Ex-Williams-Teamchef Jost Capito spricht im Exklusivinterview über sein Aus beim Rennstall, seinen Nachfolger, neue Teams für die Formel 1 und das Race of Champions.
Herr Capito, wie ist es Ihnen seit ihrem Abschied vom Posten als Williams-Teamchef Mitte Dezember ergangen? Haben Sie schon ein bisschen die neugewonnene Ruhe einkehren lassen können?
Jost Capito (lacht): So viel Ruhe gab es gar nicht, denn man muss relativ viel vorbereiten, wenn man in den Ruhestand will: Rente beantragen und so weiter.
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Was war denn der Grund für Ihren Abgang als Williams-Teamchef? Von außen kam das ja schon recht überraschend, so kurz nach Saisonende.
Von außen hat man natürlich nicht den Einblick, aber ich habe ursprünglich mal gesagt, dass ich das zwei Jahre lang mache, eventuell ein drittes. Mittlerweile sind es aber so viele Rennen (23 pro Saison; d. Red.), das ist doch relativ anstrengend. Und das Team wieder nach vorne zu bringen, dauert auch einfach länger als zwei oder drei Jahre.
Dabei haben Sie bei dieser Mission ja durchaus Teilerfolge erzielt…
Ja, ich glaube einfach man muss erstmal die Basis legen und wenn die gelegt ist, kann man darauf aufbauen. Da war ich der Überzeugung, dass das jetzt der Fall ist und das habe ich auch im Gespräch mit dem Vorstand so kommuniziert: Dass man jetzt, wo man die Basis hat, auch jemanden haben sollte, der langfristig dableiben wird und es von da aus weiterführen kann.
Das heißt die Trennung war zu einhundert Prozent Ihre Entscheidung?
Wir haben uns einfach unterhalten, weil von Anfang an immer der Plan war, dass ich das zwei Jahre mache, höchstens drei. Also haben wir darüber gesprochen, was jetzt das Richtige ist und dann war recht schnell klar, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, um das zu übergeben.
Als Nachfolger für Sie hat Williams den bisherigen Mercedes-Strategiechef James Vowles verpflichtet. Sind Sie denn zufrieden mit der Lösung, die jetzt gefunden wurde?
Ja, ich habe mit James ja schon eng zusammengearbeitet, auch mit Mercedes und ihren Fahrern (wie Nyck de Vries; d. Red.). Er ist unheimlich kompetent, ich mag ihn sehr und er ist auch menschlich schwer in Ordnung. Entsprechend habe ich ihm natürlich auch gratuliert.
Waren Sie denn in die Überlegungen zur Nachfolge vor ihrem Abgang noch involviert, also wussten Sie, dass Vowles Sie beerben könnte?
Nein, das war zu dem Zeitpunkt noch relativ offen.
Glauben Sie, dass die Verzahnung mit Mercedes durch diese Personalie noch deutlich stärker wird? Der ein oder andere Gegner befürchtet ja schon, dass Williams mit Vowles‘ Wechsel endgültig zum B-Team von Mercedes wird.
Das glaube ich nicht, ich würde das schon eher als reinen Personalwechsel einstufen. Aber man arbeitet ja ohnehin immer eng zusammen, gerade bei den Themen wie Motoren und Getriebe. Also ich denke, da bleibt einfach alles so wie es ist.
Aktuell gibt es auch viele Spekulationen über neue Teams in der Formel 1, allen voran Andretti drängt auf einen Einstieg. Bei den entsprechenden Teamchefmeetings saßen Sie ja bislang immer mit am Tisch, wie beurteilen Sie also dieses Thema?
Man muss es sich ansehen, aber klar ist: Es sollten nur Teams kommen, die wirklich ein Konzept haben, die passende Infrastruktur und auch den finanziellen Background, um das zu stemmen. Ich glaube, der Formel 1 würde es nicht guttun, wenn ein Team reinkommt und dann recht schnell wieder rausgeht. Deshalb müssen die Teams, die reinkommen wollen, nachweisen, dass sie dazu auch in der Lage sind.
Zumindest im Fall von Andretti sollte das doch möglich sein, die führen schon seit vielen Jahren erfolgreiche Projekte in der IndyCar und Formel E, bauen dazu jetzt noch eine neue Mega-Fabrik…
Das ist aber immer nochmal etwas anderes als ein Formel-1-Team. Da müsste man schon genau in die Details gucken. Solange wie ich noch da war (bei Williams; d. Red.), gab es Andrettis Verbindung zu GM (General Motors; d. Red.) auch noch nicht. Von daher war das Thema zu diesem Zeitpunkt noch nicht so intensiv, dass man sich damit schon so sehr hätte befassen müssen.
Themenwechsel: Wir treffen Sie hier am Rande des Race of Champions in Schweden, sozusagen dem jährlichen Klassentreffen der Weltelite im Motorsport. Wie gefällt Ihnen dieses Event?
Bei dieser Veranstaltung steht vor allem der Spaß im Vordergrund. Natürlich sind alle ehrgeizig, sobald sie im Auto sind, da will dann selbstverständlich jeder gewinnen. Aber es läuft alles auf sehr freundschaftlicher Ebene ab, denn ansonsten geht es hier schon eher lustig zu: Abends wurde zum Beispiel Rundlauf-Tischtennis gespielt, also alles ganz entspannt. Es herrscht eine tolle Atmosphäre und es sind auch tolle Autos hier, wirklich eine schöne Veranstaltung.
Steckt das auch hinter Ihrem Besuch, also einfach Spaß haben und ein paar alte Bekannte treffen?
Ja, die guten Kontakte gibt es hier natürlich schon lange. Als ich damals noch bei Ford war, haben wir schon Autos gestellt für das Race of Champions. Außerdem macht mein Bruder hier viel in der Organisation, er baut die Strecke und macht die Logistik. Er wohnt allerdings in Thailand und deswegen sehe ich ihn relativ selten. Deshalb habe ich gesagt, jetzt wo ich Zeit habe, nehme ich die Kinder mit und komme hier her. Zumal es letztes Jahr (bei der Premiere in Pite Havsbad; d. Red.) vom Timing her nicht ging wegen meiner Aufgaben mit Williams.
Gibt es denn konkrete Pläne, wie es nun weitergeht bei Ihnen – oder wirklich kompletter Ruhestand?
Ich muss gucken was ich mache. Ich wäre gerne irgendwo ein bisschen behilflich, eventuell in einer Beraterrolle. Einfach ein bisschen helfen, wo man vielleicht helfen kann. Aber nicht mehr in so einer großen Firma, mit so vielen Leuten und dem ganzen Tagesgeschäft.
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