Lewis Hamilton und Ferrari: 2025 treffen zwei legendäre Namen des Motorsports aufeinander. Aber kann das gutgehen? Wir haben mit Sky-Experte Ralf Schumacher über die Mega-Paarung gesprochen.
Herr Schumacher, die Formel-1-Saison ist gerade beendet, da klopft die neue schon an. 2025 wird Lewis Hamilton für Ferrari fahren: Da treffen dann zwei Formel-1-Ikonen aufeinander. Was bedeutet das für den Sport?
Ralf Schumacher: Da treffen zwei legendäre Namen aufeinander, mit Sicherheit. Man hat ja schon gesehen, wie die Ferrari-Aktien in die Höhe schnellten, als der Wechsel von Lewis zu Ferrari bekannt gegeben wurde. Der Deal birgt aber auch ein großes Risiko, wenn es nicht funktioniert.
Wie groß ist die Gefahr denn?
In meinen Augen schon sehr groß, wenn Lewis keinen ähnlichen Fahrstil hat wie sein neuer Teamkollege Charles Leclerc. Was das bedeutet, haben wir ja jetzt bei Mercedes gesehen. Da war George Russell schneller als Hamilton. Eins ist klar: Ferrari wird nicht in der Lage sein, zwei verschiedene Autos zu bauen. Das kann kein Team.
Was hatte Russell Hamilton bei Mercedes voraus?
Ein junger Fahrer hat mehr Kapazitäten und versteht es besser, sich auf ein Auto einzustellen. Er versteht besser, welches Limit ein Auto hat. Man muss das so verstehen: Ein Auto gibt eine Rückmeldung, wo das Limit ist. Ein junger Fahrer kann mit einem Ingenieur besser damit arbeiten. Ein so erfahrener und erfolgreicher Pilot wie Lewis war erfolgreich auf Autos, die zum größten Teil nach anderen Regel gebaut wurden und zufällig zu seinem Fahrstil gepasst haben. Heute sind die Autos schwerer und träger zu fahren.
Es gibt weniger mechanischen Grip. Das heißt, besonders in den Bremszonen musst du deinen Fahrstil umstellen. Und genau da hat Lewis gegenüber Russell Zeit verloren. Besonders im Qualifying wurde es sichtbar, dass Lewis oft nicht mehr genau wusste, wie er bremsen sollte. Deshalb hatte er auch oft Probleme, den Scheitelpunkt zu treffen. Er war es gewohnt, extrem spät zu bremsen, das ging mit dem Mercedes nicht mehr so. Aber er ist nicht der einzige, der eine stabile Vorderachse braucht. Max Verstappen auch. Aber der ist auch in der Lage, mit einem instabilen Heck umzugehen.
Hängt das Problem mit dem fortgeschrittenen Alter zusammen?
Nein, Lewis brauchte schon immer ein Auto, das in der Balance ist. Nicht ganz so wie Sebastian Vettel, der eine extrem stabile Hinterachse brauchte, aber ähnlich. Der Vorteil, den Lewis hat, ist seine Erfahrung. Er kann sehr gut ein Rennen lesen. Aber ich befürchte, im Qualifying wird er gegen seinen neuen Teamkollegen Charles Leclerc einige Zehntel liegenlassen.
Er muss hoffen, dass Leclerc einen ähnlichen Fahrstil hat, denn nach seinen Angaben wird der neue Ferrari entwickelt. Dazu kommt: Leclerc ist – glaube ich – cleverer in Sachen Fahrzeugabstimmung als viele ihm zutrauen. Extrem schnell war er schon immer, aber er hat in dieser Saison nochmal einen Schritt gemacht, was seine Konstanz im Rennen betrifft. Besonders in Sachen Reifenmanagement war er sehr gut. Leclerc hat die Messer schon jetzt gewetzt.
Ist es ein Vorteil, dass Ferrari-Teamchef Fred Vasseur Hamilton schon lange kennt? Der Franzose hat ihn ja geholt.
Nein, er wird im nicht wirklich helfen können, so wie es Toto es in diesem Jahr auch nicht konnte. Beide sind nicht für die Konstruktion des Autos zuständig. Fazit: Lewis muss sich die Fahreigenschaften des Autos anpassen und nicht umgekehrt.
Was ist anders als bei Ihrem Bruder, der Ferrari zu fünf WM-Titeln führte?
Der größte Unterschied ist, dass Michael neben vielen anderen Eigenschaften in der Lage war, zusammen mit den Ingenieuren ein Auto perfekt für seinen Fahrstil zu entwickeln. Das kann Lewis nicht. Das konnte er noch nie, wenn man den Aussagen der Mercedes-Techniker mal genau zuhört. Toto Wolff hat ja mehr als einmal betont, dass ein Fahrer Gas geben soll und die Ingenieure entwickeln. Bloß: Das sagte er auch deshalb, weil anscheinend seine Fahrer nicht fähig waren, den richtigen Input zu geben.
Da war Michael völlig anders. Er hatte seinen Vertrauten wie Ross Brawn oder Jean Todt immer die Richtung vorgegeben. Für Lewis macht das die Sache nochmal schwerer: Weil Charles Leclerc der Platzhirsch ist. Ihn kennt jeder im Team. Für Lewis ist bei Ferrari erst mal alles neu. Dazu kommt: Michael kam als aktueller Weltmeister zu Ferrari und war wesentlich jünger. Das ist beides bei Lewis nicht der Fall.
Merkt man bei Lewis das Alter?
Ja, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Plötzlich fragst du dich, warum der Teamkollege schneller fahren kann. Der Film läuft im Alter plötzlich schneller ab. Besonders im Qualifying und da, wie erwähnt, speziell beim Bremsen. Dann versucht man verzweifelt, das Auto zu überfahren – und die Fehlerkette beginnt. Im Rennen sind die Autos bis zu fünf Sekunden langsamer als im Qualifying. Da ist alles noch überschaubarer.
Zweimal habe ich bei Lewis auch in dieser Saison schon genau diese Art von Selbstzweifeln festgestellt. Bei seinem Sieg in Silverstone, als er überglücklich sagte, er dachte schon er hätte das Fahren verlernt. Und nach dem Qualifying in Katar: Dort merkte er frustriert an, er wäre nicht mehr gut genug. Ich denke seine Niedergeschlagenheit kam von Herzen und war echt. Ich bewundere seine Ehrlichkeit.
Ist die Gefahr da, dass Lewis seinen Zweijahres-Vertrag nicht erfüllt?
Die Gefahr ist da, wenn alles negativ läuft. Ich glaube, wenn Lewis feststellt, dass er seinen eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht wird, sagt er das dann auch. Und wird seinen Platz freimachen.
Wie lange wird speziell die italienischen Presse Hamilton Legendenschutz gewähren?
Die Erwartungen sind groß, die Emotionen auch. Mehr als ein halbes Jahr wird man keine Geduld haben, wenn es nicht läuft. Den Druck von außen ist er nicht gewohnt. In Italien ticken die Uhren etwas anders. Selbst zu Michaels Zeit, wollte man Jean Todt schon feuern, als es zu lange mit den Erfolgen gedauert hatte. Michael hat das verhindert und es kam dann doch noch zum Happy End. Das bezweifle ich leider bei Lewis. Aber vielleicht hat er ja das Glück, dass das Auto zu ihm passt. Dann kann alles sehr gut ausgehen. Allein, ich habe da meine Zweifel.
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