Formel-1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone (84) hat in Malaysia zur Gesprächsrunde mit ausgewählten Journalisten gebeten. Auch F1-Insider war dabei.
Ecclestone sieht müde aus, abgekämpft und desillusioniert. Seine Stimme ist leise und es fällt ihm schwer, weiter den Kämpfer zu verkörpern, der er immer noch so gerne wäre. Doch Alter und das ständige Löschen von Bränden haben den „Feuerwehrmann der Königsklasse – wie er sich am liebsten bezeichnet – zu einem Krieger mit stumpfen Waffen gemacht. Grund: Er sieht die Probleme der Formel 1 sehr wohl, doch ändern kann er sie nicht alleine, ohne eine Mehrheit von der FIA, Veranstaltern und Teams zu bekommen. Das scheitert aber in den meisten Fällen am Eigeninteresse der verschiedenen Parteien. Nur auf eine Regeländerung konnten sich die Teams heute einigen. Nach Informationen von F1-insider.com dürfen 2015 nun doch fünf statt der ursprünglich geplanten vier Antriebseinheiten verwendet werden. Mercedes-Sportchef Toto Wolff: „Wir hoffen, dass in den Freitagstrainings dadurch wieder mehr gefahren wird.“
Herr Ecclestone, sind Sie frustriert, dass Sie nicht mehr so handeln können, wie Sie wollen?
Nein, nicht frustriert, eher enttäuscht.
Was ist das Enttäuschende?
Wir brauchen dringend neue Regeln, neue Motoren. Dazu müssen aber die Teams zustimmen. Sie stimmen aber nur dann zu, wenn es ihre eigenen Interessen nicht beschädigt. Ich kann sie aus ihrer Sicht sogar verstehen. Wenn ich Mercedes wäre, würde ich auch nicht sagen, die aktuelle Motorregel ist Müll. Sie haben den Erfolg schließlich verdient, weil sie den mit Abstand besten Job gemacht haben.
Red Bull droht mit Ausstieg, wenn die Formel 1 nicht mehr spannrnder wird. Nehmen sie solche Drohungen ernst? Red Bull hat schließlich einen Vertrag unterschrieben, der sie bis 2020 verpflichtet, an der Formel 1 teilzunehmen?
Es gab auch früher schon Beispiele, das Teams oder Hersteller ausgestiegen sind, obwohl sie einen Vertrag hatten. Wenn einer nicht mehr dabei sein will, kann man ihn schlecht dazu zwingen.
Sie wollen wieder eine einfachere Formel 1. Am liebsten mit einem Einheitsmotor und einem Einheitschassis. Dann würden sie einem Engagement von VW beispielsweise oder Audi doch sicher kritisch entgegenstehen?
Nein überhaupt nicht. Ich habe immer offene Türe für neue Leute.
Ist die Absage des Großen Preises von Deutschland ein Warnschuß für alle Rennen in Europa? Beispielsweise für Monza?
Auch Monza könnte es treffen. Was Deutschland betrifft, kann ich folgendes nicht verstehen: Für die Olympischen Spielen, die Schwimm-WM oder die Leichtathletik-WM geben sie auch eine Mengel Geld aus. Für die Formel 1 aber nicht.
Heißt das, die Formel 1 wird immer mehr in Länder gehen müssen, in denen der Staat aus Prestigegründen die Antrittsgelder (immer zweistellige Millionensummen) auf den Tisch legt. Wie es in China der Fall ist, in Russland, Bahrain, Abu Dhabi oder nächstes Jahr in Aserbaidschan?
Nein, das heißt das nicht unbedingt. Es muss doch in Deutschland möglich sein, 100.000 Tickets zu verkaufen. Vor allen Dingen, wo ich dem deutschen Staat doch schon mit einer Subvention von 100 Millionen Dollar unter die Armen gegriffen habe (Ecclestone grinst: Er meint die Strafe, die ihm das Gericht in München 2014 wegen Bestechung eines Beamten aufgebrummt hat).
Können Sie denn das Rennen in Deutschland 2016 garantieren?
Nein, kann ich nicht. Ich kann eigentlich gar kein Rennen garantieren. Ich habe nämlich im Laufe der Zeit gelernt, dass Verträge, die man hat, oft nichts wert sind.
Sind Sie mit Lewis Hamilton als Weltmeister zufrieden?
Ja, er repräsentiert unseren Sport besser als jeder andere. Die meisten Fahrer glauben nämlich immer noch, ihr Job wäre mit dem reinen Autofahren getan. Lewis sagt immer, was er denkt. Er geht auch gern mal auf den roten Teppich oder trägt dieses Bild von Andy Warhol um den Hals. Lewis ist ein perfekter Botschafter für die Formel 1.
Ist er auch der beste Fahrer? Wer würde den auf dem von Ihnen gewünschten Auto mit Einheitsmotor und Einheitschassis gewinnen?
Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube aber, dass Lewis Hamilton, Fernando Alonso und Sebastian Vettel es unter sich ausmachen würden.
Die großen Hersteller haben Ihre Macht in der Formel 1 eingeschränkt. Wünschen Sie sich trotzdem, dass VW beziehungsweise Audi in die Formel 1 einsteigen?
Bei mir stehen immer die Türen offen für neue Hersteller. Ich würde sie herzlich willkommen heißen.