Mick Schumacher

Mick Schumacher wird am 13. Oktober für Rahal Letterman Lanigan einen IndyCar-Rennwagen testen. Chancen auf einen Wechsel gibt es durchaus.
Mick Schumacher (26) will einen Tapetenwechsel. Zwei Jahre lang war der Sohn von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher für Alpine in der Sportwagen-WM unterwegs. Option eins war immer die Formel 1. Aber Cadillac setzt im ersten Jahr als neuer Rennstall lieber auf die erfahrenen Piloten Sergio Pérez und Valtteri Bottas. Und Flavio Briatore, 1994 und 1995 bei Benetton Schumis erster Weltmeister-Teamchef und jetzt wieder Chefberater bei Alpine, lehnt die Verpflichtung von Mick Schumacher ebenfalls ab.
Die Formel 1 war immer die große Liebe von Mick Schumacher. Und wenn es der GP-Sport schon nicht sein kann, dann wenigstens eine andere Serie mit offenen Cockpits. „Ich bin ein großer Fan des Formelsports“, gibt der 26-Jährige unumwunden zu.
Gewiss: Die Sportwagen-WM boomt, lockt mehr als zehn Hersteller an, beinhaltet das prestigeträchtige 24 Stundenrennen von Le Mans. Und doch war es nie die große Leidenschaft von Schumi Junior. Auf der Strecke in Austin zeigt sich: Die Autos sind 20 Sekunden langsamer als die Formel-1-Flitzer. Dazu kommt, dass sich in der Sportwagen-WM drei Fahrer ein Auto teilen. Nur den absoluten Motorsport-Freaks ist aufgefallen, dass Schumacher – einer von 58 Fahrern in dieser WEC-Saison – einer der schnellsten im Feld war.
Deshalb liebäugelt Schumacher nicht zum ersten Mal mit der IndyCar. Im vergangenen Jahr besuchte er das Indy 500, Teamchefs wie Dale Coyne haben Gespräche bestätigt. Nun testet er am 13. Oktober auf der Rundstrecke in Indianapolis einen 750 PS starken Dallara-Honda von Rahal Letterman Lanigan Racing. Wie sehr Mick Schumacher den Wechsel ins amerikanische Formel-1-Pendant will, zeigt sich allein in diesem Satz zum IndyCar-Test: „Ich freue mich einfach, wieder ein Auto zu fahren, bei dem ich die Räder sehen kann.“
Bleibt die Frage: Wie gut stehen die Chancen auf einen Wechsel von Schumacher in die IndyCar? Für ihn geht es beim Test erstmal darum, die neuen Autos kennenzulernen. IndyCars sind physisch anstrengende Rennwagen: 2,2-Liter-V6-Biturbos mit 750 PS, keine Servolenkung, 66 Prozent des Abtriebs werden mechanisch über den Unterboden erzeugt statt aerodynamisch durch Flügel. Das erleichtert das Überholen, erschwert aber das Fahren an sich.
Für Rahal Letterman Lanigan ist der Test mehr oder wenig eine Pflicht. Teams bekommen mehr Testtage, wenn sie neuen Fahrern eine Chance geben. Auch andere Teams nutzen in den kommenden Tagen und Wochen diese Chance, Extra-Kilometer zu absolvieren. Penske lässt zum Beispiel den Ex-Formel-1-Fahrer Felipe Nasr ans Steuer. McLaren gibt Enzo Fittipaldi eine Testchance. Er ist der Enkel von Emerson Fittipaldi, der nicht nur zwei Mal Formel-1-Weltmeister war, sondern auch einmal IndyCar-Champion und zwei Mal die Indy 500 gewann, den Saisonhöhepunkt der IndyCar. Ein Sieg dort ist fast schon wichtiger als der Meistertitel.
Trotzdem hat der Test von Mick Schumacher für Rahal Letterman Lanigan einen ernsteren Hintergrund als beispielsweise die Ausfahrt von Nasr oder Fittipaldi. Denn die Mannschaft erwägt für 2026 einen Strategiewechsel mit dem dritten Auto.
Zum Hintergrund: Offiziell hat Rahal Letterman Lanigan für 2026 kein Auto zu besetzen. Drei Fahrer haben Verträge für nächste Saison: Graham Rahal, Louis Foster und Devlin DeFrancesco. Foster, 2024 Meister der IndyCar-Nachwuchsserie Indy NXT, gilt als fix. Rahal ist der Sohn von Bobby Rahal, Sieger des Indy 500 von 1986, zweimaligen GP-Teilnehmer (1978 für Wolf) und neben Talkmaster David Letterman sowie Geschäftsmann Mike Lanigan Mitbesitzer des Rennstalls. Weil Graham Rahals letzter Sieg bereits acht Jahre her ist (Detroit 2017), kam immer wieder die Idee auf, dass sich der 36-Jährige vom Rennfahren verabschieden und ins Teammanagement wechseln könnte. Vorerst will er aber weitermachen.
Der Platz von Devlin DeFrancesco wackelt dagegen. Der Kanadier ist seit drei Jahren in der IndyCar, erst zwei Jahre für Andretti Steinbrenner Racing, 2025 dann für Rahal Letterman Lanigan. Nie war er besser als Zwölfter. Die Saison 2025 schloss er auf Platz 26 ab.
Dazu kommt: Seit Rahal Letterman Lanigan (ab 2022) ein drittes Auto einsetzt, war der jeweilige Fahrer nie besser als Rang 20 platziert. Deswegen erwägt das Team für 2026 zwei Optionen: Entweder wird das dritte Auto und damit der Startplatz an einen anderen Rennstall verkauft, um sich wieder voll den anderen beiden Fahrern zu widmen. Oder aber Rahal Letterman Lanigan verzichtet auf einen Bezahlfahrer im dritten Auto und holt einen schnellen Piloten, der dann auch was kostet. Und hier könnte Schumacher ins Spiel kommen. Zumindest wenn er beim Test gut abschneidet. Und wenn Rahal Letterman Lanigan DeFrancesco aus dem Vertrag boxen kann.
Grundsätzlich befindet sich Rahal Letterman Lanigan im Aufwind. Für das Indy 500 sicherte sich das Team als Gaststarter die Dienste von Takuma Sato, der beim Sieg von Michael Schumacher 2004 beim USA-GP in Indianapolis im BAR-Honda Dritter wurde, 2020 zum bisher letzten Mal für Rahal das Indy 500 gewann und inzwischen 48 Jahre alt ist. Trotz seines fortgeschrittenen Alters holte er sich für die diesjährige Ausgabe Platz zwei.
Außerdem: Rahal Letterman Lanigan wird 2026 nicht mehr das LMDh-Projekt von BMW in der amerikanischen IMSA-Sportwagenmeisterschaft leiten. Gutes Personal wechselt stattdessen ins IndyCar-Team.
Für Mick Schumacher gibt es noch eine zweite mögliche Option in der IndyCar: McLaren. Für den britischen Sportwagenbauer ist Schumi Junior auch für das LMDh-Projekt ab 2027 in der Sportwagen-WM im Gespräch. Zwar hat McLaren auch schon alle drei IndyCar-Fahrer fix (Pato O’Ward, Christian Lundgaard, Nolan Siegel), aber für das legendäre Indy 500 setzt McLaren immer ein viertes Auto ein – das mit einem prominenten Namen besetzt ist: 2020 war das Fernando Alonso, 2021 und 2022 Juan Pablo Montoya, 2023 Tony Kanaan sowie 2024 und 2025 NASCAR-Champion Kyle Larson.
Larson hat bereits angekündigt, 2026 nicht mehr beim Indy 500 starten zu wollen. Der Platz wäre für Mick Schumacher also neben einem Aufbauprogramm für die WEC frei. Und er könnte eine Eintrittskarte für mehr sein: 2025 hat Nolan Siegel bei McLaren enttäuscht, zumindest für 2027 wackelt sein Cockpit.
So oder so würde Schumacher Geschichte schreiben: Der letzte Deutsche in der IndyCar war Lucas Luhr 2013 bei einem Gaststart für Sarah Fisher Hartmann Racing. Der letzte Deutsche mit einer vollen Saison war Timo Glock 2005 bei Rocketsports. Und die letzten Deutschen beim Indy 500 waren 1923 Max Sailer, Christian Werner und Christian Lautenschlager (der 1908 als erster Deutscher auch einen Grand Prix gewann) für Mercedes.
Schumachers neuer Berater Dirk Müller ist in den USA gut vernetzt, seit er in der amerikanischen Sportwagenmeisterschaft um Siege und Titel kämpfte – unter anderem übrigens für das Rahal-Team. Müller hat den IndyCar-Test für Mick Schumacher auch eingefädelt. Am 13. Oktober wird sich zeigen, ob daraus mehr werden könnte.
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