Mercedes-Doppelsieg in Bahrain: Großes Drama um Charles Leclerc, der den Sieg wegen eines technischen Defekts verliert. Sebastian Vettel patzt.
Es war nicht das Rennen, was Ferrari nach dem starken Qualifying erwartet hat. Charles Leclerc ereilt in Führung liegend der Ausfall eines seiner sechs Zylinder. Schlimmer noch trifft es Sebastian Vettel. Weil er selbst Schuld ist an der Misere. Im Duell mit Lewis Hamiltonum Rang zwei dreht sich der Deutsche – ohne Feindberührung.
Nix mit der Wiederauferstehung von Ferrari. In Bahrain gibt’s einen geschenkten Sieg für Lewis Hamilton! Ferrari-Neuling Charles Leclerc fährt drei Viertel des Rennens einem ungefährdeten Sieg entgegen, dann versagt einer der sechs Zylinder seines Motors…
Den Sieg erbt Mercedes-Star Hamilton vor Teamkollege Valtteri Bottas. „Charles hat einen super Job gemacht, der hätte das Rennen gewinnen müssen“, gibt der Brite zu.
Immerhin: Leclerc schleppt seinen waidwunden SF90, dem auf den Geraden so 40 km/h fehlen, auf Rang drei über die Ziellinie. „Ein bitterer Tag für uns“, sagt der Ferrari-Rookie. „Das Team hat trotzdem einen enormen Job gemacht, die fehlende Pace aus Australien wiedergutzumachen. Wir kommen stärker zurück. Ich will nicht aufs Ergebnis schauen, sondern aufs Potential.“ Sein Teamkollege Sebastian Vettel dagegen patzt und wird hinter Max Verstappen nur Fünfter.
Was ist passiert? Am Start ist die Vettel-Welt noch in Ordnung. Dort kommt der Deutsche besser weg als Teamkollege Leclerc, der von der Poleposition losfährt. Während Vettel als Erster in Kurve eins biegt, muss Leclerc zunächst auch Bottas passieren lassen. Doch in Runde zwei verschätzt sich der Finne, Leclerc nutzt die Situation gnadenlos aus und zieht vorbei. Genau übrigens wie Hamilton, der Dritter ist.
In Runde sechs funkt Leclerc: „Ich bin schneller, Jungs!“ Anschließend überholt er Vettel auf Start-Ziel. Der Deutsche macht scheinbar brav Platz. Danach will er zwar noch einmal kontern, steckt aber zurück. Eine heikle Szene zwischen den beiden Ferrari.
Runde 14: Leclerc und Hamilton kommen gleichzeitig zum Stopp. Vettel muss deshalb eine Runde länger draußen bleiben. Heißt auch: Hamiltons Undercut glückt – Vettel kommt hinter dem Mercedes zurück auf die Strecke.
In Runde 19 rutscht Hamilton nach einer Windböe kurz neben die Strecke. Vettel schließt bis auf 1,5 Sekunden auf. In Runde 23 funkt Hamilton: „Die Hinterreifen sind durch.“ Im Gegensatz zu beiden Ferrari hat der Mercedes weiche Reifen aufgezogen. Vettel ist jetzt im Attacke-Modus. In Runde 24 zieht er dank DRS am Weltmeister vorbei. Hamilton beschwert sich: „Ich bin eine sitzende Ente.“ Das ist freilich übertrieben, immerhin kann Hamilton dranbleiben.
In Runde 35 holt sich Hamilton zum zweiten Mal frische Pneus ab, diesmal mittelharte. Vettel biegt eine Runde später zum Service, doch Hamilton ist dran – und hat Lunte gerochen. Den ersten Angriff kann Vettel noch kontern, den zweiten nicht. Schlimmer noch: Mal wieder dreht sich der Deutsche im Duell. Auf Rang acht reiht er sich wieder ein und brennt danach ein Feuerwerk ab, überholt Ricciardo, Norris und Hülkenberg. Doch auf Rang fünf ist Schluss.
Leclerc ist an der Spitze mit seinem zweiten Stopp dagegen mittlerweile um zehn Sekunden enteilt. Erst in Runde 46 rutscht den Herren am Ferrari-Kommandostand das Herz in der Hose.
Leclerc meldet ein Problem mit dem Hybridsystem (defekte MGU-H). Hamilton holt innerhalb von drei Runden seinen Rückstand auf. Führungswechsel in Runde 49, Hamilton zieht am Monegassen vorbei und setzt sich schnell ab.“Oh mein Gott“, flucht Leclerc, der fünf Runden vor Schluss auch von Bottas geschnappt wird.
Kurios: Drei Runden vor Schluss fallen zeitgleich beide Renault mit Technikproblemen aus und bringen das Safetycar auf die Strecke. Hamilton siegt damit unter gelb.
Sebastian Vettel dreht sich im Zweikampf mit Lewis Hamilton und wird nur Fünfter. Vettel entschuldigt sich, doch von den Experten gibt es Kritik. „Power oversteer, das war sein Fehler“, urteilt Experte Christian Danner auf RTL.
Auch Ex-Weltmeister Nico Rosberg findet deutliche Worte: „Vettel macht da weiter, wo er letztes Jahr aufgehört hat und patzt unter Druck. Er dreht sich wieder im Zweikampf, unglaublich. – „Das ist genau dieselbe Situation wie im letzten Jahr. Das Team verhaut das Qualifying, Seb ärgert sich und macht im Rennen dann Fehler. Da muss er jetzt mal rauskommen.“
Der Vorfall erinnert ans Vorjahr, wo der Heppenheimer Ende des Jahres gleich mehrfach Opfer eines selbstverschuldeten Drehers im Zweikampf wurde. Der Ferrari-Star gibt zu: „Ich wollte wie eine Runde vorher auf der Innenseite zurückkommen, hab dann aber relativ schlagartig das Auto verloren. Mein Fehler. Die Bedingungen waren schwer, aber für alle gleich. Dass sich die Bedingungen hinter einem Auto ändern, sollte ich wissen.“
Doch damit nicht genug. Wenig später fährt er auch noch über seinen eigenen Frontflügel. Ein Folgeschaden, wie Vettel verrät: „Ich habe mir beim Dreher die Reifen so sehr zerstört, dass ich viele Vibrationen hatte, die dann zur Zerstörung des Frontflügels geführt haben.
Ich kann nicht zufrieden sein.“Auch insgesamt nicht, denn mit Teamkollege Leclerc, der sich zunächst an der Spitze absetzen und Vettel zuvor sogar überholen konnte, kann Vettel nicht mithalten. „Ich hatte nicht den Speed, hab mich schwerer getan als Charles“, erklärt er. „Das Potential ist da, aber wir tun uns noch bisschen schwer, es aus dem Auto rauszuholen.
Eins ist aber trotzdem anders als 2018. Das Team steht weiter hinter Vettel. Teamchef Mattia Binotto jedenfalls ergreift Partei für den Deutschen. „Das war für Seb ein unglückliches Rennen. Er war Zweiter als er den Fehler gemacht hat. Solche Fehler können passieren, Zweikämpfe sind nie einfach, es ist also verständlich.“
Der Italiener betont dann auch: „Es gibt keine Schuldzuweisungen.“Auch nicht gegen die Techniker. Denn Leclerc verliert mit dem Problem am Motor einen sicheren Sieg. „Ich dachte, dass ein paar Runden später alles hochgehen würde“, beschreibt der Monegasse die Situation im Auto. „Das war nicht der Fall, aber ich habe einfach plötzlich komplett Leistung verloren. Natürlich bin ich extrem enttäuscht, aber wir hatten auch Glück im Unglück. Ich bin froh, dass das Safety-Car kam.“
Denn das rettet ihm den dritten Platz vor Max Verstappen. Insgesamt fordert Binotto: „Wir müssen auf das Positive aus diesem Rennen schauen und nächstes Mal noch stärker zurückkommen.“
*Dieser Artikel ist als Erstes in AUTO BILD MOTORSPORT (ABMS) erschienen.