Wegen Taifun Hagibis wurde der Samstag beim Japan GP abgesagt – nicht zum ersten Mal. ABMS-Reporter Ralf Bach schreibt in seiner Kolumne über freie Tage in Suzuka.
Hagibis schickte der Himmel. Manche sagen auch der Teufel. Der Taifun jedenfalls sorgte nicht nur dafür, dass am Samstag alle Aktivitäten auf der Rennstrecke in Suzuka gestoppt werden mussten – er brachte zwangsweise auch Freund und Feind auf engem Raum zusammen.Die meisten Fahrer und Teamchefs wohnen nämlich im Suzuka Circuit Hotel, wo sie notgedrungen am Samstag die Zeit totschlagen mussten. Das Hotel, das aus verschiedenen Gebäuden mit eigenen Namen besteht, sowie einen großen Restaurantkomplex mit Japaner, Italiener und riesiger Bowlingbahn beinhaltet, ist mit einem Spaziergang in Schlendertempo durch einen großen Vergnügungspark locker in zehn Minuten zu erreichen. Die Fahrt mit dem Auto dauert länger.
Läuft alles planmäßig, gibt es kein Problem. Dann hat jeder Fahrer sein festes Programm: Training, Ingenieurstermine, PR-Aktivitäten, dann zurück ins Hotel. Eine kurze Dusche in den kleinen Badezimmern der noch kleineren Räume, in der die prall gefüllte Minibar den größten Platz einnimmt. Abendessen, meistens beim Italiener. Dort haben ihre Lakaien einen Tisch gebucht. Sie begegnen da den Fahrerkollegen planmäßig zufällig und grüßen sich aus der Distanz höflich. Später wünschen sie sich wieder zum Teufel und lästern über den anderen. In der Regel jedenfalls.Ein freier Tag ändert alles. Die Fahrer müssen sich ein Freizeitprogramm aus den Rippen stemmen. In Notfällen müssen sie ihre Kollegen, mehr Feind als Freund, in ihren Zeittotschlagplan mit einbeziehen. Dann wird das Suzuka-Circuit-Hotel zu einem Landheim für schwer Erziehbare, die auf engem Raum miteinander klarkommen müssen. Deshalb gibt es welche, die sagen, Hagibis hätte durchaus auch der Himmel geschickt.
zuka gestoppt werden mussten – er brachte zwangsweise auch Freund und Feind auf engem Raum zusammen.Die meisten Fahrer und Teamchefs wohnen nämlich im Suzuka Circuit Hotel, wo sie notgedrungen am Samstag die Zeit totschlagen mussten. Das Hotel, das aus verschiedenen Gebäuden mit eigenen Namen besteht, sowie einen großen Restaurantkomplex mit Japaner, Italiener und riesiger Bowlingbahn beinhaltet, ist mit einem Spaziergang in Schlendertempo durch einen großen Vergnügungspark locker in zehn Minuten zu erreichen. Die Fahrt mit dem Auto dauert länger.
Läuft alles planmäßig, gibt es kein Problem. Dann hat jeder Fahrer sein festes Programm: Training, Ingenieurstermine, PR-Aktivitäten, dann zurück ins Hotel. Eine kurze Dusche in den kleinen Badezimmern der noch kleineren Räume, in der die prall gefüllte Minibar den größten Platz einnimmt. Abendessen, meistens beim Italiener. Dort haben ihre Lakaien einen Tisch gebucht. Sie begegnen da den Fahrerkollegen planmäßig zufällig und grüßen sich aus der Distanz höflich. Später wünschen sie sich wieder zum Teufel und lästern über den anderen. In der Regel jedenfalls.Ein freier Tag ändert alles. Die Fahrer müssen sich ein Freizeitprogramm aus den Rippen stemmen. In Notfällen müssen sie ihre Kollegen, mehr Feind als Freund, in ihren Zeittotschlagplan mit einbeziehen. Dann wird das Suzuka-Circuit-Hotel zu einem Landheim für schwer Erziehbare, die auf engem Raum miteinander klarkommen müssen. Deshalb gibt es welche, die sagen, Hagibis hätte durchaus auch der Himmel geschickt.
Zeitvertreib anno 2019: F1-Stars zocken Playstation…2004 und 2010 gab es auch Stürme, die den Samstag in Suzuka lahmlegten. Die Mechanismen waren die gleichen, nur die Mittel der Freizeitbeschäftigung waren andere. Playstation und soziale Medien steckten noch in den Kinderschuhen, also mussten herkömmliche Dinge her, die für die Formel-1-Kids von heute wie Folterwerkzeuge aus dem Mittelalter wirken mussten: Karten!
Robert Kubica war ein Zocker vor dem Herrn. Er versammelte die Fahrer um sich, die, wie er sagte, zwar alle schnell autofahren konnten, doch im Leben „Grünschnäbel“ wären, und brachte ihnen Poker bei. Timo Glock war dabei, Nick Heidfeld, Mark Webber, Fernando Alonso, sogar Michael Schumacher.
Sebastian Vettel schaute sich die Zockerrunde schüchtern von der Lehne des Sofas an, auf dem Kubica thronte wie ein Pokerkönig in Las Vegas. Kubica lachte ständig, mischte die Karten, philosophierte über den Sinn des Pokerspiels und verglich es sogar mit dem richtigen Leben. „Du darfst niemandem trauen, nie zeigen, was du wirklich in der Hand hast und musst den anderen einfach nur verunsichern. Poker ist nackt und ehrlich, es ist das Spiel des Lebens. Du bist alleine, keiner hilft dir. Kein Physio, kein Manager, kein PR-Assistent.“ Den ganzen Tag verbrachten sie dort, zockten und der Pole kassierte belustigt die „Grünschnäbel“ ab.
2019 pokerte keiner mehr. Max Verstappen zockte mit Carlos Sainz auf der Playstation FIFA20. Lando Norris ließ sich filmen, wie er auf der Bowlingbahn alle Pins abräumte, indem er einfach im Tiefflug in sie sie hineinbretterte. Romain Grosjean bastelte in Heimarbeit ein altes Formel-1-Modell. Vettel wollte Sport machen, alleine, nur mit seinem Physio. Lewis Hamilton wollte Delfine retten in einer Bucht in der Nähe von Suzuka. Red-Bull-Chefberater Helmut Marko machte Sightseeing in der einstigen japanische Hauptstadt Kyōto, die circa 80 Kilometer entfernt von Suzuka liegt.
Er schaute sich dort die zahlreichen buddhistischen Tempel, Gärten, Kaiserpaläste, Shintō-Schreine und Holzhäuser an, für die Kyōto bekannt ist. Ob er auch das dort traditionelle Kaiseki-Mahl einnahm, das aus mehreren Gängen genau vorgeschriebener Gerichte besteht und in Begleitung einer Geisha eingenommen wird, ist nicht bekannt.Wie Kubica den Tag verbrachte, weiß keiner. Er fand niemanden, den er abzocken konnte. Nur Kimi Räikkönen hat das gleiche gemacht wie schon 2004. Der in sich selbst ruhende Finne verließ damals den ganzen Tag nicht sein kleines Hotelzimmer. Am nächsten Morgen kam er mit leicht geröteten Augen unter der Sonnenbrille, aber extrem gut gelaunt zur Rennstrecke.
*Dieser Artikel ist als Erstes in AUTO BILD MOTORSPORT (ABMS) erschienen.