteilen. Fest steht: Die DTM hat eine große Historie und ist populär. Besonders in Südamerika, Japan und China. Am schwersten tun wir uns noch in den südlichen europäischen Ländern wie Italien oder Portugal. Daran müssen wir noch arbeiten. Grundsätzlich ist es aber so, dass die DTM weltweit schon sehr bekannt ist. Das liegt auch daran, dass 70 Länder unsere Rennen übertragen. 

Fernando Alonso. Credit: LAT/Pirelli

Sie waren letzte Woche beim Formel-1-Rennen in Imola. Haben Sie da auch mit ehemaligen Formel-1-Fahrern gesprochen, es mal in der DTM zu versuchen?
Wie gesagt: Die Mischung ist mir wichtig. Und junge Talente wie Lawson, van der Linde, Auer und Alexander Albon, der jetzt mit Williams wieder zurück in der Formel 1 ist und dort einen extrem guten Job abliefert. Dabei hat sich zum Beispiel Albon  2021 im Vergleich zu anderen Fahrern in der DTM im gleichen Auto schwergetan. Das ist ein Beweis für die Qualität der DTM. Was ich in Imola aber interessant fand: Wie die Superstars sich nach der DTM erkundigt haben. Le-Mans-Rekordsieger Tom Kristensen zum Beispiel fragte sich nach Einsatzmöglichkeiten in der DTM. Oder Jacques Villeneuve, der Formel-1-Weltmeister von 1997: Der würde auch gerne mal in der DTM starten. Ebenso Felipe Massa. Das zeigt, wie groß das Interesse ist. Mein Lieblingskandidat wäre Fernando Alonso. Er müsse vorher noch paar andere Sachen erledigen, sagte er mir, aber er wird irgendwann zu uns kommen. 

Was ist mit Sebastian Vettel oder Nico Hülkenberg?
Hülkenberg ist ganz vorne auf meiner Wunschliste. Er hat ja auch Sebastian Vettel praktisch vom Sofa aus in der Formel 1 optimal ersetzt. Sebastian hätte ich am liebsten als Partner. Er ist ein cleverer Kerl, der glaube ich, in Zukunft andere Aufgaben braucht als Rennen fahren. 

DTM auf der Nordschleife?

Sie träumen von einem Rennen auf der legendären Nordschleife. Da würden die Superstars wahrscheinlich sogar Geld bezahlen, um da dabei sein zu können.
…das wäre super, ja. Aber das ist auch ein Kostenthema. Dadurch, dass die Strecke über 22 Kilometer lang ist, braucht man einen großen Aufwand an Sicherheitskräften und – was die TV-Präsenz betrifft – extrem viele Kameras. Aber ja, es wäre ein Traum und ich arbeite daran.

David Schumacher. Credit: Hoch Zwei / DTM

In dieser Saison fährt David Schumacher in der DTM, der Sohn von Ralf, der Neffe von Michael. Wie wichtig ist er für Sie?
Muss man immer große Namen in den Vordergrund stellen? Ich will lieber sehr guten Motorsport vermarkten. Aber als junges Formel-Talent ist er wichtig. Weil er Ecken und Kanten hat und die DTM als Prüfstand nutzen will, um seinen Weg in die Formel 1 zu finden. Klar, mir ist schon bewusst, dass der Name Schumacher in Deutschland etwas Besonderes ist. Ich persönlich will natürlich jeden unterstützen, der aus der Schumacher-Familie kommt. Egal, ob das David oder Mick ist. Auch weil die Familie so sehr mit Michaels Schicksal belastet ist. Trotzdem: Wenn es um Rennsport geht, blende ich den Legendennamen aus. Da geht es nur um Leistung und um nichts anderes.

Warum kann jemand in der DTM Erfolg hat, theoretisch auch in der Formel 1 um Siege fahren?
Weil die echten Topleute alles am Limit fahren können, was vier Räder hat. Wichtig ist, dass der Fahrer immer großen Konkurrenzdruck hat. Da ist die DTM prädestiniert für.

Sie sind in Ihrer aktiven Karriere Formel-1-Rennen und Tourenwagenrennen gleichzeitig gefahren. Wie haben Sie das hinbekommen?
Das war in meiner Zeit normal. Viele sind damals Tourenwagenrennen oder Sportwagenrennen gefahren. Ich bin sogar mal in Adelaide an einem Wochenende beides gefahren. Ich stieg vom Formel-1-Auto in den Tourenwagen und umgekehrt. Das war ganz normal und hat Spaß gemacht. Deswegen schätze ich Sebastian Vettel so. Der denkt genauso wie ich, obwohl er aus einer viel jüngeren Generation kommt. Er ist extrem bewandert in der Motorsportgeschichte. Er schaut über den normalen Tellerrand hinaus.

Vettel setzt sich extrem für Nachhaltigkeit im Motorsport ein. Das passt zur DTM, die ja mit der Entwicklung eines Elektrorennwagen schon weit fortgeschritten ist…
…da unterscheide ich mich noch ein wenig von Sebastian. Er denkt da extrem. Ich versuche das Thema etwas mehr abzuwägen, was den Motorsport betrifft. Für den Stadtverkehr ist ein reines Elektroauto sicher die Zukunft. Aber sonst? Da könnte die Lösung sein, ein Hybridauto mit synthetischem Sprit zur Perfektion zu bringen. Der Trend von Politik und Herstellern ist aber klar abzusehen. Das sind elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Deshalb haben wir unser Zukunftsprojekt gestartet. Die Kosten eines solchen Prototyps sind natürlich nicht zu unterschätzen, aber wir sind schon relativ weit. In den nächsten zwölf Monaten sollten wir in der Lage sein, ihn auf die Strecke zu bringen. Er wird sich von einem Formel-E-Auto unterscheiden, weil er viel schneller sein wird und viel mehr Leistung haben wird: bis 1000 PS in der Spitze. Denn eins ist klar: Wir müssen den Fans klarmachen, dass Rennfahrer immer noch Bestien bändigen müssen. Also etwas machen, zu dem der normale Autofahrer nicht fähig ist. Dazu wollen wir Autos bauen, in denen sich die Automobilhersteller wiederfinden können. Aber am Ende soll der Fan entscheiden, was er wirklich will.

Von: Bianca Garloff, Ralf Bach

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