Seit Freitag ist es offiziell: Stefano Domenicali ist neuer Formel-1-Chef. Und die Szene ist begeistert.
Ex-Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali (55) wird neuer Formel-1-Chef. Das ist seit Freitag offiziell. Und sorgt im Fahrerlager für Begeisterung. Das größte Kompliment kommt von Rekordjäger Lewis Hamilton höchstpersönlich. „Ich glaube nicht, dass ich einen Besseren hätte wählen können, um die Nachfolge von Chase Carey anzutreten“, so der Brite. „Er hat tolle Arbeit geleistet, mit einer tollen Herangehensweise. Stefano tritt in große Fußstapfen. Er hat ein großes Herz, Sinn für Familie, gute Moral. Ich sehe das positiv.“
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Auch McLaren-Teamchef Andreas Seidl glaubt, Domenicali sei wie geschaffen für den Job. Der Bayer: „Bei seiner ganzen Erfahrung aus Mugello, von Ferrari, von Lamborghini. Ich schätze ihn sehr hoch ein, auch als Persönlichkeit, als Motorsport-Mann mit Leidenschaft.“ Nachdem Domenicali bei Audi das Formel-1-Engagement anschieben sollte, habe er kurz auch mit Seidl – damals noch bei Porsche – zusammengearbeitet. „Er hat mir dort bei einem speziellen Projekt viel geholfen“, verrät der jetzige McLaren-Teamchef. Ob es sich dabei um einen Einstieg in die Formel 1 handelte? Seidl will es nicht verraten.
F1-Insider.com weiß aber: Im September 2015 stand Audi bereits kurz davor, mit Red Bull als Werksteam die Königsklasse zu entern. Domenicalis Deal scheiterte am Diesel-Skandal und nur wenigen Tagen.
Auch jetzt ist die Herausforderung für den Italiener ist groß. Die Corona-Pandemie sorgte zuletzt für einen Einbruch der Einnahmen, Nachhaltigkeit und Elektrifizierung beeinflussen auch den Motorsport. Domenicali muss neue Hersteller gewinnen, neue TV- und Streaming-Konzepte ersinnen und neue, lukrative Strecken finden. Immer getrieben vom Aktienkurs des im US-Technologieindex NASDAQ notierten Unternehmens.
Dabei brachte ihn nicht seine Ferrari-Connection zum neuen Job. Insider wissen: Renault-Vorstand Luca de Meo hatte ihn als Audi-Marketingvorstand bereits nach Ingolstadt geholt – und nun offenbar auch den Formel-1-Machern von Liberty Media empfohlen. Wohl auch aus purem Eigeninteresse: Das neue Concorde Agreement ist zwar unterschrieben, die Regeln ab 2022 stehen fest – genau wie die Budgetgrenze. Doch eine klare Vision fehlt der Königsklasse noch.
Dass das Triumvirat aus F1-Boss Domenicali, Sportchef Ross Brawn und FIA-Präsident Jean Todt trotzdem zu große Nähe zu Ferrari haben könnte, glauben die Protagonisten der Szene indes nicht. Red Bull-Teamchef Christian Horner: „Als wir gegen ihn als Ferrari-Teamchef angetreten sind, war er sehr integer, ein Racer, ein Gentleman. Und er versteht das Business. Ich glaube, er kann der Formel 1 viel Gutes tun und wird sicher sehr gewissenhaft auf seine Unabhängigkeit achten.“ Horner lacht: „Es wirkt zwar wie Ferrari zu Beginn der 2000er-Jahre, aber ich glaube nicht, dass daraus eine besondere Zuneigung zu Ferrari entsteht.“
Als kommerzieller Chef der Königsklasse ist es nicht Domenicalis Job, in den laufenden Wettbewerb einzugreifen. Das weiß auch sein Freund, Ferrari-Teamchef Mattia Binotto, der sagt: „Er wird dem Sport helfen, weiter zu wachsen und die junge Generation anzuziehen. Stefano hat sein Talent als Manager bewiesen, außerdem besonders viel Wissen über den Sport, kombiniert mit seiner Erfahrung und persönlichen Qualitäten.“
Bei so viel Lob stellt sich die Frage: Hatte der Italiener gar keine Gegner im Kampf um das Amt des höchsten Formel-1-Machers? Doch. Mercedes-Teamchef Toto Wolff gibt zu, was F1-Insider.com bereits geschrieben hat. „Ich denke, jeder weiß, dass es Gespräche mit Greg Maffei (Liberty-Präsident; d. Red.) gegeben hat – aber sie haben zu nichts geführt. Ich fühle mich bei Mercedes wohl und Ferrari hätte mich ohnehin nicht akzeptiert.“
Die Italiener hätten ihr Veto genutzt, um eine Verpflichtung Wolffs durch die Formel 1 zu verhindern. Indirekt haben sie so dafür gesorgt, dass ein ehemaliger roter Teamchef nun der mächtigste Mann der Formel 1 ist.
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