Dr. Helmut Marko im AvD Motorsport Magazin im Gespräch mit F1-Insider.com über den zukünftigen Motorhersteller, über die Fahrerfrage über Max Verstappen, Sebastian Vettel und Mick Schumacher
Viele Fragezeichen bei Red Bull: Wer fährt 2021 an der Seite von Max Verstappen? Wie geht es für Red Bull nach dem Honda-Ausstieg weiter? Wie fest sitzt Verstappen im Sattel? Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko bringt im Gespräch mit F1-Insider.com im AvD Motorsport Magazin Licht ins Dunkel.
Helmut Marko über…
Marko bestätigt offen, dass die wahrscheinlichste Option die Entwicklung eines eigenen Motors auf Basis des aktuellen Honda-Triebwerks ist.
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Marko: „Unter der Voraussetzung, dass die Gespräche positiv verlaufen, würden wir es vorziehen, dass wir die Basis von Honda übernehmen und dann die Motoren in Milton Keynes vorbereiten. Das ist aber nur möglich, wenn es ab dem ersten Rennen 2022 einen Entwicklungsstopp gibt. Wir brauchen dazu schnellstmöglich eine Entscheidung der FIA. Wenn die positiv ausfällt, dann ist der nächste Schritt, eine Einigung mit Honda zu finden. Wir haben mehrere Gebäude und Hallen in Milton Keynes, und wir prüfen im Moment, wo wir das umsetzen könnten.“
Warum ein Kundenmotor weniger Sinn macht: „Alle Hersteller haben ihr eigenes Team und bauen das Chassis und den Motor in einem Guss. Wir würden also etwas bekommen und drumherum müssten wir unser Chassis bauen. Wir wären immer mit einer technischen Lösung konfrontiert, die wir akzeptieren müssten. Daher favorisieren wir die Honda-Lösung. Aber es braucht einige Parameter, wie ein eingefrorenes Motorenreglement ab 2022.“
Red Bull glaubt daran, dass sie 2022 einen siegfähigen Motor im Heck haben werden. Marko: „Derzeit ist der Unterschied zwischen den Motorherstellern bei 15, maximal 20 PS. Der Ferrari-Motor ist ein bisschen weiter zurück, aber ich gehe davon aus, dass sie bald wieder aufholen werden. Dazu kommt, dass es Diskussionen darüber gibt, die Motor-Performance durch den Benzinfluss und solche Parameter anzugleichen. Wir sind da also auf dem richtigen Weg.“
Gut für Red Bull: Mit Andy Cowell ist 2022 auch der Mercedes-Meistermotorbauer am Markt. „Aber soweit sind wir noch nicht“, wiegelt Marko ab, lacht aber auf den Hinweis von F1-Insider Ralf Bach: „Wir nehmen die Anregung dankend zur Kenntnis!“
Marko stellt klar: Ein neuer Motorhersteller ist derzeit nicht in Sicht. „Der Grund ist die kurze Periode von nur vier Jahren (bis zum neuen Reglement 2026; d. Red.). Die Motoren sind zu komplex, die Kosten zu hoch. Mit diesem Reglement bringst du in diesem Stadium keinen neuen Hersteller in die Formel 1.”
Heißt auch: Es braucht ein neues Regelwerk. Das ist für 2026 in Planung, könnte aber vorgezogen werden. Marko plädiert dafür: „Es wäre nur vernünftig, das neue Motor-Reglement vorzuziehen. Aber es gibt noch keine detaillierten Regeln dazu, kein Konzept. Mit all den Vor-Prozessen, die nötig sind, einen neuen Motor zu entwickeln, kann es frühestens auf 2025 vorgezogen werden.“
Klar ist: Drei der vier Cockpits sind so gut wie fix: Pierre Gasly und Yuki Tsunoda sollen für Alpha Tauri fahren, Max Verstappen bei Red Bull. „Über die vierte Position wollen wir uns spätestens in Istanbul im Klaren sein“, verrät Marko. Das Rennen ist für den 15. November terminiert.
Marko über die Situation von Albon: „Die Distanz zu Max am Nürburgring war vertretbar. Wenn er weiter solche Rennen liefert, hat er sein Cockpit für 2021 sicher.“
Die Alternative wäre ein Fahrer außerhalb des Red Bull-Pools: „Man kann die Namen ja nennen. Das sind Hülkenberg und der Pérez. Ich glaube, dass keiner in der Lage ist, Verstappen zu schlagen. Die Frage ist, wer kann so im Bereich von drei Zehntelsekunden dran sein? Albon kann das an guten Tagen und er ist noch jung. Fest steht auch: Man kann nicht nur mit einem Bein in den Titelkampf gehen. Die Konkurrenzfähigkeit ist das, was zählt. Aber so weit sind wir noch nicht.“
Was Marko außerdem noch verriet: Nico Hülkenberg wäre am Nürburgring beinahe nicht für Racing Point, sondern für Red Bull gefahren! „Wir waren bereits am Freitag mit Hülkenberg im Gespräch. Albon hatte ein unsicheres, nicht definiertes Testergebnis gehabt. Das hätte auch so ausgehen können, dass er positiv ist. Gleich nach der Landung habe ich Hülkenberg angerufen.“
In Zukunft will Red Bull für den Fall der Fälle besser vorsorgen und Testfahrer Sébastien Buemi an die Strecke bringen. Marko: „Wir haben vier Fahrer und Corona ist nun mal da. Damit müssen wir leben.“
Verstappen hat einen Red Bull-Vertrag bis Ende 2023. Bringt der Honda-Ausstieg den Kontrakt ins Wanken? Marko verneint: „Wir wollen und brauchen einen konkurrenzfähigen Motor. Das will Max auch. Aber es gibt keine konkrete Ausstiegsklausel für ihn, sollten wir keinen Honda-Motor haben.“
„Max ist in der Form seines Lebens. Er ist der einzige, der die Mercedes unter Druck setzen kann. Ich glaube im gleichen Auto würde Max die Nase vorn haben über die Saison.“
„Einen riesigen Anteil, dass Max so herausragend ist, hat sein Vater. Es heißt ja immer, ich wäre hart, aber: Was der Max da durchmachen musste, war nicht einfach. Aber der Erfolg gibt ihm Recht.“
Lewis Hamilton hat am Nürburgring den Sieg-Rekord von Michael Schumacher (91) egalisiert. Marko gratuliert: „Es war eine sehr berührende Geschichte, nachdem das Ganze auf dem Nürburgring stattgefunden hat. Die Schumachers waren ja nicht weit vom Nürburgring weg. Somit schließt sich irgendwie der Kreis. Es ist nur schade, dass der Michael davon, glaube ich, nicht mehr viel mitbekommt.“
„Ich habe Seb geraten, ein Jahr Pause zu machen, sich neu aufladen und dann mit neuem Elan die Möglichkeiten, die sich 2022 bieten, zu ergreifen. Er hat sich entschieden, dass er lieber im Geschäft bleibt. Bei Aston Martin hat er sicherlich die Chance auf Podestplätze, aber ob er siegen kann, das bezweifle ich. Der Ferrari-Abschied war unwürdig, ganz klar. Ich hoffe, sein Plan geht auf.“
Dass Mick Schumacher Hamilton einen Helm von Schumi überreicht hat, war emotional. Marko lobt Schumi junior: „Mick Schumacher hat diese Karriere angestrebt, er wusste von Anfang an, dass der Name Schumacher eine große Bürde ist. Er hat es bisher geschafft, ist in der Formel 2 an der Spitze, wird nächstes Jahr, soweit ich informiert bin, bei Alfa Romeo fahren. Ich finde es richtig, dass er sozusagen als Familien-Oberhaupt, diesen Helm überreicht hat.“
„Bei Giovinazzi ist dasselbe passiert, wie bei Albon. Da war der erste Corona-Test auch nicht eindeutig. Daher hätte Mick fast sein Debüt gegeben.“
„Wenn man die Juniorkategorien betrachtet, hat der immer im ersten Jahr relativ bescheiden begonnen und ist dann im zweiten Jahr in der Formel 3 und jetzt in der Formel 2 zur absoluten Topform aufgelaufen. Wenn du solche Erfolge erzielst, kannst du davon ausgehen, dass es auch in der Formel 1 so sein wird.“
Warum ist Mick nie im Red Bull-Kader gelandet? „Wir sehen unsere Aufgabe auch darin, dass man Fahrern oder jungen Leuten die Möglichkeit gibt – der Motorsport ist ja bekanntlich sehr kostenintensiv – es mir unserer Hilfe nach oben zu schaffen. Bei Mick Schumacher war immer klar, dass die nötige Unterstützung da ist. Er brauchte uns nicht, auf gut Deutsch gesagt.“
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