Sebastian Vettel hat viel vor an diesem Wochenende beim GP in Deutschland. Nach seinem Aussetzer in der Sachskurve 2018, als er seinen Ferrari in Führung liegend im Kies versenkte, will er endlich den Sieg in Hockenheim. Der Ferrari SF90 ist ist jedoch kein Vettel-Mobil. ABMS und F1-Insider erklären die Hintergründe.
Heute kann Sebastian Vettel (32) fast schon drüber lachen. Der Deutsche zu AUTO BILD MOTORSPORT und F1 Insider: „Vor einem Jahr war ich extrem sauer auf mich. Jetzt ist das vergessen. Wenn ich heute sehe, wie ich mich ins Kiesbett der Sachs-Kurve eingrabe und dann wütend auf das Lenkrad einschlage, muss ich grinsen. Ich habe damals einen kleinen Fehler mit großen Folgen gemacht.“
In der Tat: Als der Ferrari-Pilot vor gut einem Jahr beim Heimrennen in Hockenheim in Führung liegend im einsetzenden Regen die Kontrolle über das Auto verlor, war nicht nur der schon sichere Sieg weg – mit dem kleinen Lapsus beim GP von Deutschland begann eine Negativserie, in der der Deutsche immer wieder Kollisionen hatte. Am Ende hatte er nicht die geringste Chance, Mercedes-Superstar Lewis Hamilton Paroli zu bieten.
Allein: Trotzdem würde Vettel gerne die Zeit um ein Jahr zurückdrehen. Grund: Der Ferrari aus 2018 lag ihm, der aktuelle SF90-H nicht. Deshalb geht er auch verhalten in den GP Deutschland. „Man soll zwar niemals nie sagen, ich werde auch wie immer alles geben, aber realistisch gesehen ist Mercedes großer Favorit. Ich spüre das Heck des Autos im Moment nicht so, dann fehlt am Ende das Vertrauen. Daran müssen wir arbeiten.“
Schlimmer noch als der Abstand zu Klassenprimus Mercedes ist: Im teaminternen Wettkampf holt Teamkollege Charles Leclerc (21) immer mehr auf. Er liegt nur noch drei Punkte hinter dem viermaligen Weltmeister. Besonders bei den italienischen Medien steht Vettel deshalb unter enormem Druck.
Ex-Jordan-Cheftechniker Gary Anderson (68) glaubt das Problem Vettels erkannt zu haben. Anderson: „Vettel ist ohne Frage ein Toppilot. Aber er braucht ein Auto, das zu ihm passt. Wenn überhaupt neigt der Ferrari zum Untersteuern. Einige Fahrer mögen das und kommen damit klar. Ich glaube nicht, dass Vettel zu denen gehört.“
Anderson weiter: „In den Tagen des angeblasenen Diffusors bei Red Bull war er der Meister“, so der Nordire. „Am Kurveneingang hat sich das Heck immer bewegt. Aber er wusste, dass es Haftung bekommen würde, sobald er aufs Gas ging. Dadurch hatte er die starke Front am Kurveneingang und das Heck am Ausgang. Die Balance wechselte durch das Gas, welches er kontrolliert hat.“
Aktuell leidet das Heck, wenn Ferrari mechanisch versucht, der Front das Untersteuern auszutreiben. Anderson fordert: „Ferrari muss Vettel jetzt helfen. Aber das wird schwer. Denn ich habe den Eindruck, dass das Problem im Design des Frontflügels liegt. Und das ist nicht einfach zu ändern.“ Fest steht, so sieht es Anderson: „Es nutzt nichts. Vettel muss jetzt seinen Fahrstil den Gegebenheiten anpassen und darf nicht weiter grübeln.“
Letzte Chance also für Vettel, die Kurve doch noch zu kriegen! Das sagt er auch selbst. Vettel: „Wir haben etwas gutzumachen von letztem Jahr, besonders ich. Darum freue ich mich, in Hockenheim zu fahren. Die Atmosphäre ist immer phänomenal und das Publikum großartig. Ich erinnere mich an viele deutsche Flaggen rund um die Strecke, was mir wirklich gefallen hat.“
Updates wird Ferrari aber nicht zu Vettels Heimspiel mitbringen. Teamchef Mattia Binotto (49): „Wir haben keine bestimmten Updates, aber die Daten vom letzten Rennen in Silverstone haben uns hilfreiche Informationen geliefert, um unser Auto besser zu verstehen.“Der Wettergott scheint indes Mercedes-Fan zu sein. Während bis Samstag in Hockenheim mit bis zu 41 Grad Hitze zu rechnen ist, soll es Sonntag bei „nur“ 27 Grad regnen. Das hilft dem Silberpfeil, der zuletzt in Österreich mit Kühlproblemen zu kämpfen hatte
Denn nach Informationen von AUTO BILD MOTORSPORT wird es 2019 keinen Grand Prix hierzulande mehr geben. Liberty ist nicht bereit, dem Hockenheimring weiter entgegenzukommen. Hockenheim dagegen benötigt dringend Sponsorgeld, um mögliche Verluste aufzufangen. 2018 sprang Mercedes als Hauptsponsor ein und überweis laut ABMS-Inos – drei Millionen Euro. Für 2019 wurden entsprechende Mittel aber gestrichen.
*Dieser Artikel ist als Erstes in AUTO BILD MOTORSPORT (ABMS) erschienen.