Formel 1: Red Bull

Max Verstappen hat vor Beginn der Europa-Saison bereits 32 Punkte Rückstand auf Oscar Piastri. Red Bull muss jetzt Vollgas geben.
Trost und Ablenkung findet Weltmeister Max Verstappen (27) gerade nur bei Tochter Lily. Sie ist gerade mal eine Woche alt, und hält den niederländischen Red-Bull-Piloten mit ihrer puren Anwesenheit davon ab, sich nicht schon nach dem sechsten Rennen der Saison ernsthaft die sportliche Sinnfrage zu stellen.
Denn nach dem GP von Miami müsste er das. Nach einer weiteren Glanzleistung im Qualifying, als Verstappen den Red Bull mit einer Zauberrunde auf die Pole Position stellte, kam die Ernüchterung im Rennen. Die Wahrheit auf dem Platz war: Über eine ganze Renndistanz kann auch „Magier“ Verstappen die Schwächen seines Autos nicht wegzaubern. Am Ende wurde es nur Platz vier, er kam mit fast 40 Sekunden Rückstand auf McLaren-Sieger Oscar Piastri ins Ziel.
Vom fünften WM-Titel in Folge will Verstappen deshalb auch gar nichts wissen. „Wir sind hier, um zu gewinnen, und davon waren wir meilenweit entfernt. Dann ist es auch egal, ob du Dritter oder Vierter wirst“, zieht der Niederländer ein emotionsloses Fazit nach dem Rennen. Dabei war es nicht das Resultat, das Verstappen frustriert. Es war die Art und Weise, wie McLaren dominierte. „Sie waren einfach meilenweit schneller als alle anderen, auf einer Strecke mit hoher thermischer Belastung für die Reifen“, analysiert er.
Besonders die Aufholjagd von Piastris Teamkollegen Lando Norris desillusionierte Verstappen und seine Chefs. „Da hat man das echte Tempo der McLaren gesehen“, stellt Red-Bull-Berater Helmut Marko klar. „Sie waren zwischen sieben Zehnteln und einer Sekunde pro Runde schneller – das ist schon deprimierend.“
Fakt ist: Die Hoffnung auf die Titelverteidigung hat Verstappen noch nicht ganz aufgegeben. Allein: Ihm fehlt der Glaube, dass sein Team ihm in Zukunft die richtigen Waffen liefern kann, um die McLaren in Zukunft wieder schlagen zu können. Ein Grund: Red Bull hatte extra einen neuen Unterboden nach Miami gebracht. Doch der verpuffte wirkungslos. „Wir haben uns mehr davon erwartet“, so Marko. „Aber es hat einfach nicht gereicht.“
Das größte Problem des Red Bull blieb ungelöst. Verstappen: „Unsere Reifen überhitzen immer noch zu stark. Das Auto macht es mir nicht immer noch nicht leicht. Mal hast du Untersteuern, mal Übersteuern. Die Balance stimmt einfach nicht. In der Quali kann ich das vielleicht noch überdecken – da geht es um eine Runde. Aber im Rennen, wenn die Reifen kühl bleiben müssen und du konstant fahren musst, dann hast du mit so einem Auto einfach kein Grip-Niveau mehr.“
Red Bull steckt jetzt in einer ernsthaften Krise. Das nächste Rennen in Imola wird deshalb zum Endspiel. Dann kommen die Techniker mit dem nächsten neuen Technikpaket, das Verstappens lahm gewordener Ente wieder Flügel verleihen soll.
Red-Bull-Insider wie Ex-Racing-Bull-Teamchef Franz Tost wissen: „Dieser Schuss muss sitzen, das gilt übrigens auch für Ferrari und Mercedes. Sonst ist die WM gelaufen und McLaren wird den Rest der Saison weiter dominieren,“ orakelt der Tiroler bei F1-Insider. „Dann kann auch ein Ausnahmepilot wie Max Verstappen nichts mehr ausrichten.“
Fest steht: Nach Imola muss Verstappen über seine sportliche Zukunft nachdenken. Aus seinem Umfeld ist zu hören: Es geht nur noch um Red Bull oder Mercedes. Aston Martin, das Verstappen mit Millionen und Ex-Red-Bull-Genie Adrian Newey als neuen Autodesigner lockt, ist kein Thema. Franz Tost sieht aber noch ein Szenario: „Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass Max erst mal ein Jahr Pause macht und sich in Ruhe anschaut, wer das neue Fahrzeugreglement und die neuen Motoren technisch am besten umgesetzt hat. Und dann zurückkommt. Denn eins ist sicher: Jeder will Max im Team haben, wenn er kann. Erstens, weil er jedes Team erheblich besser macht und Zweitens um zu verhindern, dass ihn jemand anders bekommt.“
Auch da könnte Tochter Lily eine gewichtige Rolle bei Verstappens Entscheidung spielen.
Autoren: Ralf Bach, Bianca Garloff
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