Der Frikadelli-Ferrari gewinnt die 24h Nürburgring. Teamchef Klaus Abbelen denkt an seine verstorbene Lebensgefährtin Sabine Schmitz.
„Das haben wir auch für Sabine gemacht.“
Emotionale Doppel-Premiere bei den 24h Nürburgring: Das Frikadelli-Team hat zum ersten Mal den „Eifel-Marathon“ gewonnen und damit auch Ferrari den ersten Erfolg bei dem Langstrecken-Klassiker beschert. Nach 24 Stunden durch die „Grüne Hölle“ steuerte der Brite David Pittard den neuen Ferrari 296 GT3 der Lokalmatadoren als Erster über die Ziellinie.
Gemeinsam mit Earl Bamber, Nick Catsburg und Felipe Fernandez Laser stellte er auch einen Distanzrekord auf: Noch nie seit der Premiere des Rennens 1970 hat ein Siegerteam 162 Runden zurückgelegt. Nach 4.085,858 Kilometern hatte der Frikadelli-Ferrari 26,911 Sekunden Vorsprung vor dem Rowe-BMW #98. Der bisherige Rekord lag bei 159 Runden mit 4.035,102 Kilometern aus den Jahren 2014 und 2022.
„Der Blutdruck ist jetzt im Moment vielleicht etwas hoch, aber natürlich geht es mir jetzt sehr gut. Heute Abend gibt es ein Kölsch“, sagt Frikadelli-Teameigner Klaus Abbelen. Bei ihm schlagen die Emotionen besonders hoch: Abbelen ist der Lebensgefährte der 2021 an Krebs verstorbenen Nordschleifen-Königin Sabine Schmitz. „Das haben wir auch für Sabine gemacht“, betont er deshalb. „Sie hat von oben zugeguckt und auch geholfen.“ Schmitz ist die bisher einzige Frau, die die 24 Stunden am Nürburgring gewinnen konnte.
Auch Pilot Fernandez Laser ist beinahe sprachlos: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist mein erster richtig großer Erfolg. Sabine Schmitz hat uns vom Himmel aus geholfen. Ich freue mich sehr für den lieben Klaus.“
Für seinen Teamkollegen Nick Catsburg ist es schon der zweite Sieg nach 2020, damals noch im Rowe-BMW. Für Earl Bamber ist es die Siegpremiere am Ring. Der Neuseeländer hat aber schon zweimal die 24 Stunden von Le Mans sowie einmal die 24 Stunden von Spa gewonnen.
Im Rowe-BMW #98 holten Marco Wittmann und Sheldon van der Linde wie schon 2021 Platz zwei beim „Eifel-Marathon“. Diesmal wurden sie unterstützt von Maxime Martin und Dries Vanthoor, der 2022 noch in einem Audi triumphiert hatte. Das Siegerpodest vervollständigten Raffaele Marciello, Luca Stolz und Philip Ellis in der #4 aus dem Mercedes-AMG Team Bilstein. Insgesamt verfolgten am Wochenende 235.000 Zuschauer den Langstrecken-Klassiker. Die 52. Auflage der 24h Nürburgring steigt vom 9. bis 12. Mai 2024.
Seit Sonnenaufgang hatten sich der Frikadelli-Ferrari und der Rowe-BMW #98 durch den Boxenstopp-Unterschied von zwei Runden immer wieder an der Spitze abgewechselt. Bereinigt lag allerdings ein deutlicher Vorteil bei der Ferrari-Crew, die lediglich in der Anfangsphase ein wenig Zeit durch einen Reifenschaden wenige Kilometer vor der Box verloren hatte. Die #98 dagegen war nach einem Ausritt im Top-Qualifying 1 nur von Startplatz 31 ins Rennen gegangen, arbeitete sich dann aber mit einem fehlerfreien Auftritt schon nach wenigen Stunden in die Spitzengruppe vor.
Den letzten Boxenstopp absolvierte der Frikadelli-Ferrari 61 Minuten vor Ablauf der 24 Stunden. 44 Minuten vor Schluss ging Dries Vanthoor mit knapp einer Minute Rückstand auf die Strecke, kam aber nicht mehr entscheidend heran. „Letztlich können wir total zufrieden sein. Wir sind von Platz 31 gestartet und damit in der letzten Reihe unserer Startgruppe. Um ehrlich zu sein, hätten wir nie gedacht, dass wir so weit nach vorne kommen“, sagt Wittmann. „Aber wenn man in letzten Renndrittel so nah am Sieg dran ist, dann will man auch gewinnen. Aber dafür ist der Ferrari zu schnell. Wir haben keine Fehler gemacht im Rennen und haben uns deswegen auch nichts vorzuwerfen.“
Bester Porsche im Endklassement war die #96 von Rutronik auf Rang fünf, bestplatziertes Modell aus Ingolstadt war der Land-Audi #39 als Sechster. Das Revival der drei ehemaligen DTM-Champions Mike Rockenfeller, Timo Scheider und Martin Tomczyk im Scherer-PHX-Audi #40 endete auf Platz zwölf. Es war zudem das letzte 24h-Rennen des scheidenden Teamchefs Ernst Moser, der mit Phoenix sechs Gesamtsiege beim „Eifel-Marathon“ feierte.
Nachdem Marciello zunächst noch seine am Freitagabend erkämpfte Pole-Position behauptet und das Feld als Erster auf die Nordschleife geführt hatte, war zunächst Marco Mapelli der Mann der ersten Runden. Der Italiener schob sich im Abt-Lamborghini #27 beim Start zunächst von Platz drei auf Position zwei vor und überholte in der dritten Runde auch Marciello. Damit bescherte er den Äbten bei ihrer 24h-Rückkehr mit dem neuen Hersteller gleich die ersten Führungsrunden. Ein früher Reifenschaden warf das Team aber schon bald danach deutlich zurück, am Ende reichte es zu Rang neun.
Bis zur Rennhalbzeit gab es einige sehenswerte Zweikämpfe, aber auch bei einbrechender Dunkelheit zunächst kaum größere Zwischenfälle. Die zahlreichen Fans rund um die Nordschleife sorgten mit Grillduft, Musik und gewohnt skurrilen Aufbauten an den beliebten Hotspots wie Hatzenbach, Brünnchen oder Schwalbenschwanz für eine großartige Stimmung.
Am frühen Morgen überschlugen sich dann etwas die Ereignisse, als sich innerhalb von kurzer Zeit mehrere Siegaspiranten vorzeitig verabschiedeten. So drehten sich beispielsweise die beiden Scherer-PHX-Audi mit der #1 und der #5 fast synchron auf einer Ölspur von der Strecke, den Schwesterauto mit der #16 warf eine Zeitstrafe von 4:36 Minuten für insgesamt drei Flaggenverstöße weit zurück.
Der Rowe-BMW #99 schied nach einer Kollision beim Überrunden aus, später wurde auch der Junior-BMW #72 wegen eines Aufhängungsschadens zurückgezogen. Frühzeitig Feierabend hatte auch der „Grello“ – der Manthey-Porsche #911 hatte nach einem frühen Reifenschaden immer wieder Probleme. Mercedes-AMG verlor frühzeitig die #3 um den aus der ersten Reihe gestarteten Maro Engel.
Von: F1 Insider / Bianca Garloff
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