Als 48. deutscher Rennfahrer steigt Mick Schumacher (21) 2021 in die Formel 1 auf. Folgen ihm weitere Nachwuchspiloten aus Deutschland?
Die Frage ist nicht unberechtigt: Als Micks Vater Michael Schumacher vor 30 Jahren in die Formel 1 kam und 1994 als erster Deutscher F1-Champion wurde, löste er einen Boom aus: Die Kartstrecken waren voll, talentierte Jungs kletterten durch die Nachwuchsserien. 2010 waren in der Spitze sieben deutsche Fahrer gleichzeitig in der Formel 1 aktiv. Mit Sebastian Vettel und Nico Rosberg folgten sogar zwei weitere Weltmeister aus Deutschland.
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Löst Mick Schumacher nun einen ähnlichen Boom aus? Die Situation heute ist schwieriger: Die Formel 1 wandert vom Free-TV ins Bezahlfernsehen, die Sponsoren geben ihr Geld immer seltener für den Rennsport aus. Deutschland ist nach den zahlreichen Erfolgen in der jüngeren Vergangenheit etwas Formel 1 müde geworden. Das zeigt sich auch in den Juniorserien. Viele deutsche Nachwuchstalente tummeln sich derzeit nicht gerade in Formel 2, Formel 3, Formel 4 und Co.
In den zehn wichtigsten Nachwuchsserien Europas waren 2020 insgesamt 13 deutsche Nachwuchsfahrer aktiv. Davon ist Mick Schumacher bereits ins Formel-1-Universum aufgestiegen. Die anderen zwölf Piloten waren: David Beckmann, Lirim Zendeli, David Schumacher, Sophia Flörsch, Andreas Estner, Niklas Krütten, Sebastian Estner, Matthias Lüthen, Nico Gröhler, Tim Tramnitz, Joshua Dürksen und Sebastian Freymuth.
13 Fahrer klingt erstmal viel, ist es aber nicht. Das zeigt alleine die Tatsache, dass in der ADAC Formel 4, also der deutschen Einsteiger-Formelserie, nur zwei Lokalmatadoren am Start standen. Wenn es aber um die Frage geht, welche deutschen Fahrer es in die Formel 1 schaffen könnten, dann ist Quantität weniger wichtig. Entscheidend ist die Qualität – bezogen auf sportliche Leistung und professionelles Umfeld. Und da sieht es gar nicht so schlecht aus. Mick Schumacher holte sich mit dem Formel-2-Titel ja auch die Krone der wichtigsten Nachwuchsserie der Welt.
Auch Mick Schumachers Cousin David Schumacher (20) arbeitet sich derzeit durch den Nachwuchsdschungel. Der Sohn von Ralf Schumacher hatte 2020 ein schwieriges Jahr in der Formel 3: null Punkte, Platz 28, ein Teamwechsel während der Saison. Doch auch sein eineinhalb Jahre älterer Cousin brauchte immer ein Jahr Eingewöhnungszeit. Nach einer zweiten Formel-3-Saison 2021 ist die Performance von David Schumacher besser bewertbar.
Unter den 13 deutschen Nachwuchsfahrern befindet sich auch eine Frau: Sophia Flörsch (20). Auch sie hatte 2020 kein besonders herausragendes Jahr in der Formel 3: null Punkte, Platz 29. Allein: Parallel überzeugte sie mit ihrem Debüt bei den 24 Stunden von Le Mans. Bisher haben es unter die 767 Formel-1-Piloten gerade Mal zwei Frauen geschafft. Drei weitere versuchten sich zu qualifizieren, scheiterten aber. Flörsch ist mit Sicherheit eine der talentiertesten Frauen im Nachwuchsbereich. Ob es für die Formel 1 reicht, muss die Zeit zeigen. Ihre Le-Mans-Zukunft für 2021 ist schon mal gesichert, ein paralleles Formel-3-Programm ist denkbar. Bei den Testfahrten war sie für zwei Teams auf der Strecke.
Geht es nach der bisher erbrachten Leistung, sollten die Augen auf zwei weitere deutsche Nachwuchsfahrer gerichtet werden: David Beckmann (20) und Lirim Zendeli (21).
Beckmann, im Kartsport jahrelang Rivale von Mick Schumacher, war 2020 der beste deutsche Fahrer in der Formel 3, wurde beachtlicher Sechster und gewann zwei Rennen. Allein: Beckmann fährt seit 2016 in verschiedenen Formel-3-Serien.
Zendeli, dessen Familie aus Albanien-Mazedonien stammt, war als Achter in der Formel 3 und mit einem Sieg nur unwesentlich schlechter als Beckmann. Beide Leistungen sind gut miteinander vergleichbar, weil sie für dasselbe Team gefahren sind (Trident). Allerdings fuhr Zendeli anders als Beckmann erst seine zweite Formel-3-Saison. Davor überzeugte er unter anderem als Meister der deutschen Formel 4. Bisher ist Zendeli auch der einzige deutsche Pilot, der in den Nachwuchsserien einen Vertrag hat: Er wird 2021 in der Formel 2 für MP an den Start gehen, womöglich wieder gegen Beckmann, der bei den Testfahrten an beiden Tagen für Charouz unterwegs war.
Tim Tramnitz (16) als Vierter in der deutschen Formel 4 legte ebenfalls eine beachtliche Saison auf den Asphalt. Auch seine weitere Laufbahn sollte man also im Auge behalten.
Und danach? Wer rückt aus dem Kartsport nach? Zur Kart-Weltspitze gehört derzeit kein deutscher Fahrer. Beachtliche Leistungen innerhalb der WM und EM, aber auch in den deutschen Meisterschaften, zeigten aber Fahrer wie Hugo Sasse, Jakob Bergmeister, Arthur Tohum, Moritz Wiskirchen oder Maxim Rehm.
Fazit: Das eine oder andere deutsche Talent ist derzeit sehr wohl in den Nachwuchsserien aktiv – womöglich auch mit Formel-1-Chancen. Aber ein neuerlicher Boom wie nach Michael Schumachers Erfolgen ist derzeit nicht abzusehen.
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