Spaßvogel oder Vollidiot? An Nelson Piquet scheiden sich die Geister. Mit dem Rassismus-Eklat um Lewis Hamilton hat er die Frage nun selbst beantwortet. Eine Chronologie seiner Fehltritte:
Die Aufregung in der Formel 1 ist groß: Nelson Piquet beleidigt Lewis Hamilton rassistisch und erntet dafür einen Shitstorm sondergleichen. „Nelson Piquet Senior widert mich einfach an“, kommentiert beispielsweise McLarens langjähriger Kommunikationsdirektor Matt Bishop. Viele Fans weltweit sind schockiert über das Verhalten des Brasilianers, andere twittern mit Blick auf Piquets unrühmliche Vorgeschichte: „Er war schon immer ein Vollidiot.“
Denn bei genauerer Betrachtung ist es tatsächlich keine große Überraschung, dass sich mit Piquet ausgerechnet der Mann eine skandalöse Entgleisung leistet, dessen Liste an Anfeindungen und verbalen Verunglimpfungen in der Formel 1 sogar noch länger ist, als die seiner unbestreitbar großen Erfolge (Weltmeister 1981, 1983 und 1987).
Um die Welt gehen 1982 die Bilder von Piquets Faustkampf gegen Eliseo Salazar nach einer Kollision in Hockenheim. Doch wirklich Prügel beziehen Piquets Rivalen meist, wenn der 23-fache Grand-Prix-Sieger auf die verbale Überholspur wechselt: Piquet gilt schon zu seiner aktiven Zeit als Unsympath und Meister der psychologischen Kriegsführung, gerne auch immer unter der Gürtellinie.
Besonders oft Zielscheibe von Piquets Attacken: Ex-Teamkollege Nigel Mansell. Ab 1986 fahren beide gemeinsam für Williams, die Fehde wird dabei schnell persönlich und schmutzig: „Wenn meine Frau so hässlich wäre wie die von Mansell, würde ich jeden Tag einen Grand Prix fahren, um nicht daheim sein zu müssen“, ätzt Piquet in aller Öffentlichkeit und bezeichnet Mansell als „Idioten“ und „Arschloch“.
Legendär: Als Mansell beim Mexiko GP unter Montezumas Rache leidet, versteckt Piquet seinem Kollegen das Toilettenpapier und lacht: „Mansell hat nur simuliert, er wollte damit bereits die Ausreden für seine drohende Niederlage vorbereiten. Deshalb habe ich das Klopapier geklaut. Als er gemerkt hat, dass keines da ist, hat er gebrüllt wie ein Löwe (Mansells Spitzname; d. Red.).“
Nachdem Mansell wegen eines Unfalls im Saisonendspurt 1987 aussetzen muss und der WM-Titel deshalb kampflos an Piquet geht, spottet dieser: „Es gibt drei Unterschiede zwischen mir und Mansell: Erstens, er mag Golf und ich Tennis. Zweitens, er hat einen schlechten Geschmack bei Frauen und ich einen guten. Drittens, er hat drei Titel verloren und ich drei gewonnen.“
Auch Alain Prost, der 1986 noch vom Hassduell der Williams-Fahrer profitiert und den WM-Titel abstaubt, bekommt vom Brasilianer sein Fett weg: „Dieser Typ hat die Ehen von drei Piloten beendet, die mit ihm befreundet waren: Didier Pironi, Gérard Larrousse und Jacques Laffite“, poltert Piquet: „Er ist ein Holzfäller, der in das Haus seiner Freunde geht und ihnen die Frau stiehlt. Nur so kann er etwas erreichen, weil er sehr hässlich ist.“
Dabei inszeniert sich Piquet, der sieben Kinder von vier verschiedenen Frauen hat (darunter Ex-F1-Pilot Nelson Piquet Jr. und Max Verstappens Freundin Kelly Piquet) selbst gerne als Weiberheld: „Wenn ich so viele Kinder hätte, wie man sagt, wäre ich definitiv kein Pilot, sondern Pornodarsteller.“ Das Macho-Gehabe des Platzhirschen bekommt dann auch ein anderer Fahrer zu spüren: Ayrton Senna.
Sein acht Jahre jüngerer Landsmann ist der neue aufstrebende Stern am Formel-1-Himmel und der Liebling aller Brasilianer. Piquets Reaktion: Er versucht Senna zu diskreditieren, streut über Journalisten Gerüchte in den Medien. „Senna steht nicht so sehr auf Mädels, sein Geschäft sind große Jungs. Ich habe ihn noch nie mit einer Frau gesehen“, behauptet Piquet.
Dabei verweist er unter anderem auf Sennas kurze Ehe sowie dessen enge Freundschaft zu seinem Servicemann. Im katholisch-konservativen Brasilien der Achtziger muss Senna um seinen Ruf fürchten, heuert deshalb sogar Models an, mit denen er sich öffentlichkeitswirksam umgibt. Hinter den Kulissen droht die Senna-Seite Piquet mit einer Verleumdungsklage, am Ende einigt man sich außergerichtlich.
Erst nach Sennas Tod 1994 zeigt sich Piquet geläutert, sagt: „Ich garantiere, dass mich der Verlust von Senna auf eine Weise getroffen hat, die ich mir niemals hätte vorstellen können. Er war ein sehr harter Gegner und das größte Naturtalent, das ich je in der Formel 1 gesehen habe.“ Nur um kurze Zeit später wieder ein Fettnäpfchen zu finden: In einem TV-Interview scherzt Piquet: „Ein Journalist hat mich mal gefragt, wer der Beste ist: Senna oder ich? Dazu sag ich nur: Ich lebe noch.“
Dabei hat Piquet ausgerechnet in Sennas Todeskurve Tamburello 1987 selbst einen schlimmen Unfall, von dessen Folgen er sich laut eigener Aussage nie ganz erholt. 1992 verunglückt Piquet auch beim Training zu den Indianapolis 500 schwer und zieht sich erhebliche Beinverletzungen zu. Danach ist seine sportliche Karriere mehr oder weniger beendet. Mit dem Verkauf von Ortungssystemen für Lastwagen, Autos und Schiffe verdient Piquet in seiner Heimat anschließend als Geschäftsmann ein Vermögen.
Die Schlagzeilen um den streitbaren Ex-Weltmeister reißen jedoch nicht ab: Selten positiv, weil er etwa ohne mit der Wimper zu zucken für die Behandlungskosten eines seiner alten BMW-Mechaniker aufkommt, der im Brasilien-Urlaub einen Herzinfarkt erleidet – meistens negativ, weil Piquet wegen diverser Verkehrsdelikte seinen Führerschein abgeben muss, er sich als glühender Fan von Brasiliens nicht minder umstrittenen Präsidenten Bolsonaro outet oder nun Lewis Hamilton als „kleinen N****“ bezeichnet.
Hamilton bringt es mit seiner Reaktion auf Piquets Aussetzer auf den Punkt, twittert in Bezug auf die rassistischen Kommentare: „Es gab genug Zeit, um zu lernen. Jetzt ist die Zeit des Handelns gekommen.“ In Piquets Fall muss man feststellen: 70 Jahre wird der Brasilianer am 17. August alt… und ist noch immer kein bisschen weise.
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