Geburtstag? Na und! Als F1-Insider.com ihn erreichte, um ihm zum 65. zu gratulieren, wunderte sich Alpha Tauri-Teamchef Franz Tost nicht über den Anruf, wohl aber über den Anlass: „Mein Geburtstag ist mir völlig egal. Ich stehe hier neben unseren neuen Chassis, das gerade fertig geworden ist. Das heißt: Es wird nicht gefeiert, sondern gearbeitet.“
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Allein: Es gibt wenig Menschen, die sich so wenig geändert haben wie Franz Tost – egal in welcher Lebensphase sie sich gerade befanden. Tost tickt immer gleich, ist unbeirrbar von äußeren Einflüssen. Da legt er auch Wert drauf: „Es bringt nichts, Unsinn zu verzapfen. Man muss immer seinen eigenen Weg gehen und diesen auch mitteilen.“
Sein Werdegang in Kurzform: Er studierte Sportwissenschaften, war Rennfahrer und sehr guter Mittelstreckenläufer, bevor er beim Stuttgarter Sportvermarkter Willi Weber zuerst mit Michael Schumacher und später mit dessen Bruder Ralf arbeitete. Danach wurde er Logistik-Chef bei BMW in der Formel 1. Seit 2007 ist er Teamchef bei Toro Rosso (heute Alpha Tauri), dem „Schwesterteam“ von Red Bull Racing.
2008 gewann Tost als Teamchef mit Sebastian Vettel den Großen Preis von Italien in Monza. Es war Vettels erster Formel-1-Sieg. 2020 gelang ihm erneut das Kunststück, mit seinem Team in Monza zu gewinnen. Diesmal war der Franzose Pierre Gasly der Erfolgspilot.
Nach wie vor gilt der Tiroler gilt in der Szene als eine der Personen, die am meisten Einfluss auf die Karriere von Weltmeister Vettel hatten. Zudem gilt er als einer der größten Kenner der Formel 1.
2021 will der Österreicher mit seinem Team Alpha Tauri unter die ersten Fünf kommen. „Wir sind gut aufgestellt, in jeder Beziehung“, sagt er. „Mit Gasly haben wir einen Piloten, der schon bewiesen hat, dass er siegen kann. Und mit Yuki Tsunoda ein aufregendes junges Talent, von dem wir noch viel hören werden. Aber ein Selbstläufer wird es nicht. Obwohl wir 2020 ein Rennen gewinnen konnten und fast überall schnell waren, wurden wir nur Siebter. Das zeigt, wie eng es ab Platz drei zugeht.“
2021 hofft er zwar, dass Schwesterteam Red Bull Mercedes Konkurrenz machen kann, aber er weiß, wie schwer das wird. Tost: „Machen wir uns nichts vor! Mercedes ist klarer Favorit. Besonders auf dem Motorsektor haben sie immer noch einen deutlichen Vorsprung. Dann aber kommt meiner Meinung schon unser Motorpartner Honda. Das zeigt, wie gut sie gearbeitet haben.“
Am meisten Spaß macht Tost die Arbeit mit den Fahrern: „Ich habe ja auch Sportwissenschaften studiert, da kann ich vom Studium her schon etwas herüber transferieren. Das gibt mir eine Menge. Ich befinde mich in dieser Saison in einer optimalen Position: Wir haben einen erfahrenen Pilot und einen jungen, der von dem erfahrenen Fahrer lernen kann. Besonders was Technik und Fahrzeugabstimmung betrifft. So findet man wesentlich schneller den richtigen Weg. Mit zwei jungen Piloten ist das immer schwieriger und nimmt viel Zeit in Anspruch.“
Gasly vergleicht er ein wenig mit Vettel aus dem Jahre 2008. „Als Sebastian zu uns kam, war er längst kein Neuling mehr. Er war Testfahrer bei BMW-Sauber und war beim GP der USA in Indianapolis sogar schon ein Rennen gefahren. Für einen Toro Rosso-Piloten hatte er damit schon viel Erfahrung. Das hat sich dann besonders im zweiten Jahr bemerkbar gemacht. Mit dem Höhepunkt in Monza 2008, als wir das Rennen gewinnen konnten. Es ist immer so, dass ein Team mit dem Fahrer wächst. Es kann aber auch mit einem Fahrer untergehen. Denn der Fahrer ist ein ganz entscheidender Faktor in einem Team.“
Trotz aller Technik, die einen Wagen schneller oder langsamer macht und den Fahrer deswegen in seiner wahren Leistungsfähigkeit oft reduziert, ist der Mensch im Cockpit für den Tiroler entscheidend. Tost: „Der Fahrer ist der, welcher den Ingenieuren den richtigen Input gibt, um ein Auto schnell und schneller zu machen. Die erfolgreichen Piloten sind immer länger bei einem Team. Das hat System, weil sie nach einiger Zeit fähig sind, ein Auto ganz nach ihrem Geschmack bauen zu lassen. Das ist ein großer Teil der Kunst, den nur wenige beherrschen. Der Fahrer ist immer der Schlüssel zum Erfolg.“
Wenn er einen optimalen Fahrer backen könnte, wie müsste der dann sein? Tost: „Ein Fahrer muss zuerst Leidenschaft haben. Er muss diszipliniert sein und auch innovativ sein. Ein Pilot sollte sich auch immer die Fragen stellen: Was kann ich noch besser machen? Wie kann ich besser als die anderen sein? Michael Schumacher war so, Sebastian Vettel auch. Ich sehe diesen Ansatz übrigens auch bei Mick Schumacher.“
Franz Tost – der Fahr(er)lehrer der Formel 1.
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