Fia


Junge Schweizerin fordert den mächtigsten Verband im Motorsport heraus: Laura Villars zieht vor Gericht – und stellt die Formel-1-Regelwächter der FIA vor eine historische Bewährungsprobe.
Die Schweizerin Laura Villars, 28, ist plötzlich das Gesprächsthema einer Branche, die sich sonst selten mit Politik oder Justiz beschäftigt. Während andere über Rundenzeiten und Reifenstrategien reden, klagt Villars vor einem Pariser Gericht gegen den mächtigsten Automobil- und Motorsportverband der Welt, der auch die Formel 1 kontrolliert – die FIA. Ihr Vorwurf: Die Wahl zum nächsten Präsidenten verletze demokratische Grundprinzipien.
Am 10. November wird das Pariser Bezirksgericht über ihre Klage verhandeln. Ihr Ziel: Die für den 12. Dezember geplante Präsidentschaftswahl in Taschkent soll verschoben werden. „Leider habe ich noch nicht das Vergnügen gehabt, die junge Dame kennenzulernen“, sagt Red-Bull-Berater Helmut Marko (82), als ihn Sport1 nach Villars fragt. Ein Satz, der sinnbildlich steht: Jeder hat von ihr gehört – aber kaum jemand weiß, wer sie ist.
Auch weil sie kaum Privates von sich preisgibt. Mal ein Instagram-Post hier, mal da, Bikini-Fotos inklusive – mehr nicht. Was man aber weiß: Geboren am 29. August 1997 in der Schweiz kam Villars spät zum Motorsport. Erst mit 14 Jahren stieg sie ins Kart, später folgten Einsätze in der Formel 3, Formel 4, der Ultimate Cup Series F3R und der Ferrari Challenge Europe. In ihrer ersten kompletten Saison 2023 in der F3R-Serie belegte sie den fünften Gesamtrang – eine bemerkenswerte Leistung in einer der härtesten Nachwuchsklassen Europas.
Zuletzt startete sie in der Ligier European Series JS P4 für das Team Virage. Vermarktet wird sie von der MSM-Group, für die der bekannte italienische Fahrerberater Enrico Zanarini tätig ist – Formel-1-Stars wie Eddie Irvine, Giancarlo Fisichella oder Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve zählen zu seinen Kunden.
Doch Rennsport ist nur ein Teil ihres Profils. Villars ist auch Unternehmerin, Strategin und Netzwerkerin. Auf LinkedIn beschreibt sie sich als „leidenschaftliche Unternehmerin und engagierte Rennfahrerin mit einem einzigartigen Hintergrund an der Schnittstelle von Wirtschaft, Luxus und Hochleistungssport“. Ihr Studium in Business Management und Tätigkeiten in Immobilien, Unternehmensführung und Marketing hätten ihr ein Verständnis von Macht, Struktur und Kommunikation gegeben – ein Vorteil, wenn man gegen eine Organisation wie die FIA antritt.

„Ich bin jung und eine Frau – das ist eine doppelte Herausforderung“, bringt Villars ihre Absicht auf den Punkt. Doch sie sieht darin keine Bürde, sondern eine Chance: „Ich will das Mindset in dieser 121 Jahre alten Institution verändern.“ Ihr Ziel sei es, „Vertrauen wiederherzustellen und sicherzustellen, dass die FIA ihren Mitgliedern wirklich dient“. Villars: „Ich handle nicht gegen die FIA. Ich handle, um sie zu schützen. Demokratie ist keine Bedrohung – sie ist ihre Stärke.“
Klar ist: Ihre Klage richtet sich indirekt gegen den amtierenden Präsidenten Mohammed Ben Sulayem, der faktisch ohne Gegenkandidaten in eine zweite Amtszeit gehen könnte. Der Grund: Das Wahlverfahren schreibt vor, dass jeder Bewerber ein Team aus sieben Vizepräsidenten präsentieren muss – je einen Vertreter aus den sechs FIA-Weltregionen. Doch aus Südamerika ist nur Fabiana Ecclestone, die Ehefrau des früheren Formel-1-Bosses Bernie Ecclestone, wählbar – und sie steht bereits auf Ben Sulayems Liste. Damit ist keine alternative Kandidatur möglich.
Andere potenzielle Bewerber wie der Amerikaner Tim Mayer oder Spaniens Rallye-Legende Carlos Sainz Sr. gaben bereits entnervt auf. Mayer sprach von einer „Illusion von Demokratie“. Villars aber entschied sich, nicht zu schweigen, sondern zu handeln.
Was sie antreibt, ist nicht nur Ehrgeiz, sondern ein klares Werteverständnis. „Ich werde in die Verhandlung mit Ruhe, Offenheit und Entschlossenheit gehen“, sagt sie. „Ich hoffe, dass dies zu einem aufrichtigen Dialog im Dienste einer moderneren FIA führt. Eine Frau als Präsidentin würde zeigen, dass der Motorsport wirklich für alle offen ist. Diese Botschaft ist wichtig für die Zukunft des Sports.“
Fest steht: Das eigentliche Rennen der Frau, die bisher 58 Rennstarts absolviert hat, hat jetzt erst begonnen.
FOLGT UNS AUF YOUTUBE!
DAS IST F1-Insider.com!
