Red Bull-Motorsport-Chefberater Helmut Marko im Interview über Doppelweltmeister Max Verstappen, Sebastian Vettel und Hauptgegner Mercedes.
Herr Dr. Marko, wie haben Sie die Jahreswende verbracht?
Helmut Marko (79): Nach dem letzten Rennen in Abu Dhabi war ich längere Zeit in Japan bei Honda, zusammen mit den beiden Fahrern. Danach wurde es etwas ruhiger. Ich habe aber nicht nur besinnliche Feiertage gehabt, sondern kontinuierlich weitergearbeitet. Zum Beispiel habe ich ein längeres Gespräch mit Oliver Mintzlaff gehabt, dem neuen Verantwortlichen für unser Formel-1-Projekt.
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Wie war der erste Eindruck von ihm?
Es war ein sehr konstruktives Gespräch. Das nächste wird bald folgen.
Wie oft hatten Sie Kontakt mit ihren Fahrern Max Verstappen und Sergio Perez?
Regelmäßig. Wie gesagt, wir waren Anfang Dezember lange zusammen in Japan. Sie hatten eine Menge Spaß zusammen. Danach wurde immer wieder telefoniert.
Verstappen hat sich kürzlich extrem aufgeregt, weil er als passionierter Simracer bei den virtuellen 24 Stunden von Le Mans den Sieg nur deshalb verpasste, weil es Probleme bei der Verbindung gab. Kann man davon ausgehen, dass dieses Thema jetzt Vergangenheit ist und er sich jetzt nur noch aufs richtige Racing konzentrieren wird, um seinen dritten WM-Titel in Folge einzufahren?
Marko (lacht): Das Gegenteil ist der Fall. Er hat sich sogar seinen Privatflieger umbauen lassen, damit er in der Luft in Zukunft Simulator fahren kann. Aber das ist auch gut so, weil Max diese Ablenkung braucht. Bei seinen zwei Titeln jedenfalls hat sie ihm nicht geschadet.
Wie hat sich Rückkehrer Daniel Ricciardo, der in dieser Saison dritter Pilot sein wird, eingelebt?
Sehr gut. Er hatte schon tolle PR-Events für Red Bull. Das war ja auch ein Grund, warum wir ihn zurückgeholt haben.
Nach seinem enttäuschenden Intermezzo bei McLaren: Glauben Sie, er hat das Fahren verlernt?
Es ist schwer aus der Distanz zu beurteilen, woran es gefehlt hat. Bei Renault hatte er ja auch schon leichte Schwierigkeiten. Er wird sicher bald den einen oder anderen Reifentest für uns fahren, dann sehen wir klarer.
Haben Sie auch noch Kontakt zu Sebastian Vettel?
Ja. Im Moment ist er mit der ganzen Familie in der Arktis abgetaucht. Macht dort Urlaub. Ich denke, erst im März wird er wieder richtig ansprechbar sein.
Es gab in letzter Zeit ein Teamchef-Beben. Andreas Seidl wechselte von McLaren zu Sauber, dem zukünftigen Audi-Team. Frederic Vasseur ging dafür als Nachfolger von Mattia Binotto zu Ferrari, der dort das Handtuch warf. Schließlich zog es den Mercedes-Chefstrategen James Vowles als Nachfolger von Jost Capito zu Williams. Haben Sie Angst, dass der letzte Wechsel strategisch gewollt war und Williams zum Mercedes-B-Team-wird?
Nein, ich habe da ganz andere Informationen. Vowles ging aus eigenem Antrieb und – so hört man – nimmt sogar gute Techniker mit. Meine Quellen sagen mir, dass deshalb die Stimmung bei Mercedes angespannt ist.
Eine Schwächung also für Lewis Hamilton und Co.?
Das wird man sehen. Ich glaube aber nach wie vor, dass Mercedes unser größter Herausforderer sein wird, was unsere Titelverteidigung betrifft.
Wie bewerten Sie das momentane Desinteresse der Formel 1 in Deutschland? RTL überträgt nicht mehr die vier Rennen, die Rechteinhaber Sky fürs Free-TV abgeben muss. ARD und ZDF machten deutlich klar, die Formel 1 passe nicht in ihr Weltbild. Nach zähem Ringen lässt sich jetzt wohl Pro7 überreden, die vier Rennen im Free TV zu zeigen.
Es ist unglaublich, was gerade in Deutschland passiert. In Österreich ist es genau umgekehrt. Da boomt die Formel 1 mehr als je zuvor. Das Red Bull-Team wird als österreichisches Nationalteam gesehen und dementsprechend fiebert das ganze Land mit. Deshalb hoffe ich sogar, dass Mercedes wieder stark sein wird, damit die Deutschen sich mit ihnen identifizieren werden.
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