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Hat die Formel 1 ein Motorenproblem?

Red Bull und Noch-Motorpartner Honda arbeiten ab heute also parallel. Credit: Red Bull Content Pool

Red Bull und Noch-Motorpartner Honda arbeiten ab heute also parallel. Credit: Red Bull Content Pool

Mit dem Honda-Ausstieg aus der Formel 1 schrumpft die Zahl der Hersteller auf drei. Nie gab es weniger. Die Formel 1 hat ein Motorproblem.

Die Nachricht vom Honda-Ausstieg Ende 2021 erschüttert die Formel-1-Szene. Es ist wieder ein Indiz dafür, dass das aktuelle Motorenkonzept der Formel 1 gescheitert ist. Die Formel 1 hat ein Motorenproblem.

Die alarmierenden Zahlen

2022 sind mit Mercedes, Ferrari und Renault nur noch drei Motorhersteller am Start – nie gab es weniger, nur in zwei anderen Jahren wurde diese Marke erreicht: 1974 mit Ferrari, Ford-Cosworth und BRM sowie 2014 mit Mercedes, Ferrari und Renault. Möglicherweise setzt Red Bull die Honda-Motoren in Eigenregie ein – das tat Arrows 1988 bereits unter dem Megatron-Label mit den BMW-Aggregaten oder 1998 und 1999 mit den Hart-Motoren. Als Renault Ende 1997 ausstieg, kaufte Supertec die Triebwerke auf und belieferte damit Williams, Benetton und BAR in den Jahren 1998-2000. Trotzdem: Das wäre auch für Red Bull nur eine Übergangslösung, bis ein neuer Hersteller wie womöglich Porsche anbeißt. 

MEHR LESEN: Setzt Red Bull Motoren in Eigenregie ein?

Dazu ist folgende Statistik alarmierend: In den 2010er Jahren stiegen mit Cosworth (2010-2013) und Honda (ab 2015) nur zwei Motorenbauer in die Formel 1 ein – so wenig wie nie zuvor. Die Spitze bildeten natürlich die 1950er Jahre, als Hersteller wie Ferrari, Alfa Romeo, Mercedes und Maserati diverse kleine Hersteller wie BPM, Küchen oder Milano trafen und außerdem auch die Indy-500-Motorenbauer wie Offenhauser und Novi dazugezählt wurden. Aber auch in den 1960er (14), 1980er und 1990er (jeweils 11) gab es viele Hersteller, die sich neu zur Formel 1 bekannten oder nach einer Abwesenheit wieder zurückkehrten. Jetzt bleiben neue (alte) Hersteller aus.

Die Gründe für das Fernbleiben der Hersteller

BMW-Motorsportchef Jens Marquardt erklärt, warum die Formel 1 für Hersteller nicht mehr attraktiv ist: „Der V6-Turbo-Hybrid ist ein Antrieb, der mit dem, was wir in der Serie machen, überhaupt nichts zu tun hat. Aus Ingenieurssicht muss ich sagen: Hut ab, was sie in der Formel 1 leisten, aber für die Straße hat die Technik keine Relevanz.“ Heißt: Die Formel-1-Motoren sind zu teuer, zu kompliziert und zu wenig serienrelevant.

Die Lösungswege für die Zukunft

Wie kommt die Formel 1 aus dem Dilemma? Wahrscheinlich nur sehr mühsam. An Punkt eins, der Kostenproblematik, wird gearbeitet. 2021 greift eine Budgetobergrenze von 145 Millionen Euro für die Teams. Sie wird schrittweise bis 2023 auf 130 Millionen Euro gesenkt. Zwar gibt es einige Ausnahmen wie Fahrer- und Spitzengehälter oder PR-Aktionen, doch damit ist klar: Ohne Schummeln sind Budgets von 500 Millionen Euro pro Jahr Geschichte. Und Schummeln kann sich eigentlich kein Hersteller erlauben.  

Die Formel 1 hat ein Motorproblem. (Photo by Mark Thompson/Getty Images)

Auch an Punkt zwei, der Komplexität der Motoren, wird gearbeitet. 2026 soll ein neues Motorenreglement eingeführt werden. Das Grundgerüst der aktuellen 1,6-Liter-V6-Turbo-Hybridmotoren mit rund 1000 PS soll zwar bestehen bleiben. Aber die Technik soll soweit vereinfacht werden, dass sich ein neuer Hersteller beim Einstieg nicht wie Honda in den ersten drei Jahren bis auf die Knochen blamiert.

Verbrenner versus Elektromotor

Das Problem wird Punkt drei sein: die Serienrelevanz. Immer mehr Hersteller steigen auf Elektromobilität um. Daher mischen in der Formel E mit Porsche, Audi, Mercedes, BMW, Jaguar, Nissan, DS, Mahindra, Dragon und Nio auch zehn Hersteller mit. Das alleine wäre für die Formel 1 zu verkraften. Das Problem ist: Viele Automobilkonzerne wollen – von der Politik getrieben – Verbrennungsmotoren komplett aus dem Sortiment verbannen. Weil Rennsportprogramme aber zur Markenidentität von Konzernen passen müssen, sind Verbrennungs-Rennserien wie die Formel 1 kaum noch relevant. Das gleiche Phänomen lässt sich auch in der Tourenwagenszene beobachten, wo immer mehr Hersteller der WTCR den Rücken kehren und dafür lieber die Elektro-Variante ETCR, die 2021 debütieren wird, unterstützen.

Das Problem: Die Formel 1 wird nicht auf Elektromotoren umsatteln. Erstens hat die Formel E ein Patent auf E-Motoren im Formel-Rennsport. Die Formel 1 müsste diese Rechte also teuer kaufen oder mit der Serie fusionieren. Vor allem aber sind die E-Rennwagen noch viel zu langsam. Bis heute erreichen die Formel-E-Flitzer noch nicht einmal 300 km/h und leisten auch nur 340 PS. Selbst das neue Gen3-Auto ab Ende 2022 bringt weniger als 500 PS auf den Asphalt. Das hat mit der Königsklasse Formel 1 nichts zu tun.

Die Formel 1 müsste sich eigentlich nicht verstecken. Alle Autoexperten sind sich sicher: Elektroautos alleine sind nicht die Lösung. Es muss also auch in Zukunft Verbrenner geben, die extrem effizient sind und mit E-Motoren als Hybride kombiniert werden. Auf dem Gebiet trumpft die Formel 1 schon jetzt auf. Es gibt keine effizienteren Verbrenner als in der Königsklasse, mit Wirkungsgraden von rund 60%.  Bis 2030 will die Formel 1 – unter anderem dann mit 100% Biosprit – sogar CO2 neutral sein.

Doch solange die Vorstandsbosse nur auf Elektroautos schielen, wird es die Königsklasse weiterhin schwer haben, neue Hersteller anzulocken. Eine Chance könnte Porsche sein. VW-Konzernchef Herbert Diess hat inzwischen erkannt: „Die Formel 1 wird CO2-neutral, indem sie synthetische Kraftstoffe nutzen wird. Sie ist viel aufregender, spaßiger, mehr Rennsport und ein besserer Technik-Wettkampf als die Formel E, die in Stadtzentren ein paar Runden im Spielmodus dreht.“

Der neue Formel-1-Boss Stefano Domenicali war davor CEO der Marke Lamborghini. Er sollte also wissen, wie Konzernchefs denken und wie er die Hersteller wieder für die Formel 1 gewinnen kann.

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