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Helmut Marko glaubt, er hatte Corona schon

Red-Bull-Motorsport-Chefberater Helmut Marko

Red-Bull-Motorsport-Chefberater Helmut Marko

Teil drei unserer Formel-1-Serie: Grüße aus Quarantäna. Diesmal: Red Bull-Motorsportberater Helmut Marko.

Jeden Tag seit jetzt vier Wochen packt Helmut Marko (76) seine Motorsäge ein und fährt um die Mittagszeit in seinen Wald vor den Toren seiner Heimatstadt Graz. Dort kraxelt er dann die Hügel hinauf und schneidet nicht nur Holz, er zertrümmert es regelrecht. Weil er sich immer wieder selbst bei der Vorstellung erwischt, das Corona-Virus würde im Holz leben und nur so könnte man es zerstören.

Er lässt die Säge dann noch tiefer in die vor ihm liegenden Baumstämme gleiten. Die Späne fliegen links und rechts an ihm vorbei, je schneller, desto zufriedener ist er. Nach einer kurzen Pause setzt er erneut an. Immer wieder. Bis seine Arme müde werden und ihm sein Verstand sagt: „Genug für heute.“

Die Flucht zu seinen Bäumen hat für den Red-Bull-Chefberater zwei gute Gründe: Sie ist für ihn Training und Therapie zugleich. Marko: „Ich erledige meine Büroarbeit von Sieben bis Zwölf, dann gehe ich den Wald. Es geht oft steil hinauf, teilweise auf schlammigem oder steinigem Boden, das verlangt dem Körper einiges ab. Die Motorsäge wiegt ja auch noch was. Mit dem Ergebnis, dass ich im Moment fitter bin denn je. Außerdem bekomme ich im Wald den Kopf frei. Das braucht man auch bei dem Wahnsinn, der einen im Moment umgibt.“ 

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Denn: Österreich sei ein Geisterland geworden, Graz eine Geisterstadt. Überall gäbe es Panikeinkäufe von verunsicherten, teilweise aggressiven Leuten. „Das alles ist surreal“, fasst der studierte Jurist das aktuelle Leben in seinem Land kurz zusammen. Der ehemalige Formel-1-Pilot und Gewinner der legendären 24 Stunden von Le Mans glaubt, dass die Menschen von den strikten Maßnahmen mehr befremdet sind als vor den möglichen Folgen des Virus.

Marko: „Es gibt extreme Einschränkungen. Das gesamte öffentliche Leben in Graz liegt brach. Ich beispielsweise musste vier Hotels mit dazugehörigen Cafés schließen. Die Hotels lasse ich jetzt schon so herrichten, dass man sie als Ersatzkliniken benutzen kann. Das hilft aber nicht gegen die pure Existenzangst, die fast alle haben. Es herrscht eine Stimmung wie im Krieg.“ 

Deswegen zweifelt Marko auch, ob seine Regierung das richtige Augenmaß gefunden hat, um mit der Bedrohung optimal umzugehen. Panik machen helfe sicher nicht. Der Ehrenbürger der Stadt Graz jedenfalls hat keine Angst. Er glaubt sogar, selbst den Virus schon erwischt zu haben. Marko: „Ich hatte Mitte Februar eine starke Erkältung mit starkem Husten. Zehn Tage dauerte der Zustand an, für mich ungewohnt lange. Ich bin mir heute fast sicher, dass die Ursache das Virus war. Denn ich überstand während des Rückflugs aus Australien ungeschoren den Zwischenstopp auf dem Flughafen von Dubai. Dort drängelten sich Zehntausende von Menschen aller Nationen auf engstem Raum. Man wurde angehustet, angerempelt, aus Versehen angefasst. Für mich war das der ultimative Corona-Hotspot, an dem man sich hätte anstecken müssen. Es sei denn, man war schon resistent dagegen. Falls es so war, würde es zeigen, dass auch ältere Menschen durchaus diese Krankheit überstehen können. Deshalb wäre es wichtig, weniger Panik zu haben und viel rationaler mit der Pandemie umzugehen.“

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Das bezieht Marko auch auf seine Piloten. „Selbst Max Verstappen hat irre Angst, angesteckt zu werden. Obwohl er im Gegensatz zu mir wirklich nicht zur Risikogruppe gehört. Das sagte ich ihm auch. Und: Man müsste es an seiner Stelle pragmatisch sehen. Er sollte jetzt das Virus bekommen, um später resistent zu sein, wenn es wieder los geht.“

Allein: Red Bull machte sich schon früh Gedanken, wie man die Fahrer beruhigt, wie man ihnen bei ihrer Verunsicherung hilft. Marko: „Die Idee war eine Art Trainingslager mit allen Piloten in unserem Kader zu machen, in einer wunderschönen Gegend. Auch als Motivationshilfe. Aber das geht ja durch die Verbote leider auch nicht mehr.“

Es sei wichtig schon heute ans Morgen zu denken. Dann, wenn das normale Leben wieder zurückkehren wird. Marko: „Mit Red Bull waren wir deswegen auch in den letzten Wochen gut unterwegs. Restriktionen in England gab es ja erst später. Bis Dienstag war noch voller Betrieb in der Fabrik in Milton Keynes. Alle geplanten Arbeiten konnten vollendet werden. Am 27. können wir beruhigt in die vorgezogene Sommerpause gehen.“

Morgen heißt auch, so Marko: „Im Moment muss man sich leider mit anderen Dingen beschäftigen, das heißt aber nicht, dass wir nicht weiter in der Sache FIA und Ferrari tätig sein werden, wenn die Dinge wieder normal verlaufen. Durch die Corona-Krise wurde das Abkommen, das für uns immer noch Skandalcharakter hat, verdrängt. Wir wollen Ferrari oder der FIA keinesfalls schaden, aber wir verlangen weiterhin eine völlig lückenlose Aufklärung, wie es zu dem merkwürdigen privaten Abkommen kam. Auch ohne Mercedes, die ja merkwürdigerweise von dem Zug abgesprungen sind, deren Lokführer sie am Anfang waren.“ 

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