Eddie Jordan, leb wohl mein Freund!

Eddie Jordan ist tot. Ein persönlicher Nachruf von Ralf Bach

Gibt es ein Leben nach dem Tod? Weiß ich nicht. Aber mein treuer Freund Eddie Jordan hat mir mit jeder Pore seines Wesens immer vor Augen geführt: Es gibt auf jeden Fall ein Leben davor.

Er war hyperaktiv, nahm nie ein Blatt vor den Mund, spielte gerne den Clown, aber war ein Clown, der am Ende über die anderen lachte. Der sich nie scheute, sich mit den Honoratioren der Formel 1 anzulegen.

McLaren-Teamchef-Kollege Ron Dennis war lebenslang sein Lieblingsfeind, weil die lockere Art Eddies immer wieder eine Existenzkrise bei ihm auslöste, passte sie doch gar nicht zu dem Anspruch höchster Seriosität, die Dennis von sich selbst und allen anderen im Millionengeschäft des Vollgaszirkus verlangte.

Der gelernte Bankkaufmann, der es in den Vorstand der Citybank Irlands geschafft hatte, war aber vor allen Dingen eins: ein Rock’n‘Roller durch und durch, der die Musik und die Botschaft dahinter noch mehr liebte als das Formel-1-Business.

Seine wahren Buddies waren deshalb auch nicht Weggefährten aus seiner Formel-1-Zeit, sondern Ronnie Wood von den Stones, die ewig singende Ananas Rod Stewart und natürlich, seine irischen Landsleute von U2.

Als ich von seinem Ableben erfuhr, war ich nur unendlich traurig. Auch weil meine Zweifel langsam wachsen, dass es den Tod vielleicht doch geben könnte. Denn Eddie war für mich irgendwie unverwüstlich, einer, dem der Sensenmann lieber aus dem Weg geht. Einer, der auch mit einem Messer im Rücken weiter Party macht. Erst wenn Keith Richard den Löffel abgibt, auch ein Kumpel von ihm, glaube ich endgültig dran.

Sein Werk in der Formel 1 bleibt für ewig. Michael Schumacher gab er die Chance, in der Formel 1 zu debütieren und öffnete ihm so die Tür zur Legende. Ralf Schumacher fuhr für ihn, Heinz-Harald Frentzen, Timo Glock und Nick Heidfeld. Er war da rein pragmatisch, weil er an die gründliche Arbeitsweise glaubte, die er besonders bei den Fahrern aus Deutschland sah.

Im Business war er ein knallharter Geschäftsmann, der bei jedem Deal gewinnen wollte. „Es war mir immer eine Freude, dass der Clown die selbsternannten Big Dealmaker über den Tisch ziehen konnte. Nicht, weil es mir alles bedeutet, sondern weil sie es verdient haben“, erzählte er mir mal.

Als aber der Spaß an der Formel 1 den Missmut über die immer mehr verschwindenden Charaktere und Werte nicht mehr rechtfertigen konnte, verkaufte er sein Team. Er zog mit seiner Familie nach Südafrika, gründete eine eigene Band, spielte dabei die Drums, blieb der Formel 1 aber als wachsamer Prophet erhalten.

In Großbritannien wurde er zum Orakel geadelt, weil er als erster das Mercedes-Comeback von Michael Schumacher verkündete und den Wechsel von Lewis Hamilton zum Stern aus Stuttgart. Der Podcast mit Ex-Formel-1-Pilot David Coulthard ging viral. Wegen Eddie.

Wir hatten in den letzten Jahren regelmäßigen Kontakt. Er schickte mir oft Videos von Auftritten seiner Band, wir telefonierten zwei Mal die Woche. Das letzte Mal vor drei Wochen. Das war das erste und einzige Mal, dass er mich angelogen hatte. Seine Stimme klang brüchig und schwach. Er schob das auf die Chemotherapie, machte mir aber Mut. „Ich schaffe das, alles wird gut. Sollte es mich irgendwann trotzdem erwischen, bringe ich den Engeln erst mal bei, dass man auf der Harfe auch Rock’n‘Roll-Akkorde spielen kann. I love you, my friend.“

Heute weiß ich: Er log, weil er mich schützen wollte. Er spürte sein Ende. Es war seine Art, Goodbye zu sagen. Leb wohl, mein Freund. Betonung auf „leb“. Und bring den Engel den Rock’n‘Roll bei.

FOLGT UNS AUF YOUTUBE!
Das ist F1-Insider.com