getyourguide

Strafe für Gasly: „… und ich wäre tot“

Formel 1 Gasly Traktor Japan 2022

Pierre Gasly. Credit: F1 TV

Schlimme Erinnerungen wurden am Sonntag im Regen von Suzuka wach: Plötzlich stand ein Traktor auf der Strecke. Gasly ist sauer – bekommt aber Gegenwind.

+++ UPDATE: Pierre Gasly ist mittlerweile mit 20 Sekunden und zwei Strafpunkten bestraft worden. Allerdings nicht, weil er auf Höhe des Unfalls zu schnell fuhr, sondern danach unter Rot.

Zitat aus dem FIA-Dokument: „Nachdem er die Unfallstelle passiert hatte, fuhr Wagen 10 unter roter Flagge weiter, und zwar mit Geschwindigkeiten, die mehrfach über 200 km/h lagen und an einer Stelle 251 km/h erreichten. Der Fahrer räumte ein, dass er inzwischen verstanden habe, dass sich Streckenposten oder Hindernisse auf der Strecke befunden haben könnten, und gab zu, dass er zu schnell gefahren sei. Bei der Strafmilderung berücksichtigen wir jedoch, dass die Geschwindigkeit zwar keineswegs als „langsam“ im Sinne des Reglements angesehen werden kann, aber langsamer war als die Höchstgeschwindigkeit, die unter diesen Bedingungen erreicht werden kann. Wir berücksichtigen auch den Schock, den der Fahrer erlitt, als er in der Kurve des Zwischenfalls einen Lastwagen auf der Rennstrecke sah.“

Pierre Gasly. Credit: Sky

Der Franzose selbst ist weiterhin geschockt. „Wir haben vor acht Jahren einen großartigen Fahrer und Menschen verloren, auf der gleichen Strecke, bei den gleichen Bedingungen und mit einem Bergungskran“, betont er. „Wie kann es sein, dass wir heute wieder einen Kran da stehen sehen, nicht mal im Kiesbett sondern auf der Rennstrecke während wir noch auf der Strecke sind? Ich verstehe das nicht. Natürlich habe ich Angst bekommen. Wenn ich das Auto so verloren hätte wie Carlos in der Runde davor, völlig egal ob bei 200 oder 100, dann wäre ich gestorben, so einfach.“

Der Franzose fordert, dass so etwas nicht mehr passieren darf. „Es geht nicht in meinen Kopf, weil es despektierlich gegenüber Jules und seiner Familie ist. Und auch uns allen gegenüber, die da draußen unser Leben riskieren. Wir haben den besten Job der Welt, aber wir verlangen nach Sicherheit, denn es ist schon gefährlich genug. Es war so unnötig. Wir hätten eine Minute länger mit dem Traktor warten können, bis wir alle wieder in der Box sind. Ich bin einfach extrem dankbar, dass ich noch hier bin und werde heute Abend meine ganze Familie und meine Liebsten anrufen. Zwei Meter weiter links und ich wäre jetzt tot.“

Kein Respekt für Bianchi: Gasly tobt wegen Traktor auf der Strecke

Eigentlich hätte es so eine Situation nie wieder geben sollen…

Als der Große Preis von Japan nach einem Unfall von Carlos Sainz abgebrochen wird, rast Pierre Gasly auf regennasser Fahrbahn an einem Traktor vorbei. Sofort kommen im Franzosen böse Erinnerungen hoch: „Was zum Teufel? Was macht der Traktor auf der Strecke? Das ist nicht akzeptabel!“

MEHR LESEN: SO SEHEN SIE DIE FORMEL 1 IM TV

Grund für die Aufregung im Cockpit des AlphaTauri: 2014 verunglückte der Franzose Jules Bianchi in Suzuka, als er bei Regen unter einen Traktor raste, der den Sauber von Adrian Sutil bergen sollte. Nach einer umfangreichen Untersuchung des Unfalls machte der Automobilweltverband FIA klar: Traktoren auf der Rennstrecke sind ab sofort tabu. Bianchi verstarb ein Jahr später aufgrund seiner schweren Kopfverletzungen.

Pierre Gasly. Credit: Red Bull Content Pool

Haben die Verantwortlichen das alles mittlerweile vergessen? Fakt ist: Bereits in Singapur war ein Bergungsfahrzeug während einer Safetycar-Phase auf der Strecke zu sehen. „Seb hat das deshalb im Fahrerbriefing hier angesprochen“, verrät Williams-Pilot Alexander Albon. „Wir sind da in einer Lage, die wirklich sehr, sehr gefährlich ist. Die Leute nehmen das vielleicht nicht so wahr, aber wir werden darüber sprechen, warum das Bergungsfahrzeug auf der Strecke war.“

McLaren-Star Lando Norris twittert: “Wtf? Wie konnte das passieren? Wir haben in so einer Situation vor Jahren ein Leben verloren. Wir riskieren unser Leben, besonders unter Bedingungen wie diesen.“

Bei Sky hält Ralf Schumacher dagegen: „Bei Rot muss Gasly an der Stelle einfach langsamer fahren.“

Auch die FIA verteidigt sich: „Im Zusammenhang mit der Behebung des Vorfalls in Runde 3 war das Safety Car eingesetzt und das Rennen neutralisiert worden. Auto 10 (Gasly; d. Red.), das Schaden genommen hatte und hinter dem Safety Car an die Box kam, fuhr dann mit hoher Geschwindigkeit, um zum Feld aufzuschließen. Als sich die Bedingungen verschlechterten, wurde die rote Flagge gezeigt, bevor Auto 10 den Ort des Vorfalls passierte, an dem es in der vorherigen Runde beschädigt worden war.“

Die Fakten geben der FIA nicht ganz Recht. Grund: Die rote Flagge wurde erst zwei Sekunden (!), bevor der AlphaTauri am Traktor vorbeifuhr, gezeigt. Wäre Gasly in dem Moment auf die Bremse gestiegen, hätte tatsächlich ein Unglück passieren können.

Max Verstappen. Credit: F1 TV

Außerdem beweisen Fotos: Das gesamte Feld wurde zuvor schon vom Safetycar am Bergungsfahrzeug vorbeigeführt. Alfa Romeo-Teammanager Beat Zehnder: „Es kann auch ein Defekt am Auto auftreten, der den Rennwagen unkontrollierbar macht. Deshalb darf da kein Traktor stehen.“ Nicht zu vergessen: Auch hinterm Safetycar kann ein Pilot bei Aquaplaning die Kontrolle über sein Auto verlieren. Red Bull-Teamchef Christian Horner ergänzt deshalb: „Es muss jetzt umfassend untersucht werden, warum dort ein Traktor stand. Das hätte es nie wieder geben sollen.“

Trotzdem fragt Ex-Pilot Johnny Herbert: „Warum ist er (Gasly; d. Red.) an der Stelle im fünften Gang? Das ist für mich inakzeptabel. Er wusste, dass jemand dort abgeflogen ist und dass sie aufräumen, also wusste er, dass da Leute aufräumen. Warum ist er dann so schnell?“

Die Antwort kommt von Carlos Sainz: „Die Leute verstehen nicht, dass wir selbst hinter dem Safetycar 100 bis 150 km/h fahren und bei diesem Speed siehst du immer noch nichts. Wenn ein Fahrer einen kleinen Moment hat, bisschen Aquaplaning hat oder auch nur kurz auf die Schalter am Lenkrad schaut, kommt er von der Linie ab und trifft einen Traktor, dann ist es vorbei. Ich verstehe immer noch nicht, wie wir es bei diesen Bedingungen riskieren können, einen Traktor auf der Strecke zu haben. Außerdem ist es in dem Fall sinnlos, weil wir danach sowieso rote Flagge hatten, also warum riskiert man das?“

Mittlerweile ist bekannt: Gasly soll rund 250 km/h schnell gewesen sein. Der Franzose wurde deshalb  zu den Stewards bestellt.

Credit: philippe_bianchi17/Instagram

Doch um die Schuldfrage oder die Geschwindigkeit geht es nicht. Dass so eine Diskussion überhaupt geführt werden muss, zeigt: Die Formel 1 hat aus dem tödlichen Unfall von Jules Bianchi NICHTS gelernt. Eine traurige Erkenntnis, die Philippe Bianchi teilt. Jules‘ Vater postete erbost auf Instagram: „Kein Respekt für das Leben der Fahrer, kein Respekt für die Erinnerung an Jules. Unglaublich.“

Co-Autor: Frederik Hackbarth

FOLGT UNS AUF YOUTUBE!
Das ist F1-Insider.com

Fahrer-Wertung
Stand nach 17 von 22 Rennen

1. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull 341 Pkt.
2. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari 237
3. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull 235
4. George Russell (Großbritannien) – Mercedes 203
5. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari 202
6. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes 170
7. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren 100
8. Esteban Ocon (Frankreich) – Alpine 66
9. Fernando Alonso (Spanien) – Alpine 59
10. Valtteri Bottas (Finnland) – Alfa Romeo 46
11. Daniel Ricciardo (Australien) – McLaren 29
12. Sebastian Vettel (Heppenheim) – Aston Martin 24
13. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpha Tauri 23
14. Kevin Magnussen (Dänemark) – Haas 22
15. Lance Stroll (Kanada) – Aston Martin 13
16. Mick Schumacher (Gland/Schweiz) – Haas 12
17. Yuki Tsunoda (Japan) – Alpha Tauri 11
18. Zhou Guanyu (China) – Alfa Romeo 6
19. Alexander Albon (Thailand) – Williams 4
20. Nyck de Vries (Niederlande) – Mercedes-Benz 2

Konstrukteurs-Wertung
Stand nach 17 von 22 Rennen

1. Red Bull 576 Pkt.
2. Ferrari 439
3. Mercedes 373
4. McLaren 129
5. Alpine 125
6. Alfa Romeo 52
7. Aston Martin 37
8. Haas 34
9. Alpha Tauri 34
10. Williams 6

F1-Insider folgen

Verwandte Artikel

Die mobile Version verlassen