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Nächster Red Bull-Skandal? Deshalb verweigerte Verstappen die Stallorder

Formel 1 Max Verstappen Red Bull 2022

Max Verstappen. Credit: Red Bull Content Pool

Droht nach dem GP Brasilien und der verweigerten Teamorder der nächste Red Bull-Skandal? Kolumne von Ralf Bach

Der erste Karriere-Sieg von Mercedes-Youngster George Russell beim GP von Sao Paulo wurde durch das Verhalten von Weltmeister Max Verstappen (24) kurz vor der Zieldurchfahrt und vor allen Dingen danach zur Nebensache.

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Was war passiert? Der niederländische Red-Bull-Pilot, der schon seit Japan als Weltmeister feststeht, erhielt kurz vor der letzten Runde einen unmissverständlichen Funkspruch von seinem Renningenieur Gianpiero Lambiase: „Max, lass Checo bitte vorbei.“ Verstappens Teamkollege Sergio Perez braucht jeden Punkt, um den Vizetitel gegen Ferrari-Fahrer Charles Leclerc einzutüten. Doch Verstappen verweigerte die Bitte – man kann auch sagen, den Befehl. Er behielt seinen sechsten Platz, Perez wurde nur Siebter und bekam zwei Punkte weniger zugesprochen als vom Red-Bull-Team geplant.

Sergio Perez. Credit: Red Bull Content Pool

Danach eskalierte die Situation. Perez wetterte über Funk: „Das zeigt, wer er wirklich ist!“ Verstappen schoss zurück: „Ich habe es euch schon im Sommer gesagt. Fragt mich das nicht noch einmal, okay? Ist das klar? Ich habe meine Gründe genannt. Und ich stehe dazu.“

Beim Namen nennen wollte er die Motivation hinter seinem Ungehorsam zwar nicht. Ich kenne sie aber. Und ich muss zugeben: Ich kann Verstappen sogar verstehen.

Denn bei ihm steht Gerechtigkeit über geschauspielertem Teamplay. Er zeigt Zivilcourage, wenn ihm seine Werte genommen werden – und genau das hat das Red-Bull-Team in Brasilien getan.

Es geht um das Qualifying im Mai beim GP in Monaco. Beim gnadenlosen Ritt durch die engen Häuserschluchten des Fürstentums, bei dem der Startplatz wichtiger ist als irgendwo sonst, lag Perez hinter den beiden Ferrari-Piloten auf Platz drei – aber vor Teamkollegen Verstappen. Der Mexikaner war vor dem amtierenden Champion auf der Strecke unterwegs, beide in ihrer letzten entscheidenden Runde.

Die Zwischenzeiten zeigten: Perez drohte hinter den Niederländer zu fallen, der mit zwei Zehntelsekunden Vorsprung sogar auf Pole-Kurs lag. Dann aber drehte sich der Mexikaner ungeschickt in die Mauer vorm Tunneleingang und blockierte die Piste. Es gab eine rote Flagge, das Training wurde abgebrochen. Perez blieb Dritter, Verstappen Vierter und musste hinter seinem Teamkollegen starten.

Einen Tag später gewann Perez das Rennen. Den Grundstein hatte er mit dem dritten Platz in der Startaufstellung gelegt, während Verstappen nach verpatzten Boxenstopps nur Dritter wurde.

Das aber regte den Niederländer nicht auf. Vielmehr war es die Tatsache, dass Perez im Training mit Absicht in die Mauer gefahren war, um eine rote Flagge zu provozieren und um jeden Preis vor dem Teamkollegen zu bleiben. Das, so hört man, hätten die Telemetriedaten des Mexikaners bei seinem Unfall eindeutig bewiesen. Es reicht aber schon ein Blick in des Onboard-Aufnahmen des Unfalls. Ein verräterischer Gasstoß in der Kurve vorm Tunneleingang überführt Perez.

Sergio Perez und Carlos Sainz. Credit: Formel 1 / Twitter

Red Bull und Verstappen wussten das. Das Team aber unternahm auch intern nichts, Verstappen fühlte sich deswegen betrogen und teilte Teamchef Christian Horner mit, dass er Perez in Zukunft unter keinen Umständen helfen würde.

Das Problem: Der Vorfall kann für Red Bull gravierende Folgen haben. Denn wenn der Automobilweltverband FIA ihn jetzt untersucht, könnte es drastische Strafen wegen eines mit Absicht herbeigeführten Unfalls geben.

Es gibt sogar Präzedenzfälle. 2008 musste Nelson Piquet junior auf Wunsch des Teams in Singapur absichtlich in die Mauer fahren, um Fernando Alonso zum Sieg zu verhelfen. Teamchef Flavio Briatore wurde damals auf unbestimmte Zeit gesperrt. Bereits 2006 hatte Michael Schumacher seinen Ferrari in der Rascasse bei Tempo 40 geparkt, um die Pole-Position seines WM-Rivalen Fernando Alonso zu verhindern. Er musste daraufhin von ganz hinten starten. 2014 verbremste sich Nico Rosberg im Qualifying von Monaco absichtlich verhinderte so die Pole seines Erzrivalen Lewis Hamilton. Der Deutsche konnte damals zwar nicht überführt werden, aber die Aktion hat das Tischtuch zwischen ihm und Lewis Hamilton endgültig zerschnitten.

Eine nachträgliche Strafe könnte auch Perez drohen, falls die FIA dem Mexikaner aufgrund neu aufgetauchter Beweise Absicht beweisen kann. Verstappen wäre das egal. Der Niederländer würde lieber den bei McLaren ausrangierten Daniel Ricciardo als alten und neuen Teamkollegen haben. Die beiden fuhren drei Jahre von 2016 bis 2018 bei Red Bull. Sie lieferten sich beinharte Duelle auf der Piste, in Baku krachte es sogar, aber – und das ist entscheidend: Beide respektieren sich.

Fast noch schlimmer für Red Bull aber ist: Das Tischtuch zwischen Gerechtigkeitsfanatiker Verstappen und Teamchef Horner scheint zerschnitten. Red-Bull-Chefberater Helmut Marko, der Vertraute Verstappens im Team, muss jetzt vermitteln, sonst droht Red Bull sogar sein „Wunderkind“ zu verlieren. Denn der steht zu seinen Werten. Das kann er auch, denn er weiß: Alle Teams, einschließlich Neueinsteiger Audi, würden das Lenkradgenie mit Kusshand nehmen.

Fest steht: Ex-RB-Leipzig-Chef Oliver Mintzlaff, der nach dem Tod von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz beim Getränkekonzern verantwortlich für das Formel-1-Projekt sein wird, muss bereits einen Flächenbrand löschen, bevor er in seinem neuen Job überhaupt erst richtig angefangen hat.

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Formel 1 Grand Prix von Brasilien
Ergebnis

1. George Russell (Großbritannien) – Mercedes 1:38:34,044 Std.
2. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes +1,529 Sek.
3. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari +4,051
4. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari +8,441
5. Fernando Alonso (Spanien) – Alpine +9,561
6. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull +10,056
7. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull +14,080
8. Esteban Ocon (Frankreich) – Alpine +18,690
9. Valtteri Bottas (Finnland) – Alfa Romeo +22,552
10. Lance Stroll (Kanada) – Aston Martin +23,552

11. Sebastian Vettel (Heppenheim) – Aston Martin +26,183
12. Zhou Guanyu (China) – Alfa Romeo +29,325
13. Mick Schumacher (Gland/Schweiz) – Haas +29,899
14. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpha Tauri +31,867
15. Alexander Albon (Thailand) – Williams +36,016
16. Nicholas Latifi (Kanada) – Williams +37,038
17. Yuki Tsunoda (Japan) – Alpha Tauri + 1 Rd.

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