Formel 1: McLaren


Ralf Schumacher findet klare Worte: Für ihn steckt hinter McLarens Strategiepatzer mehr als ein Ausrutscher und Verstappen wittert seine WM-Chance.
Als hätte Zak Brown es geahnt. Vor dem GP in Katar hatte der McLaren-Boss Max Verstappen mit „diesem Typ aus dem Horrorfilm“ verglichen, „von dem man glaubt, er sei längst weg, und dann taucht er doch plötzlich wieder auf.“
Wie recht der US-Amerikaner behalten sollte. Der Red-Bull-Star holt nach einem Strategiepatzer von McLaren seinen 70. Sieg und den siebten in dieser Saison. Damit hält er die WM bis zum Finale in Abu Dhabi offen.
Zur Erinnerung: 104 Punkte Vorsprung hatte McLaren-Pilot Oscar Piastri nach Verstappens Heimrennen in Zandvoort auf den Niederländer. Eine Aufholjagd, die eigentlich illusorisch schien. Und doch hat der amtierende Champion Piastri mittlerweile überholt. Lando Norris liegt mit zwölf Zählern Vorsprung in Schlagdistanz – auch wenn Red Bull weiterhin auf Fehler von McLaren angewiesen ist.
Aber genau das ist das Problem für die Papaya-Truppe. Sie hat in diesem Jahr bereits so viele Fehler gemacht, dass Fans und Experten ihr auch beim Finale weitere Stolperer zutrauen.
Begonnen hat das Dilemma beim Großen Preis von Italien in Monza, als das britische Traditionsteam einen Fehler beim Boxenstopp von Lando Norris krampfhaft ausbügeln wollte, indem man Piastri zurückpfiff. Eine überkorrekte Auslegung der Papaya-Regeln, nach denen beide Piloten frei fahren und gleichberechtigt behandelt werden sollen.
Der Eingriff vom Kommandostand brachte Unruhe ins Team, verunsicherte Piastri und dessen Manager Mark Webber und führte zu Spekulationen über eine Bevorzugung des britischen Haus- und Hof-Fahrers Norris. Ein nicht geahndeter Rempler von Norris gegen Piastri in Singapur half da wenig, die Wogen zu glätten. Die Folge: Der Druck stieg – und mit dem Druck häuften sich die Fehler. Erst die Disqualifikation beider McLaren wegen eines minimal zu dünnen Unterbodens in Las Vegas, jetzt der peinliche Strategiepatzer von Katar.
„Wir haben einfach falsch entschieden“, räumt McLaren-Boss Zak Brown bei Sky immerhin ehrlich ein, legt damit aber auch die größte Schwäche seines Teams offen: „Im Moment fühlen wir uns nicht gerade wie Genies. Es war eine falsche Bewertung. Wir haben Max den Sieg geschenkt.“

Bleibt die Frage: Wie kann eine Mannschaft, die bereits in Singapur den Konstrukteurs-WM-Titel einsackte, solche Anfängerfehler machen? „Das ist das 1×1 des Rennsports“, kritisiert Sky-Experte Ralf Schumacher den Kommandostand nach Katar. „Da muss man nicht wirklich Doktor sein, um zu erkennen, dass man an die Box kommen muss.“ Für ihn ist klar: „Zwei Fahrer nach vorne zu bringen – das geht so nicht in der Formel 1. Mit dem überlegenen Auto im Feld kriegt McLaren ein Spitzenergebnis oft nicht hin. Sie stehen sich mit ihren Papaya-Regeln selbst im Weg, also mit dem Bestreben, beide Fahrer fair und gleich zu behandeln.“
Schumacher fordert ein Umdenken bei Herangehensweise und Personal: „Ich bin mir ganz sicher, dass sie sich viel zu viele Gedanken machen, um stets beide mitzunehmen. In so einer WM-Situation geht das einfach nicht. Wer auch immer dort diese Strategien strickt – es ist nicht das erste und auch nicht das zweite Mal, dass da ein Riesenschnitzer passiert. Eigentlich wäre es Zeit, nach einer besseren Lösung zu suchen.“
Und sich für eine klare Nummer eins zu entscheiden. Schumacher: „Aus meiner Sicht muss man sich bei McLaren jetzt festlegen. Max ist wie ein Hai, der Blut gerochen hat, und er nutzt eiskalt jede Chance. Lando braucht nun die Hilfe seines Teamkollegen.“ Allein: Piastri, dem McLaren in Katar den sicheren Sieg „gestohlen“ hat, dürfte das anders sehen.

Teamchef Andrea Stella steht deshalb vor seiner härtesten Aufgabe. Er muss Ruhe an den Kommandostand zurückbringen, die richtige Balance im Umgang mit seinen beiden Fahrern finden – und auch seine eigene innere Balance wiederherstellen.
Die Erinnerung an Abu Dhabi 2010 dürfte ihm dabei nicht helfen. Damals war Stella als Ferrari-Renningenieur von Fernando Alonso Teil jenes Teams mit der besten Ausgangsposition im WM-Kampf – trotzdem holte Sebastian Vettel 15 Punkte Rückstand auf und gewann nach einem bis heute kaum nachvollziehbaren Strategie-Fauxpas der Italiener seinen ersten WM-Titel. Erst kürzlich bezeichnete Stella den Tag im November in Abu Dhabi als den „schmerzhaftesten“ seiner Karriere.

Es ist Stellas ganz persönlicher Horror. Der McLaren-Horror dagegen heißt Max Verstappen. „Ihr könnt mich ab jetzt Chucky nennen“, witzelte der Niederländer darauf angesprochen in der Pressekonferenz nach dem Rennen. Wer es nicht weiß: Chucky ist die Hauptfigur aus der Horrorfilmreihe „Chucky – Die Mörderpuppe“. Sie taucht immer wieder plötzlich auf und richtet Chaos an. Genau deshalb wird Chucky gern als Bild für jemanden benutzt, der einfach nicht verschwindet, auch wenn man glaubt, ihn losgeworden zu sein – so wie Max Verstappen.
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