Sein Name ist Vettel. Sebastian Vettel (33). Er bekommt sie nun also, die Lizenz zum Rasen im Auftrag ihrer Majestät. Der Vierfach-Weltmeister wechselt von Ferrari zu Aston Martin (noch Racing Point). Erst einmal für 2021 und darüber hinaus.
Es ist in erster Linie eine Entscheidung FÜR die Formel 1, die Sebastian Vettel da getroffen hat. Für die Rennserie, der er mit vier WM-Titeln einst seinen Stempel aufgedrückt hat. Und zu der er in den Chaostagen bei der roten Diva Ferrari beinahe seine Zuneigung eingebüßt hätte. Rot wird nun gegen rosa getauscht oder sogar Aston-grün – und alles soll wieder besser werden für den deutschen James Bond des Motorsports.
MEHR LESEN: Ferrari in Burgunderrot
Vettels Bekenntnis zur Königsklasse klingt emotional und rational zugleich: „Ich habe immer noch so viel Liebe für die Formel 1 und meine einzige Motivation ist es, an der Spitze des Feldes zu fahren. Dies mit Aston Martin zu tun, wird ein großes Privileg sein.“
Manchmal reichen kleine Momente, um sich eines in den Wirren des Ferrari-Ärgers verloren gegangenen Gefühls zu besinnen. Die Entscheidung zu bleiben verfestigte sich bei Vettel unter anderem am vergangenen Samstag, ausgerechnet nach seinem Aus im ersten Qualifying-Abschnitt zum Großen Preis von Italien. Er flüchtete auf sein Fahrrad und radelte los. Beobachter meinten, er wolle sich im königlichen Park abreagieren. Stattdessen fuhr Vettel an die Parabolica und schaute zu. Wie die 1000 PS-Geschosse durch eine der schnellsten und traditionellsten Kurven der Formel 1 rasen.
Da war er wieder, der hessische Seb, der sich in den Motorsport verliebt hatte, als er in den frühen 90er Jahren mit seinem Vater Norbert an den langen Waldgeraden des Hockenheimrings auf den Benetton von Michael Schumacher wartete. Und der immer noch staunen kann ob der Faszination, die sein Sport auszuüben vermag.
„Die Autos sind ja lauter, als ich dachte“, ließ Vettel später verlauten. In so einem Moment muss er gewusst haben: Darauf will ich nicht verzichten. Noch nicht.
Also schlug er ein bei Aston Martin. Daran konnten auch die Millionen von Sergio Perez‘ Sponsoren aus Mexiko nichts ändern. Racing-Point-Besitzer und Aston-Martin-Großinvestor Lawrence Stroll ist ein Marketinggenie. Er weiß um die Bedeutung des Namens Vettel für Aston Martin. Deshalb rollt er dem deutschen Ex-Champion den roten Teppich aus.
In der Pressemitteilung, die Vettels Ankunft bei den Briten verkündet, zählt das Team seine Erfolge auf. Eine Liste von Argumenten pro Vettel. Und eine Liste, die zeigt: Der Heppenheimer ist Aston Martins neuer 007, der Top-Agent, der den Sportwagenhersteller in geheimer Mission an die Spitze der Königsklasse bringen soll. Vettel steht wieder im Mittelpunkt eines Teams. Dort, wo er hingehört, wo er sich selbst sieht und wo er bei Ferrari seit zwei Jahren nicht mehr stand.
„Sebastian bringt ein frisches Mindset ins Team“, heißt es in der Pressemitteilung. „Er weiß, wie man auf höchstem Level gewinnt. Seine Verpflichtung ist ein klares Statement für unseren Ehrgeiz, uns als eines der konkurrenzfähigsten Teams in diesem Sport zu etablieren.“
Vettel ist wieder der Heilsbringer. Selbst dass sein neuer Teamkollege Lance Stroll der Sohn des Besitzers ist, muss ihm keine schlaflosen Nächte bereiten. Lawrence Stroll ist zwar Vater, aber auch Geschäftsmann – mit dem Willen zum ganz großen Erfolg. Und auch er weiß, was ein anderer Teamchef beobachtet hat: „Das Auto ist dieses Jahr schon besser als seine beiden Fahrer.“ DTM-Boss Gerhard Berger glaubt bei F1-Insider.com sogar: „Mit Vettel am Steuer hätte Racing Point 2020 schon ein Rennen gewonnen.“
Fakt ist: 2020 ist die rosa Kopie des Mercedes-Gebrauchtwagens von 2019 mindestens schneller als Vettels rote Göttin. Das Abkupfern vom Weltmeisterauto aus Brackley kostete zwar 400 000 Euro und 15 Punkte – zurückbauen muss Racing Point aber nicht. Die Gegner haben alle Proteste gegen den RP20 zurückgezogen. Zum Wohle der Formel 1. Und am Ende auch zum Wohle Vettels. Denn das bedeutet: Sein fahrbarer Untersatz wird auch 2021 noch gut sein, weil die Weiterentwicklung nach der Corona-Pandemie stark eingeschränkt wurde.
Mit dem Erfolgsgarant namens Mercedes-Antrieb im Heck, dem Investment Lawrence Strolls in eine neue Fabrik in Silverstone sowie der ab 2021 geltenden Budgetgrenze von 145 Millionen Dollar dürfte Aston Martin auch in Zukunft um Podestplätze kämpfen.
Die größte Verbesserung von 2020 auf 2021 sitzt dann ohnehin zwischen Lenkrad und Motor: Sebastian Vettel. Formel-1-Agent im Namen ihrer Majestät.
Folgt uns auf Twitter!