Sergio Perez crasht im Qualifying von Ungarn: Wie lange tut Red Bull ihm das noch an?
Sergio Perez (34) kann einem schon ein bisschen leid tun. Da geht es am Freitag in Budapest mit nur zwei Zehntelsekunden Rückstand auf seinen Teamkollegen Max Verstappen endlich mal bergauf und dann fängt es im Qualifying doch wieder leicht an zu nieseln. Es sind jene Bedingungen, in denen der Fahrer den Unterschied machen kann. Und was macht Perez? Er crasht. Schon im ersten Qualifying-Segment. Zur Erinnerung: Da geht es eigentlich nur darum, zu überleben.
„Ich bin sehr enttäuscht“, sagt der Mexikaner anschließend in den TV-Interviews, die er zuletzt immer häufiger schon während des Qualifyings geben muss. „Das Auto war stark. Ich habe das ganze Team hängegelassen. Aber ich bin entschlossener denn je dorthin zurückzukommen, wo wir hingehören.“
Perez muss sich seine eigene Situation schönreden, denn die Zahlen zeigen die brutale Wahrheit. In den letzten sechs Qualifyings schied der Teamkollege von Max Verstappen vier Mal im ersten Abschnitt aus. In der WM hat er auf Rang sechs mit 118 Punkten nicht mal halb so viele wie Verstappen und erfüllt damit dem Vernehmen nach jetzt schon die Bedingung einer Kündigungsklausel, wonach er nicht mehr als 100 Punkte von seinem Stallgefährten entfernt sein darf.
Der Ton bei Red Bull wird deshalb rauer. „Wir bleiben bei unserem Vorgehen“, gibt Red Bulls Motorsportchefberater Helmut Marko offen zu. „Das nächste Rennen in Spa werden wir noch abwarten, dann setzen wir uns zusammen und schauen, was wir nach der Sommerpause machen werden.“ Von einem neuen Zweijahresvertrag, der erst in diesem Frühjahr groß angekündigt wurde, ist keine Rede mehr.
Bereits zuvor hatte der Grazer im ORF kein Blatt mehr vor den Mund genommen: „Es gibt verschiedene Formen von Leistungsklauseln. Letztlich ist es egal, wie ein Vertrag aussieht: Man muss einfach die Leistung bringen.“ Noch hat Red Bull in der Konstrukteurs-WM zwar 71 Punkte Vorsprung auf Ferrari, doch die Konkurrenz dreht langsam auf.
Das wird nun zu Perez‘ ganz persönlichem Problem: „Die Konstrukteursmeisterschaft ist für alle Mitarbeiter sehr, sehr wichtig, weil die Boni nach der Konstrukteurs-WM ausgezahlt werden“, verrät Marko. „Das heißt, wenn wir die Fahrerwertung gewinnen, haben die Mitarbeiter nichts davon. Darum muss man schauen, dass dieser Rückhalt weiter gegeben ist.“ Klar scheint: Er bröckelt.
Anhand solcher Statements fällt auch Ex-Weltmeister Nico Rosberg bei Sky auf: „Die Aussagen werden immer deutlicher. Da ist unglaublich viel Druck auf Perez.“ Ralf Schumacher ergänzt: „Die Spirale geht nach unten.“
Stellt sich die Frage: Muss Red Bull Perez und das Team endlich erlösen? Zumal schon am kommenden Wochenende in Spa-Francorchamps eines der gefährlichsten Rennen der Königsklasse ansteht. Da müssen die Piloten frei und fit sein im Kopf. Perez ist das zwangsläufig nicht mehr, wie sein Teamchef Christian Horner dann auch noch der Öffentlichkeit verrät: „Wir haben ein wirklich gutes und offenes Verhältnis“, berichtet der Brite. „Und ich habe mich mit ihm in der Küche meines Hauses hingesetzt, und gesagt: ‚Komm schon, was ist los? Gibt es da noch etwas anders?‘ Und er sagte: ‚Nein, ich denke, ich überdenke Dinge einfach etwas zu sehr.’“
Dass nach seinem neuerlichen Fauxpas in Ungarn sofort wieder mögliche Nachfolger ins Spiel gebracht werden, hilft da nicht. Der Neuseeländer Liam Lawson, der 2023 bereits Daniel Ricciardo nach dessen Handbruch in Zandvoort ersetzte, bekam jüngst sogar einen Filmtag-Test im aktuellen RB20 und wusste zu überzeugen. „Er war konkurrenzfähig“, hört man aus Insiderkreisen.
Helmut Marko sagt derweil ganz offen: „Lawson hat nicht nur den Test absolviert, er hat auch viel Simulatorarbeit gemacht. Er ist sicher ein Kandidat, falls es zu einem nötigen Wechsel kommen würde.“
Ein anderer wäre Yuki Tsunoda. Der Japaner fährt in seiner vierten Saison bei den Racing Bulls und hat sich zum Topfahrer gemausert. Auch er positioniert sich verbal: „Ich bin bereit, mit den Top-Teams um die vorderen Positionen zu kämpfen, und auch gegen Max. Wenn sie Liam nehmen würden, wäre das komisch. Liam hat im Simulator gute Arbeit abgeliefert, aber ich denke, ich habe mehr geleistet als er.“
Das Problem: Tsunoda gehört aus nicht bekannten Gründen nicht zu den Favoriten von Teamchef Christian Horner. Lawson wäre deshalb ein guter Kompromiss, zumal er den Japaner im vergangenen Jahr in drei von vier gemeinsamen Rennen geschlagen hat.
Perez spürt längst den heißen Atem seiner Red Bull-Konkurrenten im Nacken. „Ich muss die Störgeräusche jetzt einfach ausblenden“, schmiedet er einen Schlachtplan. Doch das alleine wird nicht helfen. Vielmehr muss der Mexikaner den aktuell störrischen Red Bull zähmen.
Von seinem Teamkollegen Max Verstappen kann er dabei keine Schützenhilfe erwartet. Der findet es „schade“, was Perez im Ungarn-Qualifying passiert ist. „Mehr will ich dazu nicht sagen.“ Für den Weltmeister scheint das Thema schon durch.
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Das ist F1-Insider.com
1. Lando Norris (Großbritannien) – McLaren 1:15,227 Min.
2. Oscar Piastri (Australien) – McLaren +0,022 Sek.
3. Max Verstappen (Niederlande) – Red Bull +0,046
4. Carlos Sainz Jr. (Spanien) – Ferrari +0,469
5. Lewis Hamilton (Großbritannien) – Mercedes +0,627
6. Charles Leclerc (Monaco) – Ferrari +0,678
7. Fernando Alonso (Spanien) – Aston Martin +0,816
8. Lance Stroll (Kanada) – Aston Martin +1,017
9. Daniel Ricciardo (Australien) – Racing Bulls +1,220
10. Yuki Tsunoda (Japan) – Racing Bulls +1,250
11. Nico Hülkenberg (Emmerich) – Haas 1:16,317
12. Valtteri Bottas (Finnland) – Kick Sauber 1:16,384
13. Alexander Albon (Thailand) – Williams 1:16,429
14. Logan Sargeant (USA) – Williams 1:16,543
15. Kevin Magnussen (Dänemark) – Haas 1:16,548
16. Sergio Perez (Mexiko) – Red Bull 1:17,886
17. George Russell (Großbritannien) – Mercedes 1:17,968
18. Zhou Guanyu (China) – Kick Sauber 1:18,037
19. Esteban Ocon (Frankreich) – Alpine 1:18,049
20. Pierre Gasly (Frankreich) – Alpine 1:18,166