Racing Point ist das Überraschungsteam des Jahres. Mit einer Kopie des Vorjahres-Mercedes trumpft das Team auf. Steht es vor einer aussichtsreichen Zukunft?
Die Formel 1 sieht rosa. Racing Point steht auf Platz vier der Konstrukteurswertung, könnte aber auch viel besser platziert sein. Das Team ist de facto dritte Kraft, hat vielleicht sogar das zweitschnellste Auto. Gerhard Berger ist sich bei F1-Insider.com sicher: „Im Racing Point würde Sebastian Vettel schon jetzt um die Vizeweltmeisterschaft kämpfen.“
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Plötzlich ist Aston Martin sogar für einen Weltmeister wie Vettel eine attraktive Adresse. Entsteht hier erstmals seit Jahren wieder ein neues Topteam? Seit 2014 die 1,6-Liter-V6-Turbohybrid-Motoren eingeführt wurden, gibt es drei dominierende Mannschaften. Das lässt sich an der Zahl der Podestplätze zeigen: Mercedes (184), Ferrari (93), Red Bull (68), Williams (15), Force India/Racing Point (5), McLaren (3), Toro Rosso (2), Lotus (1), McLaren (1).
Doch jetzt tut sich was: Racing Point hat den Anschluss an die Spitzengruppe geschafft. Und es spricht einiges dafür, dass die Zukunft noch besser aussieht. Die Analyse:
Klar ist: Die Zukunft des Teams hängt vor allem davon ab, wie die Proteste gegen den Rennstall ausgehen. Renault und andere Teams werfen Racing Point vor, den Vorjahres-Mercedes kopiert zu haben – über die im Reglement erlaubte Zusammenarbeit hinaus. Racing Point ist sich aber siegessicher. Alleine für die Bremsbelüftung, gegen die sich die Proteste derzeit richten, hat man 886 Konstruktionszeichnungen vorgelegt, die belegen sollen, dass es sich um eine Eigenentwicklung handelt. Der Ausgang des Streits könnte wegweisend für die Zukunft des Rennstalls sein. Wird das Auto für illegal erklärt, hat Racing Point ein Problem. Ansonsten sieht die Zukunft rosig aus. Denn dann darf fröhlich weiter abgekupfert werden. Mit freundlicher Genehmigung des A-Teams Mercedes natürlich.
Racing Point war in den letzten Jahren die effizienteste Mannschaft im Feld. Mit wenig Budget hat man schon als Force India am meisten herausgeholt. Als Lawrence Stroll den Rennstall von Vijay Mallya 2018 gekauft hat, hat er die Mannschaft nicht verändert. Nur Teamchef Rob Fernley musste Otmar Szafnauer weichen. Viele Mitarbeiter sind noch aus Jordan-Zeiten dabei. Eddie Jordan hatte das Team 1991 gegründet und zu vier Siegen geführt. Heinz-Harald Frentzen hatte als Underdog mit seinem knallgelben Jordan Mugen-Honda 1999 sogar Außenseiterchancen auf den WM-Titel. Die Basis ist also exzellent. Zuletzt hat man sogar um fast 150 Mitarbeiter aufgestockt.
Schon mit einem Viertel des Budgets der Topteams konnte die Mannschaft starke Resultate erzielen. Ab der Saison 2021 steigen die Chancen: Dann wird eine Budgetobergrenze von 145 Millionen Euro eingeführt. Das ist zwar immer noch mehr als Racing Point bisher ausgegeben hat. Aber damit müssen sich die Topteams stärker einschränken. In der Theorie dürfte daher die Kluft zwischen der Spitze und dem Mittelfeld schrumpfen. Das könnte eine große Chance für Rennställe wie McLaren, Renault, aber eben auch Racing Point werden.
Anfangs wurde Lawrence Stroll belächelt. Ein reicher Papa kauft ein Team für den durchschnittlich begabten Sohnemann Lance. Das war nicht neu, führte aber noch nie zum Erfolg. Weder als Alfred Moss für den legendären Stirling das BRP-Team gegründet hat noch als Karl Foitek sich für Gregor ins Onyx-Team einkaufte oder als sich Jack Brabham 1994 bei Simtek für David als Teilhaber engagierte. Doch inzwischen scheint festzustehen: Stroll senior macht keine halben Sachen.
„Kurzfristig wollen wir da bleiben, wo wir stehen, mittelfristig wollen wir Dritter statt Vierter werden und langfristig, wenn sich die Regularien ändern, werden wir hoffentlich eines der besten Teams im Feld sein“, so der kanadische Geschäftsmann. Schon als er sich beim Formel-3-Team Prema eingekauft hat, hat er nichts dem Zufall überlassen. Sein Sohn furh damals mit Teilen vom Formel-1-Team Williams – legal versteht sich. Stroll will nicht nur, dass sein Sohn in der Formel 1 mitfährt. Er will, dass er ein siegfähiges Auto hat.
Wie ernst es Lawrence Stroll meint, zeigt auch die Tatsache, dass er als Hauptaktionär bei der britischen Nobelmarke Aston Martin eingestiegen ist. Nach dem Hersteller wird ab 2021 auch das Team Racing Point benannt. Nach Jordan, Midland, Spyker, Force India und Racing Point wird das zwar der sechste Name für den Rennstall in 30 Jahren. Aber erstmals tritt man dann als Werksteam an.
Sollte Sebastian Vettel bei Aston Martin andocken, hätte das Team auch einen absoluten Weltklassefahrer. Auch wenn der viermalige Champion in den vergangenen drei Jahren bei Ferrari Fehler gemacht hat: Vettel gehört zu den besten Fahrern im Feld und ist auch mit 33 Jahren noch längst kein altes Eisen. Oftmals ist ein Tapetenwechsel bei Rennfahrern mit einem Motivations- und Leistungsschub verbunden.
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