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Ferrari geht in Berufung

2019 Canadian Grand Prix, Sunday

Diskussionen in Kanada: Sebastian Vettel verliert den Sieg durch fragwürdige Steward-Entscheidung. So reagiert das Fahrerlager – alle Stimmen hier:

Ferrari wehrt sich gegen die Strafe von Montreal! Nach dem „geklauten“ Vettel-Sieg kündigt die Scuderia einen Protest gegen die rennentscheidende Fünf-Sekunden-Strafe für Sebastian Vettel an.

Ferrari-Pressesprecherin Silvia Hoffer bestätigt auf die Nachfrage in der Presse-Whatsapp-Gruppe, ob Ferrari  Berufung hätte einlegen können: „Hätten wir und haben wir getan.“Später sagt auch Teamchef Mattia Binotto: „Ich glaube nicht, dass Seb etwas hätte anders machen können, deshalb gehen wir gegen die Entscheidung der Stewards in Berufung.“

Die Scuderia hat nach einer ersten Mitteilung an die FIA nun 96 Stunden Zeit, die Berufung zu formalisieren und neue Beweismittel beizubringen.Allein: Laut der FIA kann die Entscheidung eigentlich gar nicht angefochten werden, weil im Rennen verhängte Zeitstrafen – ähnlich wie etwa Tatsachenentscheidungen im Fußball – nicht verhandelbar sind. Deshalb will die Behörde am Montag auch das endgültige Rennergebnis bestätigen.

Der Fall könnte aber trotzdem noch ein längeres Nachspiel haben. Letzte Instanz dabei: Der internationale Berufungsausschuss des Automobilweltverbands, der dann über Ferraris Intention, in Berufung zu gehen, entscheiden muss – und darüber, ob es dafür Gründe und neue Beweise gibt.

Nach Rennende hatten sich bereits die Verantwortlichen der Roten und viele Fahrerlager-Größen davon überzeugt gezeigt, dass die ausgesprochene Entscheidung gegen Vettel zu hart war. AUTO BILD MOTORSPORT hat die wichtigsten Reaktionen aus dem Paddock zusammengefasst:

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto: „Wir schauen lieber nach vorne. Es war ein gutes Wochenende. Wir sind der moralische Sieger. Zumindest sehen wir das so. Wir sind konkurrenzfähig. Das gibt uns nur noch mehr Kraft, wir werden jetzt noch härter arbeiten. Wir müssen positiv bleiben. Das werden wir, auch wenn die Entscheidung vielleicht nicht die richtige ist.“Zu Vettels Verhalten danach: „Noch mehr Strafen wären unfair, man muss ihn ja auch verstehen in dieser Situation.“

Sebastian Vettel: „So macht man unseren Sport kaputt. Die Leute wollen doch sehen, dass wir Rennen fahren. Und ich halte das für Racing. Hoffentlich kommen die Zuschauer noch mal wieder, denn nur darum geht es doch.“

„In gewisser Weise fühle ich mich als Sieger. Ich bin ja als Erster über die Linie gefahren und das aus gutem Grund. Das war ein kleiner Fehler. Ich hatte das ganze Rennen mit der Hinterachse zu kämpfen. Ich war dann froh, das Auto überhaupt auf der Strecke zu halten und habe Lewis nicht mit Absicht in die Mauer gedrückt. Ich weiß nicht, wofür ich bestraft worden bin. Ich habe niemandem geschadet. Ich verstehe das nicht.“

Zu Hamiltons Funkspruch, er habe ihn von der Strecke gedrängt: „Es ist seine Schuld, wenn er sich dazu entschließt, da entlang zu fahren. Wäre er innen rein, hätte er mich überholt.“

Lewis Hamilton: „Ein komisches Gefühl. So willst Du ja nicht Rennen gewinnen, sondern durch Überholen. Ich war zu dem Zeitpunkt deutlich schneller, habe Druck gemacht. Dann hat Seb einen Fehler gemacht, kommt zurück und ich musste die Kollision vermeiden. Die Regel ist: wenn Du von der Strecke weg bist, musst du sicher zurückkommen. Aus dem Auto gesehen hat er mir die Tür zugemacht und mich an die Wand gedrückt.“

Die Sportkommissare: „Auto #5 hat die Strecke in Kurve 3 verlassen und ist in Kurve 4 unsicher auf die Strecke zurückgekehrt. Dabei hat es Auto #44 von der Strecke gezwungen. Auto #44 musste ausweichende Maßnahmen einleiten, um eine Kollision zu vermeiden.“

Nigel Mansell: „Das ist lächerlich. Seb hat es stark hingekriegt, nicht in die Mauer zu fahren. Auf dem Gras ist einfach KEIN GRIP. Und auf der Strecke kein Platz. Was soll er machen? In dem Moment war er Passagier. Sehr peinlich. Ich verspüre keinen Spaß, dieses Rennen zu schauen. Zwei Champions sind brilliant gefahren. Das Resultat ist falsch.“

Mercedes-Teamchef Toto Wolff: „Wenn man zurück auf die Strecke kommt, muss man eine Wagenbreite Platz lassen. Dass diese Strafe polarisiert, verstehe ich auch. Wir brauchen darüber nicht diskutieren. Ich persönlich sehe die Sache als 60:40 pro Strafe an, verstehe aber auch vollkommen, wenn andere Leute es anders auslegen.“

Alexander Wurz (Vorsitzender der Fahrergewerkschaft): „Dass Vettel so weit auf die Stecke zurückgeschlittert ist, ist ein Gesetz der Physik. Kein Platz für Lewis ist „the name of the game“ von Straßenrennen. Was ist mit #LetThemRace passiert? War es haarig? Ja. Eine Strafe? Nicht für mich!“

Helmut Marko zu ABMS: „Wo hätte Seb denn hinfahren sollen? Er hat nichts falsch gemacht. Lewis kann froh sein, dass er ihm nicht ins Auto gerutscht ist.“

Damon Hill: „Ja, er hätte mehr Platz lassen können. So aber haben wir ein tolles Finale verpasst, weil es die Strafe gab. Es bestanden genug Zweifel, als dass man sie hätte weitermachen lassen können. Denkt an Dijon.“ (Hill verweist auf das legendäre Duell zwischen Gilles Villeneuve und Rene Arnoux, die sich gleich mehrfach berührt hatten; d. Red.)“Meine Frau sagt, das war f… Racing! Ich habe sie zur Rede gestellt, dass sie solche Schimpfwörter in unserem Haus nicht nutzen soll.“

Mario Andretti: „Nicht akzeptabel! Die Stewards sollten zweifelsfrei gefährliche Manöver bestrafen, aber keine einfachen Fehler, die aus hartem Racing heraus entstehen.“

Martin Brundle: „Es fühlt sich an wie ein Tritt in den Magen. Es ist ja okay, dass sich die FIA die Szene genauer anschaut – aber die falsche Entscheidung ist es am Ende trotzdem. Jetzt gehen natürlich die Diskussionen los, denn mit Meinungen ist es wie mit Nasen, jeder hat eine.“

Jenson Button: „Ich denke wir sitzen bei dieser Sache alle im selben Boot. Wir wollen Racing sehen und es gab an der Aktion nichts gefährliches. Also ist das Regelwerk das Problem und das muss man sich dann entsprechend mal anschauen.“


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