Carlos Sainz hat in Singapur seinen zweiten Karrieresieg geholt. Ist er jetzt Ferraris neuer Heilsbringer?
Der neue Liebling Italiens ist Spanier. Nach dem Sieg beim Nachtrennen in Singapur hat Ferrari-Pilot Carlos Sainz jr. (29) endgültig Heldenstatus bei den Tifosi. Schon in Monza, beim Rennen zuvor, genoss er als bester Nicht-Red-Bull-Pilot das Bad in der Menge. „Carlos, Carlos“ jubelten Tausende Tifosi, unter dem Podium bei Ferraris-Heimrennen. Der Sieg in Singapur setzte für den Spanier, dessen Familie entfernt verwandt mit dem Königshaus ist, noch mal die Krone auf.
Denn es war nicht nur ein Sieg. Es war ein „Masterpiece“, wie Ex-Formel-Pilot David Coulthard anmerkte. Grund: Sainz ließ bei seinem Erfolg in Singapur nicht nur seinen Ferrari fliegen – er fuhr auch mit extrem viel Köpfchen. Als die beiden Mercedes-Piloten George Russell und Lewis Hamilton mit frischen Reifen eine gnadenlose Aufholjagd starteten und der Sieg von Sainz in ernsthafter Gefahr war, wurde der Spanier zum Rennfuchs.
Er ließ den hinteren ihm fahrenden McLaren-Pilot Lando Norris in den letzten Runden absichtlich ins DRS-Fenster kommen und nutzte ihn so als Puffer gegen die schnellere Mercedes-Armada. Russell und Hamilton konnten Norris so nicht überholen und Sainz gewann.
Der Spanier nach dem Rennen: „Ich wusste, dass ich ihn brauche und dass er so lange wie möglich dagegenhält. In manchen Runden war ich aber 1,2 bis 1,3 Sekunden vor ihm, also habe ich bisschen langsamer gemacht, um sicherzustellen, dass ich ihm vor Kurve sieben DRS gebe. Ich denke, das hat gerade so gereicht, damit er sie aufhalten und ich damit auch mein Rennen unter Kontrolle behalten konnte. Nicht einfach, weil man sich dadurch natürlich selbst ins Risiko begibt und sich keine Fehler erlauben darf.“
Allein: Der Sieg von Sainz war auch eine klare Ansage im internen Stallduell mit Teamkollege Charles Leclerc. Der Monegasse galt lange Zeit als Kronprinz bei der Scuderia. In dieser Saison hat der Spanier ihm aber den Rang abgelaufen. Er wird jetzt als größter Herausforderer von Red-Bull-Dominator Max Verstappen gehandelt. Sainz behält aber auch in der momentanen Euphorie kühlen Kopf: „Monza und Singapur lag unserem Auto. In Suzuka nächsten Sonntag können die Machtverhältnisse wieder ganz anders aussehen. Ich denke dort und auch in den übrigen Rennen wird Red Bull wieder zu alter Stärke zurückkehren. Ich kann nur versuchen, das Maximale aus unserem Paket herauszuholen und dann schauen, wofür das am Ende reicht.“
Fest steht: Sainz, der jahrelang unter dem Radar der Experten flog, hat sich endgültig aus dem Imageschatten herausgefahren. Vater Carlos Senior, ehemaliger Rallyeweltmeister und Spaniens erste Lichtgestalt auf vier Rädern, stellte schon nach der Poleposition und abschließendem Podium in Monza nicht ohne Stolz bei F1-Insider.com fest: „Als Carlos 2015 mit Max Verstappen bei Toro Rosso fuhr, war das ein Duell auf Augenhöhe. Im Qualifying hatte Carlos bei 19 Rennen zehnmal die Nase vorne. Das können nicht viele behaupten, die sich im gleichen Auto mit Max duellierten.“
Red-Bull-Chefberater Helmut Marko (80), der Sainz 2015 zu Alpha Tauri (damals Toro Rosso) in die Formel 1 holte, stellte gegenüber F1-Insider schon vor einigen Wochen fest: „Carlos ist ein sehr guter Rennfahrer. Dass er Red Bull verlassen hat, lag nicht an seinen Leistungen. Jedenfalls hat er gezeigt, dass Leclerc wohl doch nicht der Wunderknabe ist, für den ihn viele gehalten haben.“
Was Sainz stört: Dass viele Experten ihn lange falsch bewertet haben. Nicht nur extrem hartes Arbeiten hätte ihn beflügelt, so wie ihm oft unterstellt wird, auch seine besondere Gabe. Sein Vater bestätigt das. Der Rallyeweltmeister von 1990 und 1992, der auch heute noch für Audi unter anderem bei der Rallye Paris-Dakar aktiv ist, zu Sport1: „Ich glaube, dass er das größere Naturtalent ist. Rein vom Fahrgefühl her.“
Der Filius gibt das Lob aber gerne zurück: „Von meinem Vater habe ich die Einstellung, die Champions brauchen. Und den ewigen Hunger aufs Gewinnen.“
Erfolg bringt Begehrlichkeiten der Konkurrenz mit sich. Sainz gilt spätestens jetzt als eine der heißesten Aktien auf dem Fahrermarkt. Eine Vertragsverlängerung mit Ferrari bis Ende 2025 scheint nur noch Formsache. Danach ist die Zukunft des Spaniers offen. Audi, 2026 offiziell in der Formel 1 aktiv, hat seine Netze schon in Richtung des Spaniers ausgeworfen. Und das nicht nur, weil Vater Carlos exzellente Kontakte zu der Führungsriege aus Ingolstadt hat.
Andreas Seidl, eine der Schlüsselfiguren für das Formel-1-Projekt aus Ingolstadt, kennt Sainz aus seiner Zeit bei McLaren und weiß, wozu er fähig ist. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass Sainz ab 2026 das springende Pferd durch vier Ringe auf dem Overall ersetzen könnte.
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Das ist F1-Insider.com
1. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari 1:46:37,418 Std.
2. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren +0,812 Sek.
3. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes +1,269
4. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari +21,177
5. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull +21,441
6. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpine +38,441
7. Oscar Piastri (Australien) – McLaren +41,479
8. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull +54,534
9. Liam Lawson (Neuseeland) – Alpha Tauri +1:05,918 Min.
10. Kevin Magnussen (Dänemark) – Haas +1:12,116
1. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull 374 Pkt.
2. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull 223
3. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes 180
4. Fernando Alonso (Spanien) – Aston Martin 170
5. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari 142
6. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari 123
7. George Russell (Großbritannien) – Mercedes 109
8. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren 97
9. Lance Stroll (Kanada) – Aston Martin 47
10. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpine 45
1. Red Bull 597 Pkt.
2. Mercedes 289
3. Ferrari 265
4. Aston Martin 217
5. McLaren 139
6. Alpine 81
7. Williams 21
8. Haas 12
9. Alfa Romeo 10
10. Alpha Tauri 5