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Ferrari: Ziemlich beste Freunde

Vettel und Räikkönen. Copyright: Ferrari

Vettel und Räikkönen. Copyright: Ferrari

Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen sind nicht nur neue Teamkollegen bei Ferrari. Sie verstehen sich auch noch blendend. Ob das so bleibt? Die Story aus dem SPORT BILD Sonderheft Formel 1 2015.

Es war 2007, als Sebastian Vettel gerade seine Zweizimmerwohnung am Zugersee (Schweiz) bezogen hatte. Er war 19 Jahre alt und Testfahrer beim Formel-1-Team von BMW-Sauber. An einen Satz, den ihm seine Eltern mit auf den Weg gegeben hatten, hielt er sich immer: „Wer im Leben und speziell in der Formel 1 Erfolg haben will, muss und darf nur an sich selbst denken.“

Dann traf Vettel erstmals Kimi Räikkönen, der in seiner Nähe wohnte. Der Finne war bereits ein Star in der Formel 1 und 2003 und 2005 Vizeweltmeister geworden. Räikkönen fuhr inzwischen für Ferrari. Doch er war anders als die anderen Piloten, die Vettel kennengelernt hatte. Räikkönen war freundlich, hilfsbereit, offen und entsprach so gar nicht Vettels Erwartungen. Einmal nahm ­Räikkönen den Nobody aus Heppenheim sogar in seinem Privatjet mit nach Zürich. Es war der Beginn einer Freundschaft.

„Wir machen denselben Job, und wir genießen es beide, Formel 1 zu fahren“, erklärt Vettel nun. „Wir haben also gewissermaßen gleiche Interessen. Und deshalb haben wir vor ein paar Jahren angefangen, uns auch abseits der Rennstrecke zu treffen.“ Meist zum Badminton.

Dort erhielt Vettel schnell seine zweite Lektion fürs Formel-­1-Leben. Auf dem Federballfeld lernte er zu verlieren. Einmal, zweimal, dreimal, immer. „Er gewinnt auch heute noch nicht“, verrät Räikkönen, mittlerweile 35 Jahre alt. Er lächelt, wenn er über die Duelle parliert. Was ein deutlicher Beweis für seine Sympathie ist. Denn üblicherweise führt er Interviews nur missmutig, mit dem entsprechenden ausdrucksleeren Gesicht. Geht es aber um Vettel, erzählt er frei von der Leber weg. Dass Vettel in seinem Ehrgeiz zwischendurch heimlich Badminton trainierte. Vergeblich, wie er mittlerweile weiß.

Seit August 2007 fuhren sie gegeneinander. Erst fuhr Räikkönen Vettel weg und wurde Ende 2007 Weltmeister. Dann startete Vettel durch zu seiner Weltkar­riere, Räikkönen verdingte sich 2010 und 2011 sogar in der Rallye-­WM. Nun sind die beiden Teamkollegen. Und damit auch die ersten Gegner. Es kann nur eine Nummer 1 bei Ferrari geben.

Allen stellt sich deshalb die große Frage: Kann das gut gehen? Und hält die Freundschaft? Für Räikkönen ist das kein Problem, sagt er: „Natürlich versuchen wir, uns gegenseitig zu besiegen. Aber man kann dabei auch Spaß haben und Probleme auf eine positive Art und Weise lösen. Seb ist in den vergangenen Jahren zwar reifer geworden, er ist aber immer noch ein ganz normaler, lustiger und netter Typ.“

Vettel geht eher auf Abstand: „Auf der Rennstrecke macht jeder sein eigenes Ding. Da Freundschaft und Konkurrenz zu mixen geht einfach nicht. Aber als Typ ist Kimi ehrlich und geradeheraus, ein netter Kerl ist er auch noch.“

Die Chancen auf einen starken Bund ihrer Freundschaft stehen gut: Beide sind im vergangenen Jahr erstmals Vater geworden. Beide lieben Hunde. Vettel besitzt einen Labrador, Räikkönen hatte lange Zeit einen Schäferhund. Der Tod von Ajax traf ihn schwer.

Dazu kommt Vettels Vorliebe für Finnen. Egal, wer gerade sein persönlicher Trainer ist – er ist Finne. Vettel arbeitet ausschließlich mit dem ehemaligen Olympia-­Arzt der Finnen, Aki Hintsa, zusammen. „Die meisten Leute reden viel und handeln nicht“, sagt er über seine Affinität für die stillen Menschen aus dem hohen Norden. „Bei den Finnen scheint das umgekehrt zu sein. Die handeln erst und reden dann.“

Doch gerade seine Sympathie für Räikkönen könnte für Vettel zum Problem werden. Gegen Mark Webber, seinen früheren Teamkollegen bei Red Bull „war er auch deshalb so stark, weil Webber ein Feindbild für ihn darstellte“, erzählt Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko. In der Zeit gewann Vettel seine vier WM-Titel. „Mit Daniel Ricciardo vergangenes Jahr hatte er da schon eher Probleme.“ Der Strahlemann aus Australien bot kein Hass-Poten­zial, in das Vettel sich hineinsteigern konnte. Er verlor das Duell deutlich, verließ den Rennstall.

Auch Räikkönen bietet keine Angriffsfläche. Aber alles andere als eine klare Demontage wäre für Vettel die erste Nieder­lage bei Ferrari. Zumal Räikkönen den Zenit seiner Karriere längst überschritten hat. Ex-Formel-1-Pilot David Coulthard warnt denn auch: „Vettel sollte der Schnellere sein. Wenn nicht, war es das – ehrlich gesagt – mit seiner Karriere.“

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