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Toyotas Weltmeisterteamchef: „Ogier braucht keine Tipps“

WRC Rallye WM Sebastien Ogier Toyota 2021

Sebastien Ogier. Credit: Red Bull Content Pool

Vor einem Jahr wechselte Rallye-Star Jari-Matti Latvala vom Lenkrad hinter den Schreibtisch. Jetzt ist er als Teamchef Konstrukteursweltmeister in der WRC und hat auch den Fahrer-Champion in seinen Reihen. Im Interview zieht der Toyota-Teamchef Bilanz, spricht über sein Verhältnis zum nun achtmaligen Weltmeister Sébastien Ogier und gibt einen Ausblick auf die 2022er Hybrid-Autos

Gratulation zum Weltmeistertitel als Teamchef! Bis vor kurzem waren Sie selbst Rallye-Pilot, fuhren unter anderem für VW. Als Fahrer haben Sie den WM-Pokal aber nie geholt…
Danke. Das hat mich jetzt mehr Nerven gekostet im Vergleich zur Zeit, als ich selbst am Lenkrad gedreht habe.

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Warum?
Weil ich in den entscheidenden Momenten zum Zuschauen verurteilt war, vor dem Fernseher in der Toyota-Kommandozentrale im Servicepark. Du siehst auf den Bildern der Onboard-Kamera, dass der Fahrer irgendein Problem hat, kannst aber nix machen. Das nervt.

Ist der Druck für den Teamchef größer als für den Fahrer?
Der Druck ist anders. Als Fahrer bist du Einzelkämpfer. Du musst Rallyes gewinnen, also zu einem bestimmten Moment eine Höchstleistung abrufen. Als Teamchef musst du vor allem langfristig dafür sorgen, dass alle Fahrer optimale Bedingungen vorfinden.

War das die größte Herausforderung nach dem Wechsel ins Teammanagement?
Mein Vorteil war, dass ich die meisten Teammitglieder bei Toyota aus meinen drei Jahren als Werksfahrer kannte. Allerdings musste ich plötzlich auch ihr Vertrauen und Respekt als Vorgesetzter gewinnen. Das ging zum Glück sehr schnell.

Julien Ingrassia (FRA), Jari-Matti Latvala (FIN) und Sebastien Ogier (FRA). Credit: Red Bull Content Pool

Früher hat Weltmeister Sébastien Ogier Sie als Konkurrent im Griff gehabt, jetzt musste er auf Sie hören…
Zugegeben, Seb und ich waren in unserer Zeit bei Volkswagen (2013-2016, Anm. d. Red.) nicht die dicksten Freunde. Aber inzwischen hat sich unser Verhältnis stark verbessert. Aber ich brauche ihm – und auch unseren anderen Werkspiloten – ja keine Tipps zum Autofahren zu geben. Nur wenn ein Fahrer mich um Rat fragt, kriegt er ihn natürlich.

Was hast Du im Team verändert?
Nur ein paar Details. Ein Beispiel: Wir haben die Kommunikation zwischen Ingenieuren und Fahrern verbessert, wenn diese technische Probleme bekommen. Mindestens zweimal ist es in der Saison 2021 so gelungen, Autos trotz eines Schadens zurück zu den Mechanikern zu bringen und im Rennen zu halten. Seb hatte bei der Safari-Rallye in Kenia einen Stoßdämpferdefekt. Früher wäre er bestimmt mit gleichem Tempo weitergefahren und wahrscheinlich ausgefallen. Dieses Mal hat er sein Auto zum Service gerettet und die Rallye anschließend sogar gewonnen.

Hätten Sie mit dem Wissen, das Sie heute als Teamchef haben, als Fahrer manches anders gemacht?
Ich muss zugeben: Ich bin froh, keinen Fahrer wie mich im Team zu haben. Mit dem Wissen von heute, wäre ich vielleicht auch als Fahrer Weltmeister geworden. Ich weiß jetzt, was ich früher hätte besser machen können, wie ich Fehler hätte vermeiden können.

Bei der Rallye Monte Carlo im Januar fahren die World Rally Cars erstmals mit Hybrid-Antrieb. Was erwarten Sie?
Die Fahrer müssen sich außerdem daran gewöhnen, dass Mitteldifferenzial und Schaltwippen am Lenkrad wegfallen. Die 2022er Autos sind also schwieriger zu fahren. Aber natürlich erfordert der Hybrid-Antrieb die größte Umstellung. In Zukunft wird Rallyes gewinnen, wer die zusätzliche Elektro-Power am cleversten einsetzt. Ein schwerer Gasfuß alleine reicht nicht mehr. Ab nächstes Jahr ist wieder mehr der Kopf gefragt.

Ist der Schritt zum Hybrid-Antrieb, der in der WM dann mindestens drei Jahre beibehalten wird, nicht zu wenig? Andere Rennserien wechseln gerade auf vollelektrisch. . .
Hybrid-Fahrzeuge haben auf der Straße, weltweit gesehen, einen hohen Marktanteil. Auch Toyota verkauft sehr viele Autos mit Hybrid-Antrieb und hat hohe Kompetenz auf diesem Gebiet. Das passt also. Davon unabhängig würden vollelektrische Rallyeautos zumindest in der Weltmeisterschaft nach aktuellem Format noch nicht funktionieren. Zusätzlich zum Hybrid wird in der WM nächstes Jahr fossilfreies Benzin verwendet. Beide Schritte zusammen sind eine gute Lösung. Ich denke, auch die meisten Fans sind froh, dass der gewohnte Motorsound erhalten bleibt.

Christian Schön

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