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„Großartige Chance für Mick“

Formel 1 Ralf Schumacher Mick Schumacher Haas Zandvoort Niederlande GP 2022

Ralf und Mick Schumacher. Credit: Frederik Hackbarth

Interview mit Sky-Experte Ralf Schumacher über seinen Neffen Mick und die Formel 1 im Allgemeinen.

Herr Schumacher, wo haben Sie Weihnachten und Silvester verbracht?
Ralf Schumacher (47): Mit Familie, Hund und Freunden in meinem Domizil in Südafrika.

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In den letzten Wochen des alten Jahres überschlugen sich in der Formel 1 die Ereignisse. Teamchefs wechselten, Ihr Neffe Mick Schumacher wurde Ersatzfahrer von Mercedes. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Für Mick ist das eine großartige Chance. Er kann einem Topteam bei der Arbeit über die Schulter schauen und viel lernen. Und er ist ja nicht nur Entwicklungsfahrer, wo er Mercedes im Simulator bei der Rückkehr an die Spitze sicher weiterhelfen kann; als Ersatzpilot muss er einen Stammfahrer ersetzen, falls der mal ausfällt. Diese Situation hatten wir in den letzten drei Jahren ja häufiger. Lewis Hamilton ist zwar immer noch ein absoluter Top-Pilot, aber er ist nicht mehr der Jüngste. Da nagt der Zahn der Zeit. Man weiß also nie. Ich finde, für das Team und Mick ist es eine Win-Win-Situation.

Ralf Schumacher

Das heißt: Es konnte ihm eigentlich nichts Besseres passieren?
Ein weitere Saison mit festem Cockpit wäre natürlich grundsätzlich besser gewesen, weil Fahren immer noch das Beste ist für die Weiterentwicklung. Andererseits: Bei Haas fehlte ihm die notwendige Unterstützung, da wäre es sehr schwer für ihn geworden. Wenn ein Teamchef nicht an einen Fahrer glaubt, sollte man sich trennen. Rein sportlich zeigte bei Mick die Kurve klar nach oben. Deshalb muss man die Entscheidung von Haas nicht unbedingt verstehen. Wie auch immer: Unter diesen Umständen war es für Mick die optimale Lösung.

Der Vertrag läuft vorerst nur für ein Jahr. Das heißt, für 2024 sind die Türen offen für ein Renn-Comeback?
Könnte man so sehen. Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat ja schon gesagt, dass Mick mit seinen Fähigkeiten in ein Stammcockpit gehört. Ich denke, 2024 könnte es interessante Möglichkeiten geben. Mercedes hat ja nicht nur ein eigenes Team, sondern auch Partnerteams, wo man Einfluss nehmen kann. 

Audi steigt 2026 in die Formel 1 ein. Credit: Audi AG

Auch Audi steigt in die Formel 1 ein, hat jetzt mit Andreas Seidl beim Partnerteam Sauber als CEO schon seinen Mann platziert. Inwiefern wäre das für Mick zukünftig auch ein erstrebenswertes Ziel?
Audi würde auf jeden Fall Sinn machen. Für Mick und für Audi. Aber auch bei Mercedes könnte was passieren.

Was meinen Sie?
Nehmen wir mal an, George Russell ist wieder schneller als Lewis Hamilton. Will der dann überhaupt noch weitermachen? Das wird spannend werden. Lewis hat aber soviel Kredit bei Mercedes, dass er es selbst entscheidet. Das Geld wird für ihn jedenfalls keine Rolle spielen. Davon hat er mehr als genug. Entscheidend wird sein, wem das neue Auto besser liegt.

Wie schätzen Sie George Russell ein?
Mega. Man darf nicht vergessen, dass er als junger Pilot als Teamkollege zu Lewis kam, der in jeder Beziehung Platzhirsch war. Trotzdem hat er ihn geschlagen. Das nagt an Lewis. Die Leistung von George ist für mich unter diesen Umständen sogar höher zu bewerten als die von Nico Rosberg 2016.

Max Verstappen. Credit: Red Bull Content Pool

Kommen wir zu Max Verstappen. Ist er von einem Teamkollegen mit gleichen Waffen zu schlagen oder ist er unantastbar?
Max und Lewis sind immer noch die komplettesten Fahrer im Feld. Allerdings, wie gesagt: Lewis hatte mit George teamintern schon hart zu kämpfen. Max mit Perez nur kurz zu Beginn der Saison. Fest steht: Max ist nahe an seinem Zenit und kann das aufgrund seines Alters noch lange halten. Lewis muss mehr tun, um am Limit zu sein, mehr dafür kämpfen. Bei Max aber stelle ich mir eine andere Frage: Wie lange hat er noch Lust auf die Formel 1? 

Wie bitte?
Er hat ja schon jetzt ein paar Mal anklingen lassen, dass er keine zehn Jahre mehr fahren will. Ihm traue ich zu, dass er irgendwann sagt: „Tschüss, das war´s. Ich bin dann mal weg!“ Die ständige Reiserei könnte ein Grund sein. Obwohl wir zu meiner Zeit weniger Rennen hatten, war es mir am Ende meiner Karriere auch schon zu viel. Man darf ja eins nicht vergessen: Das ganze Leben richtet sich nach der Formel 1. Das fängt beim Aufstehen an und hört beim Einschlafen auf. Familienleben gibt es da nicht viel. Dazu kommt das extreme Training. Mein Bruder (Michael Schumacher; d. Red.) hat das Fitnesslevel ja noch einmal auf eine neue Stufe gehoben. Partys sind da nicht drin. Deshalb muss Kimi Räikkönen ein Ultramega-Talent gewesen sein, weil er trotz seines manchmal lockeren Lebensstils dennoch den Titel gewann. Allerdings nur einmal. Das reichte ihm aber auch. Wäre Kimi disziplinierter gewesen, hätte er noch viel mehr erreicht.

Fred Vasseur. Credit: Ferrari

Kommen wir zu Ferrari: Ist Frederic Vasseur der richtige Teamchef, um die Scuderia zurück in die Erfolgsspur zu bringen?
Er hat eine Megaaufgabe vor sich. Er muss jetzt bei Ferrari sofort Entscheidungen treffen. Das fängt damit an, sich so schnell wie möglich ein Bild zu machen: Wen behalte ich oder wen tausche ich besser aus? Wen nehme ich von Sauber mit? Ferrari ist politisch ein extremer Apparat. Vasseur aber ist finanziell unabhängig und sehr selbstbewusst. Deshalb ist er die richtige Personalie. Dazu kommt: Er ist ein enger Vertrauter von Charles Leclerc, den er schon seit Kartzeiten kennt. Das hilft.

Kommen wir zum Abschluss zu Sebastian Vettel. Wie sehen Sie seine letzte Saison und können Sie seinen Rücktritt nachvollziehen?
Er ist einer der Fahrer, die brillant sind, wenn das Auto passt. Am Ende hatte er nur noch Spaß. Er hat meiner Meinung nach alles richtig gemacht. Seine privaten und politischen Themen brachten ihn in einen Gewissenskonflikt, das konnte man sehen. Deshalb war es richtig, Adieu zu sagen. Er ist jedenfalls einer der erfolgreichsten Fahrer der Formel-1-Geschichte. Das kann ihm keiner nehmen und darauf sollte er stolz sein.

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Formel 1: Fahrer-Wertung
Endstand nach 22 Rennen

1. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull 454 Pkt.
2. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari 308
3. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull 305
4. George Russell (Großbritannien) – Mercedes 275
5. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari 246
6. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes 240
7. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren 122
8. Esteban Ocon (Frankreich) – Alpine 92
9. Fernando Alonso (Spanien) – Alpine 81
10. Valtteri Bottas (Finnland) – Alfa Romeo 49

11. Daniel Ricciardo (Australien) – McLaren 37
12. Sebastian Vettel (Heppenheim) – Aston Martin 37
13. Kevin Magnussen (Dänemark) – Haas 25
14. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpha Tauri 23
15. Lance Stroll (Kanada) – Aston Martin 18
16. Mick Schumacher (Gland/Schweiz) – Haas 12
17. Yuki Tsunoda (Japan) – Alpha Tauri 12
18. Zhou Guanyu (China) – Alfa Romeo 6
19. Alexander Albon (Thailand) – Williams 4
20. Nicholas Latifi (Kanada) – Williams 2
21. Nyck de Vries (Niederlande) – Mercedes-Benz 2

Konstrukteurs-Wertung
Endstand nach 22 Rennen

1. Red Bull 759 Pkt.
2. Ferrari 554
3. Mercedes 515
4. Alpine 173
5. McLaren 159
6. Alfa Romeo 55
7. Aston Martin 55
8. Haas 37
9. Alpha Tauri 35
10. Williams 8

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