Pierre Gasly hat mit seinem Sensationssieg in Monza Geschichte geschrieben. Nach acht Jahren kam es wieder zu einem Erfolg eines Underdogs.
Dass diese Formel-1-Saison 2020 verrückt werden würde, war ja zu erwarten. Aber dass dieser Fluch nach 147 Rennen enden würde, das hätten wohl die wenigsten geglaubt. Seither hat nämlich immer ein Fahrer aus einem der drei Teams Red Bull, Mercedes oder Ferrari gewonnen. Eine solche Zweiklassen-Gesellschaft gab es zuvor in der Formel-1-Geschichte noch nie.
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Beim Australien-GP 2013 siegte mit Kimi Räikkönen im Lotus-Renault der letzte Fahrer, der nicht für diese drei Teams einen Grand Prix für sich entschied. Allerdings: Damals war Lotus durchaus ein Außenseiter-Kandidat für einen Sieg.
So richtig spektakulär wird es vor allem dann, wenn richtige Underdogs gewinnen, wie jetzt in Monza. Pierre Gasly fährt immerhin für jenen Rennstall (Alpha Tauri), der nach der Hälfte der Saison – auch nach dem Sieg noch – auf Rang sieben der Konstrukteurs-WM steht. Es war der erste Underdog-Sieg seit dem Triumph von Pastor Maldondo 2012 in Spanien.
Pierre Gasly (Alpha Tauri-Honda) Italien-GP 2020: Mercedes dominiert auch die Saison 2020, doch die anderen Topteams Red Bull und vor allem Ferrari schwächeln. So sind plötzlich Teams wie McLaren und Racing Point im Rennen um ein Podium. Beim Italien-GP schwächelt dann auch noch Mercedes-Pilot Valtteri Bottas, Red Bull-Vorzeigefahrer Max Verstappen fällt mit einem Motordefekt aus und Lewis Hamilton kommt an die Box, obwohl diese geschlossen war. Die Strafe wirft ihn zurück und plötzlich gewinnt einer, den keiner auf der Rechnung hatte: Pierre Gasly im Alpha Tauri-Honda.
Pastor Maldonado (Williams-Renault) Spanien-GP 2012: Eigentlich war Maldonado aus Venezuela der Crashpilot des Jahres. Doch ein Highlight konnte er in seiner Karriere setzen: den Sieg beim Spanien-GP 2012 im unterlegenen Williams-Renault. Wie kam es dazu? Pirelli brachte 2012 Reifen an den Start, die kein Team wirklich verstand. In den ersten sieben Rennen siegten daher sieben verschiedene Fahrer. In Barcelona war plötzlich Williams ganz schnell. Maldonado profitierte auch davon, dass Lewis Hamilton die Pole-Position aberkannt wurde und nach hinten musste. Maldonado fuhr also von vorn los und hielt Fernando Alonso mit dessen Ferrari das ganze Rennen fehlerfrei auf Distanz.
Sebastian Vettel (Toro Rosso-Ferrari) Italien-GP 2008: Es war die Sternstunde eines späteren Champions. Toro Rosso ging erst zwei Jahre zuvor aus dem Hinterbänklerteam Minardi hervor. Unter Red Bull-Besitz und mit Gerhard Berger als Teamchef agierte Toro Rosso in Monza 2008 perfekt: Während alle anderen Teams im Regentraining kaum auf die Bahn gingen, drehten Vettel und Sébastien Bourdais fleißig ihre Runden. Der Lohn: Auch im Quali und Rennen regnete es – Vettel holte sich sensationell die Pole-Position und den Sieg!
Giancarlo Fisichella (Jordan-Ford Cosworth) Brasilien-GP 2003: Ein Regenrennen sorgte damals für Chaos: Viele Fahrer crashten, darunter auch Michael Schumacher. Zwei Runden vor Schluss übernahm Giancarlo Fisichella im Jordan-Ford, ein Team, über das der Pleitegeier kreiste, die Führung. Dann wurde das Rennen abgebrochen, weil Mark Webber und Fernando Alonso schwere Unfälle hatten. Erst wurde Kimi Räikkönen zum Sieger erklärt, weil er zwei Runden davor noch die Führung hatte und bei einem Abbruch entsprechend die zwei Runden davor gewertet wurden. Doch Wiederholungen zeigten, dass Fisichella schon die Ziellinie für die dritte Führungsrunde passierte und daher der Sieger des Rennens war.
Johnny Herbert (Stewart-Ford) Europa-GP 1999: Das wechselhafte Eifelwetter mischte das Feld durcheinander. Heinz-Harald Frentzen (Kupplung), Ralf Schumacher (Plattfuß), David Coulthard (Dreher) und Giancarlo Fisichella (Unfall) schieden jeweils in Führung liegend aus. Dadurch holte sich Johnny Herbert den Sensationssieg im Stewart-Ford, dem Team von Ex-Weltmeister Jackie Stewart. Es ist das einzige Rennen der F1-Geschichte, in denen nur Fahrer auf dem Podest standen, die für ein Team eines Ex-Weltmeisters fuhren, denn Zweiter wurde Jarno Trulli im Prost-Peugeot, Dritter Rubens Barrichello im zweiten Stewart-Ford.
Damon Hill (Jordan Mugen-Honda) Belgien-GP 1998: Nach dem WM-Titel 1996 hatte Damon Hill bei der Teamwahl kein gutes Händchen mehr. 1997 wechselte er zu Arrows-Yamaha, wo er aber den Ungarn-GP fast gewonnen hätte. 1998 ging er zu Jordan, ein lustiges und aufstrebendes Team, aber ohne Chance auf Siege. Doch beim Belgien-GP sorgte Regen für den größten Massencrash der Formel-1-Geschichte und weiteres Chaos. Michael Schumacher fiel zum Beispiel aus, weil er beim Überrunden in das Heck von David Coulthard knallte. Damit war Hill vorn. Sein Teamkollege Ralf Schumacher holte zwar auf den Briten auf, aber durfte ihn nicht mehr angreifen.
Olivier Panis (Ligier Mugen-Honda) Monaco-GP 1996: Nur drei Autos erreichten in einem völlig verrückten Regen-GP die Ziellinie. Michael Schumacher krachte auf feuchter Bahn schon in der ersten Runde in die Leitschiene. Olivier Panis kam völlig überraschend zum Sieg – seinem einzigen in der Karriere.
Alessandro Nannini (Benetton-Ford) Japan-GP 1989: Alessandro Nannini war ein kettenrauchender, fauler, aber äußerst talentierter Fahrer – mit der berühmten Rocksängerin als Schwester. Beim Japan-GP siegte er sensationell, weil sich die beiden McLaren-Fahrer im Titelkampf ins Auto fuhren – ein Höhepunkt im Kampf Senna gegen Prost. Ayrton Senna konnte zwar weiterfahren, aber er wurde disqualifiziert, weil er die Schikane beim Zurückkommen auf die Strecke abgekürzt hat. Senna war sauer, Nannini gewann. Ein Jahr später holte sich Benetton mit Nelson Piquet und Roberto Moreno sogar einen Doppelsieg.
Gerhard Berger (Benetton-BMW) Mexiko-GP 1986: Dass Benetton Jahre später mal ein Weltmeisterteam werden würde, war 1986 nicht abzusehen. Der Kleiderhersteller kaufte sich 1986 das Toleman-Team, war aber lediglich im Mittelfeld anzutreffen – trotz der Turbo-Power von BMW und Gerhard Berger am Steuer. Aber beim Mexiko-GP siegte Berger völlig überraschend, weil seine Pirelli-Reifen das ganze Rennen über hielten, während die Topstars an die Box und die Goodyear-Walzen wechseln mussten.
Alan Jones (Shadow-Ford Cosworth) Österreich-GP 1977: Der Österreich-GP war damals ein Garant für Überraschungssiege: 1975 gewann Vittorio Brambilla für March, 1976 John Watson für Penske. Und 1977 schlug die Stunde für das Shadow-Team und Alan Jones, von Platz 14 gestartet. Shadow machte bei wechselhaften Bedingungen alles richtig bei der Wahl der Reifen. Und Jones leistete sich keinen Fehler.
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