Er ist das deutsche TV-Gesicht der Formel 1. Kai Ebel ist mit „Kailights“ jetzt auch auf Youtube unterwegs. Wir haben ihn zu seiner Zeit in der Königsklasse befragt.
Kai Ebel, Sie haben gerade erst Ihren 500. Formel-1-GP absolviert und sind das deutsche Fernseh-Gesicht der Formel 1. Wie geht es Ihnen ohne regelmäßige Berichterstattung auf RTL?
Kai Ebel: Gut. Ich muss zugeben: Letztes Jahr habe ich gedacht, wieso höre ich mit 498 Rennen auf? Aber RTL zeigt ja nun doch noch vier Rennen, die 500 habe ich dadurch voll. Insofern bin ich rundum glücklich.
Mittlerweile sind Sie ja auch auf Youtube unterwegs.
Genau, meinen Kanal nenne sich sinnigerweise Kailights. Da erzähle ich weiterhin Geschichten, die mit der Formel 1 zu tun haben. Aber nicht aus Expertensicht, sondern aus meiner eigenen Sicht. Als Zuschauer von außen und mit meiner Kenntnis der Personen. Und ich mache da auch viel mit Autos, teste Sportwagen und will das weiter ausbauen.
Was ist ihr automobiler Favorit?
Ich liebe Ferrari, auch wenn es andere tolle Autos gibt wie Lamborghini, Bugatti oder Porsche. So einen Ferrari F8 finde ich schon sehr gelungen.
Wie gelungen finden Sie die Formel-1-Saison 2021?
Was mich freut: Es gibt endlich mal wieder so etwas wie einen Wettbewerb. Bei Mercedes wurde uns das teaminterne Duell in den letzten Jahren als offener Wettkampf vorgegaukelt. Da habe ich immer gedacht: Ich weiß, was ein Bühnenschauspiel ist. Es war doch klar, dass Valtteri Bottas Lewis Hamilton das Wasser nicht reichen konnte. Max Verstappen gegen Lewis Hamilton ist ein echtes Duell mit unterschiedlichen Typen aus unterschiedlichen Generationen, auf unterschiedlichen Fabrikaten und in unterschiedlichen Teams. So will man es im Sport haben.
Wer ist angenehmer am Mikrofon: Hamilton oder Verstappen?
Wenn ich ehrlich bin, komme ich mit Verstappen besser zurecht. Er ist authentischer und greifbarer. Bei Lewis habe ich manchmal das Gefühl, er ist unnahbar. Wenn er Lust hat, sagt er „Hallo.“ Wenn nicht, geht er einfach durch einen hindurch. Lewis schlüpft in verschiedene Rollen, während Max nur seine eigene spielt. Deswegen ist das Arbeiten mit Max berechenbarer und einfacher.
Die WM-Titel, die Max Verstappen noch haben will, die hat Sebastian Vettel schon. Wie sehen Sie seine Situation bei Aston Martin?
Ich hätte gesagt: Eine einzige Enttäuschung die Saison – und dann kam Monte Carlo. Da hat er gezeigt, welches Feuer noch in ihm brennt und was man machen kann, wenn der Fahrer zählt. Das Auto scheint nicht so gut zu sein, wie er und auch einige andere gehofft haben. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass er die besten Zeiten hinter sich hat und würde auch nicht darauf wetten wollen, dass Sebastian Vettel im Aston Martin noch Weltmeister wird.
Wie hat sich Vettel seit seiner Anfangszeit verändert?
Sebastian hat sich durch und durch weiterentwickelt. Das erste Mal hat er sich verändert, als er zu Ferrari gewechselt ist. Da wurde er ein viel ernsthafterer Mensch als der Lausbub, der mit Red Bull Weltmeister geworden ist. Da ist er auch mit der harten Realität konfrontiert worden. Jetzt macht er bei Aston Martin wieder einen entspannteren Eindruck – als ginge es in Richtung Formel-1-Rente. Getreu dem Motto: Jetzt nehme ich noch mal mit, was ich kriegen kann.
Nun ist mit Mick auch der Name Schumacher zurück in der Formel 1. Wie sehr freut Sie das?
Er macht es sehr, sehr gut und unaufgeregt bisher. Er fährt sehr intelligent, überdreht nicht. Das Gegenteil haben wir bei seinem Teamkollegen Nikita Mazepin gesehen, der auch schnell ist, es mit der Brechstange versucht hat. Micks Taktik: Er lernt Schritt für Schritt dazu. Das ist besonders in einem schlechten Auto wie dem Haas wichtig.
Inwiefern erinnert Mick Sie an den jungen Michael, den Sie in der Formel 1 ja von Anfang an begleitet haben?
Bei Väter und Söhnen gibt es immer Ähnlichkeiten. Ich glaube aber, dass er genauso analytisch vorgeht wie sein Vater und auf jedes Detail Wert legt. Äußerlich steckt Michael natürlich auch in ihm, klar.
Wie haben Sie die Anfangsjahre mit Michael bei RTL erlebt?
Das war von null auf hundert. Ich bin da mit Michael mitgewachsen und habe natürlich auch den Hype mitbekommen. Beim ersten Mal in Barcelona hätten wir auf der Tribüne noch Badminton miteinander spielen können, so leer war die. Zwei Jahre später war die Tribüne voller Teutonen, weil der Mischael fuhr. Er hatte sehr schnell einen Schumi-Tourismus ausgelöst und die deutsche Formel 1 wachgeküsst.
Sie haben vorhin schön die Veränderung von Sebastian Vettel beschrieben – wie entwickelte sich Michael in alle den Jahren weiter?
Michael hat sich weniger geändert. Er war immer zielstrebig, wusste genau, was er wollte. Wusste: Erfolg ist planbar. Er hat das eisenhart durchgezogen und er war auch nie der Lausbub wie Sebastian. Erst hinten raus bei Mercedes ist er ein bisschen lockerer geworden. Und während für Seb der Spaß bei Ferrari verlorengegangen ist, hat er für Michael bei Ferrari begonnen. Michael hat Ferrari verändert, hat neue Leute gebracht, gemeinsam mit Jean Todt den Rotwein zum Mittagessen abgeschafft. Bei Vettel war es umgekehrt: Ferrari hat ihn verändert.
Und wie war Michael als Interviewpartner?
Megaprofessionell und er wusste immer auch, dass er bei uns sein deutsches Publikum erreichen konnte. In Monza hat er mit auf der Startaufstellung entsprechend exklusiv verraten, dass Corinna und er Nachwuchs erwarten.
Wie sehr hat sich das Arbeiten in der Formel 1 seitdem verändert?
Die Formel 1 ist mittlerweile sehr professionell im Umgang mit den Medien. Früher war das Verhältnis zu den Fahrern individueller, insgesamt war alles wilder, in der Startaufstellung musste ich mich teils zu den Interviewpartnern durchboxen. Heute gibt es mehr Konzerndenken in der Formel 1, alles ist organisiert, als guter Reporter kann man weniger den Unterschied machen. Heute braucht es keinen Ebel mehr, um sich da durchzusetzen.
Waren auch die Parties früher besser?
Formel 1 ist groß geworden mit Sex, Drugs and Rock’n Roll. Das wurde dann runtergefahren, weil es nicht mehr so „schick“ war. Ist die Frage, was bei den normalen Fans besser ankommt. Ich denke, Vorschlag A. Die Fans lieben einen James Hunt und werden sich immer an einen Kimi Räikkönen erinnern – aber nicht an einen Bankbeamten, der auch mal im Formel-1-Auto gesessen hat.
War Kimi einer der anstrengenderen Interviewpartner?
Nein. Bei ihm wusste man immer, woran man war. Schwieriger waren meistens die Gegner unserer deutschen Piloten. Die hatten immer Verfolgungswahn, dass man ihnen als Deutscher was will. Es hat lange gedauert, bis ich Damon Hill überzeugen konnte, dass ich ein normales Interview mit ihm führen kann. Auch Jacques Villeneuve war am Anfang sehr misstrauisch. Schön waren auch Begegnungen mit diversen Stars, denen man ihre nationalen Vorlieben auch anmerken konnte. George Harrison von den Beatles begrüßte mich in Australien mal mit den Worten: „Hey Kai, everything okay with your fucking Schumi?“ Das war super.
Fehlt Michael Schumacher Ihnen heutzutage?
Ja, auch durch seinen Sohn merkt man, wie sehr Michael fehlt. Vor allem, weil ich kurz vor seinem Unfall noch eine DVAG-Interviewreihe mit ihm gemacht habe: „Ein Abend mit der Nummer 1.“ Das war eine Roadshow in verschiedenen deutschen Städten – und das sollte auch weitergehen. Er hat da auch richtig ausgepackt und Dinge erzählt, die er während seiner Karriere nicht erzählt hat. Das war toll.
Mittlerweile gibt es die Formel 1 nur noch bei vier Rennen im Free TV bei RTL. Machen Sie sich Sorgen um die Königsklasse hierzulande?
Ich glaube, die Formel 1 kann ganz gut auf sich selbst aufpassen. Aber insgesamt hat sie an Stellenwert verloren. Wenn sie nur noch im PayTV kommt und deutsche Erfolge ausbleiben, muss was passieren. Mick Schumacher in einem anderen Auto; dann sieht es schon wieder anders aus. Aber auch generell sollte man vielleicht die Gier ein wenig zurückfahren und sich mehr auf den traditionellen Kernmarkt der Formel 1 besinnen. Außerdem könnte man die WM verschlanken, denn jedes einzelne Rennen wird wichtiger, wenn es weniger gibt.
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