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Corona-Krise: Ecclestone lobt deutsche Politiker

Bernie Ecclestone in seinem Büro in London 2019

Bernie Ecclestone in seinem Büro in London 2019. Credit: F1-Insider.com

Teil 5 unserer neuen Formel-1-Serie zur Corona-Krise: Grüße aus Quarantäna. Diesmal: Ex-Formel-1-Boss Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone (89) hat mehr Zeit zum Nachdenken als sonst. Er lebt im Moment auf seiner großen Farm vor den Toren Sao Paulos. Die ehemalige Kaffeeplantage, deren Fläche gerade so in den Bodensee passen würde, ist vom Staat total abgeriegelt worden. Keiner kommt rein, keiner raus. Es sei denn zum Einkaufen. Im Notfall mit dem Helikopter.

„Ich habe – wenn überhaupt – ein Luxusproblem“, ist sich der ehemalige Formel-1-Boss bewusst. „Ich muss keine Angst vor dem Virus haben. Ich habe allerdings nicht das Gefühl, dass Einigkeit bei der hiesigen Regierung herrscht, wie man in diesem riesigen Land mit den immer noch vielen Armenvierteln den Ausbruch des Virus in den Griff bekommen kann. Das gilt aber für viele Politiker.“

GRÜSSE AUS QUARANTÄNA: HELMUT MARKO IN ÖSTERREICH

Der Brite schaut viel Fernsehen im Moment, Nachrichtensender aus der ganzen Welt flimmern über seine Bildschirme. „Was mir auffällt“, stellt Ecclestone fest: „Wie uneins viele Politiker in der Krise sind. Beispiel USA: Trump sagt etwas, was nur wenig später von einem Verantwortungsträger in New York wieder revidiert wird. Das schafft Misstrauen in der Bevölkerung und Verunsicherung. Was mich dagegen erstaunt: Wie in Deutschland Politiker der verschiedensten Parteien gerade ihre Gesinnung vergessen und mit einer Sprache sprechen. So sollte das sein.“

„Denn“, so philosophiert er, „sind nicht wahre Helden die, die selbst Angst haben, aber anderen die Angst nehmen? Genau solche Leute braucht man in schweren Zeiten. Da seid ihr in Deutschland gerade selten gut aufgestellt.“

GRÜSSE AUS QUARANTÄNA: MARC SURER AUS SPANIEN

Ecclestone redet langsam und bedächtig am Telefon. Er hat die Langsamkeit als Tugend entdeckt, als einen Luxus, den er zeitlebens nicht hatte. Überraschungen und plötzlich eintretende Ereignisse waren immer schon sein Feind. Von denen bleibt er in seiner brasilianischen Quarantäne weitgehend verschont. Weitestgehend. Nur als sich seine Ehefrau Fabiana unbemerkt von hinten anschleicht und ihm plötzlich aber durchaus zärtlich auf die Schultern fasst, zuckt einer der größten Sportvermarkter, den die Welt je gesehen hat, kurz zusammen.

„Du sollst mich nicht erschrecken“, hört man ihn der dunkelhaarigen Brasilianerin zuraunen, „denk doch an mein altes Herz!“

GRÜSSE AUS QUARANTÄNA: GÜNTHER STEINER AUS DEN USA

Die Wahrheit ist: Der kleine Brite, der seit einem Jahr einen modischen Bart trägt, der ihn so vital aussehen lässt, als wäre er in einen Jungbrunnen gefallen, hat immer noch keine Angst. Weder vor dem Tod, noch vor dem Leben. Eigentlich fühlt er sich unverwundbar, seit direkt neben ihm im zweiten Weltkrieg auf einem englischen Acker eine deutsche Fliegerbomber explodierte und er, noch ein Kind, das gerade beim Kartoffeln ernten war, noch nicht mal einen Kratzer ab bekam.

Wenn er was gelernt hätte im Leben, dann das: „Man muss sich so schnell wie möglich mit den Begebenheiten abfinden, die man nicht beeinflussen kann, und dann versuchen das Beste draus zu machen.“

Nichts fehle ihm, stellt er selbst ein wenig verwundert fest, rein gar nichts. Nicht seine Macht, nicht sein Ruhm. Der kleine Mann mit der großen Ausstrahlung, für den Jagger „mein Kumpel Mick ist“, Sir McCartney „mein Freund Paul aus Liverpool“, den immer noch Weltstars und Politiker umgarnen, wird im Moment von kaum jemandem gestört. Seine Gedanken, die immer noch messerscharf sind, werden schon seit Wochen von niemanden unterbrochen und auf einen kleinen Moment reduziert.

GRÜSSE AUS QUARANTÄNA: FRANZ TOST AUS ITALIEN

Er hätte sich erst daran gewöhnen müssen, sich über einen so langen Zeitraum mit sich selbst beschäftigen zu müssen. „Aber“, sinniert er, „das ist kein Problem. Es gibt auf der Farm immer etwas zu tun. Und ich habe noch nie so viel über Verhaltensweisen von Hühnern gelernt.“

Was ihm besondere Freude macht: „Wenn mich früher Freunde auf der Farm besucht haben, schickte ich sie morgens immer zum Eiersammeln, um unser Frühstück zu besorgen. Jetzt mache ich das selbst.“

WEITER GEHT’S MORGEN! TEIL 2 UNSERER QUARANTÄNA-FOLGE MIT BERNIE ECCLESTONE FOLGT AM SONNTAG AUF DIESER WEBSEITE.

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