Alex Albon kann erneut nicht mit Max Verstappen mithalten. Der Holländer wünscht sich offen einen neuen Teamkollegen
Red-Bull-Pilot Alexander Albon (24) ist nicht zu beneiden. Seit Red Bull-Motorsportchef Helmut Marko (77) drei Zehntel Abstand zu Teamkollege Max Verstappen (23) als Messlatte zur Joberhaltung für den Thailänder erklärt hat, fährt Albon jedes Qualifying und jedes Rennen unter dem heißen Brennglas. In Portugal machte Albon seine Sache eigentlich ganz gut. Ein sechster Platz in der Startaufstellung liest sich nicht schlecht. Allein: Die erneute halbe Sekunde Abstand auf seinen Teamkollegen wiegt dabei schwerer als die drei Startplätze, die zwischen den Teamkollegen liegen. „Das ist zu viel“, war die klare Ansage von Sky-Experte Nick Heidfeld.
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Fest steht: Nach dem Qualifying in Portimao hat sich Albon wieder ein kleines Stückchen weg von der Vertragsverlängerung mit Red Bull bewegt. Im Rennen am Sonntag und den folgenden fünf danach muss er schon eine außergewöhnliche Leistung bringen, um sich wieder zurück ins Geschäft zu runden.
Das wird schwer genug. Denn: Je diffiziler der Red Bull am Limit zu fahren ist, desto schneller ist er. Weil Supertalent Verstappen damit klarkommt, wird das Auto nach den Bedürfnissen des Ausnahmetalents entwickelt. Albon kann da nicht mehr mithalten. Das bestätigt auch Marko: „Immer wenn das Auto Probleme macht, hat Albon Schwierigkeiten“, so der Grazer Doktor der Rechtswissenschaften.
Doch noch schützt Red Bull seinen Thailänder nach außen. „Er ist immer noch unsere erste Option für nächstes Jahr“, gibt Teamchef Christian Horner zu bedenken. „Solange er sich positiv entwickelt, ist Albon unser Mann“, ergänzt Marko.
Richtig glauben mag das niemand mehr. Immer wahrscheinlicher wird es, dass sich Red Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz entscheiden muss – er hat auch in Fahrerfragen das letzte Wort – über den eigenen Schatten zu springen. Weil das Juniorprogramm des Getränkekonzerns für 2021 noch keinen Nachwuchsfahrer bereit hält, der das Zeug hat, bei Red Bull Racing neben Verstappen zu fahren, müsste er einen Fahrer von außerhalb des Red Bull-Kosmos engagieren.
Zwei Namen stehen dabei laut Chefberater Helmut Marko zur Debatte: Der bei Racing-Point für Sebastian Vettel in die Wüste geschickte Mexikaner Sergio Perez und der Deutsche Nico Hülkenberg. Sportlich spricht dabei viel für den Emmericher. Doch um ihn zu verpflichten, müsste Mateschitz zumindest zum anderen ehernen Gesetz stehen, das sich Red Bull selbst auferlegt hat: niemals einen so genannten Pay Driver zu verpflichten. Einen Piloten also, dessen schlagkräftigsten Argumente die Gelder sind, die ihm seine Sponsoren als Mitgift in den Rucksack packen.
Dabei könnte Red Bull das Geld gut gebrauchen, das die mexikanischen Geldgeber in Perez investieren würden. Denn falls die Österreicher ihren Plan verwirklichen können, den Honda-Motor ab 2022 in Eigenregie einzusetzen, wird das bisher angesetzte Budget gesprengt.
Für Hülkenberg spricht Max Verstappen. Der Niederländer macht sich für seinen Kollegen aus Deutschland stark. „Nico ist ein großartiger Typ“, sagt er zu RTL. „Was er am Nürburgring geleistet hat, war großartig. Ich denke, er wäre ein guter Teamkollege, aber es ist nicht meine Entscheidung.“ F1-Insider weiß: Auch intern macht Verstappen Politik für Hülkenberg. Dass sich beide gut verstehen, liegt unter anderem an der Herkunft Hülkenbergs. Dessen Heimatstadt Emmerich liegt an der niederländischen Grenze, entsprechend gut spricht der Deutsche sogar holländisch.
Wichtiger aber noch: Verstappen weiß, dass er für 2021 im Duell gegen die dominierenden Mercedes Unterstützung braucht im eigenen Stall. Indirekt bestätigt das auch Motorsportberater Helmut Marko bei F1-Insider.com: „2020 hat es nicht geklappt, 2021 wollen wir aber endgültig den Angriff auf Mercedes wagen und Max zum Weltmeister machen, auch wenn er nicht mehr der jüngste Champion werden kann. Dafür brauchen wir auch einen konstanten zweiten Fahrer im Team. Unsicherheit können wir uns im WM-Kampf nicht leisten.“
Und Verstappen weiß auch: Um neben ihm nicht unterzugehen, braucht man ein gesundes Selbstbewusstsein und eine stabile mentale Stärke. Die hatte sein Ex-Teamkollege Daniel Ricciardo, die hat auch Nico Hülkenberg. Die haben aber weder Albon noch Perez, der dem großen Druck schon einmal nicht standhielt, als er 2013 im damaligen Topteam von McLaren an der Seite von Ex-Weltmeister Jenson Button fuhr.
Allein: Noch hält sich Helmut Marko bedeckt. Er gibt aber zu: „Wir fragen Max in der Fahrerfrage auch nach seiner Meinung. Wir kennen sie auch. Aber“, macht der Österreicher einen Scherz, „ob ein Fahrer holländisch kann, ist nicht entscheidend. Denn die Teamsprache ist Englisch.“
Von Ralf Bach und Bianca Garloff
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