So erlebt Ralf Bach das Comeback des Frankreich GP in Le Castellet in 2018.
Der Großer Preis von Frankreich ist wieder zurück!
Überall ist das Lebensmotto der Franzosen auf dem
Kurs in Le Castellet zu spüren. Die französische Armee hat null Hemmungen, mit einer Kunstflugstaffel in engem Formationsflug über den Köpfen der Zuschauer die französischen Nationalfarben in den blauen Provencehimmel zu rauchen.
Die Trikolore weht überall. Croissants und Baguette liegen an jeder Ecke bereit. Sogar eine Boulebahn wurde ins Fahrerlager gelegt, damit auch der letzte weiß, dass er sich gerade im Hoheitsgebiet der Grande Nation befindet.
Die Franzosen sind happy, dass die Formel 1 zurück ist
Die Franzosen zeigen einen Nationalstolz, der nicht unangenehm wirkt. Da wundert es auch nicht, dass das erste Formel-1-Rennen in Frankreich seit zehn Jahren zum größten Teil mit öffentlichen Geldern finanziert wurde und niemand darüber schimpft. Dies alles wäre in Deutschland anders. Aber deshalb auch besser?
Trotz des Umbaus der Rennstrecke vom Kultkurs mit langen Geraden und einer superschnellen Kurve zur modernsten Rennstrecke der Gegenwart – die künstlich bewässert werden kann und bis zu 180 verschiedene Streckenvarianten bietet – scheint ansonsten die Uhr aufgehört haben zu ticken, seit Alain Prost hier 1990 das letzte Mal gewann.
Die Verkehrsstaus gibt es immer noch trotz Google Map und modernsten Navisystemen und es hat nicht den Eindruck, dass die Polizisten ernsthaft dagegen kämpfen, sondern sie eher als in die Natur gemeißelte Begebenheit akzeptieren wie den Duft der Provence-Pinien, die seit Jahrzehnten mit ihrem speziellen Duft Urlaubsstimmung verbreiten.
Und: Die französischen Polizisten sind immer noch nicht bereit, ihre Befehle flexibel auszulegen und Ausnahmen zu gestatten. Auch ein Sebastian Vettel durfte eine gesperrte Straße nicht passieren. Reines Glück, dass Sie ihn nicht verhaftet haben. Denn er fuhr einfach weiter. Wahrscheinlich war er auf seinem Roller zu schnell…
Was unsere wahren Freunde und Nachbarn aus Frankreich hauptsächlich von uns unterscheidet: Während unsere Lichtgestalt Franz Beckenbauer nach den Ungereimtheiten der WM-Vergabe frustriert in die Dunkelheit abgetaucht ist, scheint Kaiser Franz‘ französisches Pendant heller denn je.
Alain Prost ist in Le Castellet omnipräsent. Man hört den Vierfachweltmeister zuerst in diversen Radiostationen schon bei der Anfahrt zur Strecke, dann steht er leibhaftig vor einem. Und ist nicht nur zu einem netten Gespräch bereit, weil er als
Renault-Botschafter dazu verpflichtet ist.
Alain Prost ist mittlerweile Renault-Botschafter
Prost sieht nicht aus, wie jemand der 63 Jahre alt ist. Der Händedruck ist extrem kräftig, das Lächeln jugendlich. Sein Körper ist durchtrainiert. Wüsste man es nicht besser, er könnte sogar noch als Fahrer der heutigen Formel-1-Generation durchgehen. Alain Prost fährt sogar noch Autorennen.
„Nur so zum Spaß“, auf vereisten Rundstrecken mit Rallyeautos. Am Fuß des Mont Blanc oder auf anderen Eispisten seiner französischen Heimat. In der Formel 1 ist Prost auch wieder aktiv. Bei Renault.
„Ich bin einerseits Botschafter und andererseits Berater. Ich helfe Renault, in der Formel 1 dabei, richtige Entscheidungen zu treffen.“ Gegen den Vergleich mit seinem ehemaligen McLaren-Teamkollegen 1984 und 1985 wehrt er sich nur halbherzig.
„Also eine Art Niki Lauda von Renault?“ „Nein, nein“, lächelt Prost: „Ich habe keine Anteile bei Renault wie sie Niki bei Mercedes hat. Ansonsten, vielleicht ähnlich, ja.“
Letzter Sieger in Le Castellet: Alain Prost 1990
Sein Motto heute: „Einfach nichts zu tun, geht für mich nicht, ich muss immer in Bewegung bleiben. Ich bin ein Rennradfreak. Das Fahrrad entspricht meinem Bedürfnis, mich körperlich zu verausgaben.
Mein erstes Rad war chromfarben, himmelblau. Heute besitze ich mehrere Rennräder, ich bin fasziniert von ihrer Technologie. Ich fahre ja selber als Amateur Fahrradrennen, das ist kaum bekannt.“
Der ewig junge kündigt an: „Ich will an den diesjährigen Weltmeisterschaften für Radamateure teilnehmen, die vom 30. August bis 2. September in Varese (Italien) stattfinden.“ Dafür verfolge er im Moment eine strenge Diät.
Radikonen sind seine wahren Helden des Sports. Eddy Merckx, Laurent Fignon, und natürlich, die französische Lichtgestalt auf zwei Rädern: Bernard Hinault. Prost: „Bei ihm prägten sich nicht nur seine Anzahl der Siege ein. Es ist seine Art des Seins, auch der Entsagung.“ Vive la France!