Meine Kolumne zu Sebastian Vettels erstem Sieg im Ferrari beim Großen Preis von Malaysia.
Diesmal gab es (fast) nur Gewinner in der Formel 1 nach dem Rennen im Glutofen von Malaysia. Der überglückliche Sebastian Vettel, der sich – mit Tränen in den Augen auf italienisch – bei seiner Mannschaft und auf hessisch („Heute hamma se fertisch gemacht!“) bei seinen Fans in der Heimat bedankte. Euphorische Ferraristi in Sepang an der Strecke und in Italien. Ein Lewis Hamilton, der zwar von Vettel geschlagen wurde, die WM-Führung aber behielt und – fast am wichtigsten für ihn – wieder vorm ungeliebten Teamkollegen Nico Rosberg ins Ziel fuhr. Und die Fans, die endlich wieder einen anderen Sieger feiern konnten, als einen Mercedes-Piloten. Das durften sie das letzte Mal im August Spa 2014 erlebten. Den GP von Belgien staubte damals Red Bull-Pilot Daniel Ricciardo ab – nachdem sich Rosberg und Hamilton durch eine Kollision schon in der zweiten Runde aller Siegchancen beraubt hatten.
Vettel war lange im Freudenrausch. Noch drei Stunden nach dem Rennen in Malaysia konnte sich Sebastian Vettel erinnern, was ihn im vorging, als er die Zielflagge beim Großen Preis von Malaysia sah. „Ich fühlte mich wie im Schleudergang einer Waschmaschine mit 1600 Umdrehungen“, sagte der Heppenheimer, der schon in seinem zweiten Rennen für Ferrari der erste Sieg gelang. Er konnte selbst noch nicht ganz glauben, womit auch sonst niemand nach der Mercedes-Überlegenheit beim Auftaktrennen in Melbourne vor zwei Wochen rechnen konnte: Die beiden Silberpfeil-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg geschlagen zu haben. Indes: Zufall war der Ferrari-Sieg nicht, sondern eine Mischung aus Kalkül, Disziplin und höchster Fahrkunst. „Wir wussten“, sagte Vettel, „dass wir nur eine Chance haben, wenn Mercedes schwächelt und wir gleichzeitig dann das Maximum aus uns herausholen. Genau dafür mussten wir bereit sein.“
Das war die Scuderia und die Italiener behielten als einzige in der Gluthitze von Sepang Kopf und Reifen kühl. Denn genau das war das Erfolgsgeheimnis. Unter normalen Bedingungen ist der Mercedes immer noch eine Sekunde pro Runde schneller als der Ferrari. Doch die Umstände waren diesmal nicht normal. Bis zu 60 Grad Temperatur auf dem Strassenbelag waren zuviel für Mercedes. Sie waren gezwungen, dreimal an der Box die Reifen zu wechseln. Vettel aber schaffte es mit dem schwarzen Gummi so hauszuhalten, dass er sich einen Stopp ersparte, der mit Boxen-Einfahrt-und Ausfahrt und Räderwechsel immerhin 24 Sekunden kostet. „Heute hatten wir keine Chance gegen den Ferrari,“ gab denn Weltmeister Hamilton auch zu, „es war unmöglich für uns, zwei Stopps zu machen. Unser Reifenverschleiss war einfach zu gross dafür.“
„Wichtig war es“, ergänzt Vettel, „beim Start keinen Platz zu verlieren. Die frühe Safety-Car-Phase spielte mir in die Karten, weil ich auf der Strecke bleiben konnte, während beide Mercedes zum Reifenwechsel kamen. So lag ich in Führung und konnte meinen Stiefel herunterfahren. Ich musste aber immer diszinipliert bleiben und mich strikt an das Programm halten, das wir bereits nach dem Qualifying festgelegt hatten. Das hieß, die Balance zu finden zwischen schnellem Fahren und richtigem Reifenhaushalt.“
Der erste Ferrari-Sieg seit 35 sieglosen Rennen (Fernando Alonso gewann im Mai 2013 den GP von Spanien) zeichnete sich bereits im verregneten Qualifying ab. Am Samstag schon sprengte Vettel das Mercedes-Duo und verlor die Pole Position nur um eine Zehntelsekunde gegen Weltmeister Hamilton. „Da habe ich mich noch ein wenig geärgert“, verriet Vettel, „denn in der letzten Kurve hatte ich einen kleinen Schlenker, der mich die Pole Position gekostet hat.“ Allein: Diese Selbstkritik selbst im Erfolgsfall ist eine Stärke Vettels, die er jetzt schon auf Ferrari übertragen hat. Nach den Glückstränen auf dem Siegerpodest, der Euphorie bei der Siegerehrung und einem verschobenen Heimflug, um am Abend mit dem Team den Sieg noch zu feiern, muss die Devise jetzt heißen: Bloß nicht blenden lassen vom ersten Sieg und dem zwischenzeitlichen zweiten Platz in der Fahrer-WM.
Denn bei den Italienern passiert das nur allzu leicht. Der Reporter einer Tageszeitung aus der Alpenrepublik lief schon jubelnd durchs Fahrerlager von Sepang. „Vettel Superstar, wir sind so stolz auf ihn!“ Fußball-Fan Vettel will lieber „den Ball flach halten, denn schon in zwei Wochen in China wird Mercedes wieder vor uns sein, weil es dort erfahrungsgemäß wesentlich kühler sein wird. Wir müssen jetzt konstant und akribisch weiterarbeiten, um Zehntel um Zehntel am Mercedes-Vorsprung abzukratzen. Um so schnell wie möglich auch dann gewinnen zu können, wenn Mercedes keine Probleme hat.“