ABMS-Reporter Ralf Bach berichtet in seiner Insider-Kolumne aus dem Fahrerlager in Hockenheim.
Sebastian Vettel verbrachte nach dem verpatzten Heimrennen noch eine Nacht in seiner Heimatstadt Heppenheim. Das beschauliche Städtchen ist ja auch nur 50 Kilometer vom Hockenheimring entfernt.
Dort wartete die Familie auf ihn, Mutter Heike kochte zur Frustbewältigung seine hessischen Lieblingsgerichte. Schon vorher hatte er sein Pech in der Sachskurve abgehakt. „Mund abwische und weidda“, sagte er mir zum Abschied auf hessisch. „In Budapest wird wieder Attacke gemacht.“
Die 17 Punkte Rückstand sieht er locker. „Wir haben ein sehr gutes Auto, das auf jeder Strecke funktioniert. Und es hat immer noch Entwicklungspotential. Das stimmt mich zuversichtlich.“
Zwei Rennfahrerfreunde hat Vettel übrigens. Das sagt er auch jedem, der ihn danach fragt: „Timo Glock und Pascal Wehrlein.“ Beide wohnen mittlerweile in seiner Nähe auf der Schweizer Seite des Bodensees. Mit beiden trifft er sich privat.
Beide fahren in der DTM gegeneinander. Glock bei BMW, Wehrlein bei Mercedes. Die beiden sind mit ein Grund, warum sich Vettel alle DTM-Rennen anschaut. „Natürlich drücke ich beiden die Daumen,“ grinst der Heppenheimer, „beiden gleich.“
Bei Wehrlein fungiert Vettel dazu noch als eine Art Mentor. Liegt daran, dass Wehrlein im Gegensatz zu Glock wesentlich jünger ist als Vettel. „Pascal ist ein Riesentalent,“ sagt der Ferrari-Superstar, der Wehrleins Vorbild ist. „Er hatte bisher das Pech, in seinen zwei Jahren in der Formel 1 bei Manor und Sauber nicht in den richtigen Autos zu sitzen.
Doch wer genau hinschaute, konnte sein großes Potential sehen. Ich hoffe es findet sich jemand, der ihm noch mal eine Chance in der Formel 1 gibt. Wer es auch immer ist: Er wird es nicht bereuen.“
Noch wichtiger für Vettel ist aber: „Pascal ist ein richtig netter Kerl. Extrem bodenständig. Viele Leute, die ihn nicht kennen, bewerten ihn einfach falsch.“
Timo Glock, der als RTL-Experte vor Ort war, hat Vettel übrigens seine Pole in Hockenheim zu verdanken. Meine Kollegin Bianca Garloff saß daneben, als Glock im freien Training bemerkte: Vettel fährt die erste Kurve noch nicht optimal. Direkt schrieb er seinem Kumpel eine SMS. Später gab der Heppenheimer sogar zu, zwei entscheidende Zehntel in der Kurve nach Start-Ziel dank Timos Tipps geholt zu haben.
Glock: „Ich bin die Kurve im DTM-Training früh am Morgen, als ich noch verschlafen war, aus Versehen mal anders gefahren. Später stellte sich heraus, dass die Variante sogar schneller war. Das habe ich Seb erzählt. Die Details verrate ich aber nicht, dann machen es ja alle so.“
Die Mercedes-Chefs, angeführt von CEO-Dieter Zetsche, konnten erst wieder durch Lewis Hamiltons Glückssieg richtig jubeln. Was sie bei der Fahrerparade hören mussten, konnte ihnen nicht gefallen haben. Hamilton wurde gnadenlos im Motodrom ausgebuht. „Weichei“ und „Neymar“ waren die Worte, die am häufigsten fielen.
Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve dazu: „Lewis darf sich nicht darüber wundern. Er verwechselt die Formel 1 mit Hollywood. Alles, was er macht, ist inszeniert. In den sozialen Medien stellt er sich dar, als wäre er Jesus.
Wie er sich nach seinem Problem im Training vor sein Auto kniete – das sah aus wie das Leiden Christi. Sein Instagram-Post nach dem Training las sich wie die Bergpredigt. Auf dem Podium gestikulierte er so dramatisch nach oben, dass jeder sehen sollte, wer ihm den plötzlichen Regen gesandt hatte.“
Der Kanadier ließ es sich auch nicht nehmen, Hamiltons Teamkollegen Valtteri Bottas ironisch mitzuteilen: „Du weißt schon, dass Jesus Christus Dein Teamkollege ist, oder?“ Der Finne antwortete mit einer Geste von ungläubigem Grinsen…
Schon nach dem Rennen in Ungarn könnte es zu einem Erdbeben auf dem Fahrermarkt kommen. Spätestens aber 2019. In Hockenheim gab es geheime Gespräche in die folgende Richtung: Mercedes-Junior Esteban Ocon wechselt von Force India zu Renault und ersetzt dort den Spanier Carlos Sainz.
Der Spanier wiederum soll bei McLaren fahren und dort Stoffel Vandoorne ersetzen, der nicht mehr erwünscht ist. Sainz´ Landsmann Fernando Alonso soll das möglich machen. Der spanische Superstar soll schon lange die Macht im Team haben – munkelt man –, und er ist ein guter Freund der ganzen Sainz-Familie.
Bei Force India wiederum soll der britische Mercedes-Junior George Russell platziert werden. Russell fährt im Moment in der Formel 2. Sein größter Vorteil ist aber: Seine Eltern sind eng mit James Vowles (dem Mercedes-Juniorbeauftragten) und mit Susie, der Ehefrau vom Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, befreundet.
„Russellbande“ ist deshalb längst der Spitzname, den Mercedes im Fahrerlager genießt. 2019, das scheint sicher zu sein, wird Milliardärssohn Lance Stroll bei Force India fahren. Sein Vater Lawrence ist es leid, seine Millionen bei Williams zu verprassen und hat wohl die Mehrheitsanteile beim klammen Force-India-Team gekauft.