Exklusives Interview mit Mick Schumacher über seine erste Formel-1-Saison, große Ziele, Sebastian Vettel und 2022
Herr Schumacher, wir stehen kurz vorm Ende Ihrer ersten Formel-1-Saison. Mit welchen drei Sätzen würden Sie Ihr Premierenjahr bisher kurz beschreiben?
Mick Schumacher (22): Erstens: Ich habe viel gelernt. Zweitens: Ich kann schon viel Positives mitnehmen. Den dritten Satz würde ich mir fürs Ende der Saison aufheben. Vielleicht kommt ja noch ein gutes Rennen um die Ecke (lächelt).
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Sie meinen, Sie würden dann gerne noch den Satz „Es war ein erfolgreiches Jahr, weil es auch Punkte gab“, hinzufügen?
Hoffentlich!
Und wie zufrieden sind Sie bisher mit Ihren Leistungen?
Ich glaube, ich kann zufrieden sein. Es wäre unfair zu sagen, dass alles schlecht war. Wir haben gute Rennen gezeigt und uns stetig verbessert. Ich fühle mich einfach extrem wohl im Team und im Auto.
Sie stammen aus einer Formel-1-Familie: Ist die Königsklasse so, wie Sie sie aus den Erzählungen kennen oder hat Sie etwas überrascht?
Ich habe jetzt meine eigenen Erfahrungen gemacht, aber wirklich überrascht hat mich eigentlich nichts. Generell hat sich die Formel 1 im Vergleich zu früher verändert. Was viele Fans vielleicht nicht verstehen: Dass alle Autos anders sind und unseres leider das langsamste ist. Deshalb habe ich betont, dass eben trotz dieser Ausgangssituation nicht alles schlecht war. Für die Insider ist klar, dass wir eine gute Leistung hinlegen mit dem, was wir haben. Und darauf können wir stolz sein.
Worüber ärgern Sie sich am meisten? Über den Crash vorm Qualifying in Monaco vielleicht?
Ich glaube, dass Monaco fürs erste Mal eigentlich ganz okay war. Klar ist es schade, dass die Wände dann doch etwas näher kamen als geplant. Aber diese Fehler gehören auch dazu, um zu wachsen. Und lieber mache ich jetzt solche Fehler, als dann, wenn es um die Wurst geht.
Ihr Teamchef hatte sie zwischenzeitlich relativ hart für den ein oder anderen Trainingscrash kritisiert.
Jeder darf seine Meinung frei und offen sagen. Die Kritik hat mich in keinster Art und Weise negativ beeinflusst. Im Gegenteil: Die Leistung, die danach gekommen ist, hängt ein bisschen auch damit zusammen. Denn aus Kritik soll man ja lernen.
Im Teamduell gegen Nikita Mazepin ging es teilweise auch recht intensiv zur Sache. Wie wichtig ist es, sich da auch politisch im Team durchzusetzen?
Intern war es eigentlich ein weniger hart geführtes Duell. Aber es war neu und ungewohnt für mich, dass man gewisse Themen in den Medien so offen austrägt. Im Endeffekt habe ich mich damit allerdings nicht wirklich groß aufgehalten, sondern einfach mein Ding weitergemacht.
Ihr Ding haben Sie auch auf der Strecke gemacht und bewiesen, dass Sie sich durchsetzen können – nicht nur gegen Mazepin…
Besonders Spaß gemacht hat mir da natürlich das Duell mit Max (Verstappen; d. Red.) in Budapest. Da habe ich gezeigt, dass ich meine Ellenbogen ausfahren und schnellere Autos hinter mir halten kann.
Was können Sie aus solchen Duellen mit Verstappen oder auch Lewis Hamilton, der auch an Ihnen vorbei musste, mitnehmen?
Mit Sicherheit einiges. Und das ist wichtig für nächstes Jahr, wo ich mich hoffentlich im Mittelfeld mit anderen Piloten duellieren kann.
In Imola und der Türkei sind Sie auch mit Fernando Alonso aneinandergeraten, dem Fahrer, der Ihren Vater als Weltmeister abgelöst hat.
Das war natürlich schön. In der Türkei sind wir uns dann ja auch ein wenig zu nah gekommen (lacht). Aber ich freue mich über jedes Duell, denn in der Formel 1 ist jeder Pilot eine Herausforderung.
Mit Sebastian Vettel sind Sie eng befreundet. Wo kann er Ihnen in Ihrem Debütjahr helfen?
Ich hatte am Anfang recht viele Fragen. Und die hat er mir alle beantwortet. Dafür bin ich sehr dankbar. Er kennt meinen Papa sehr gut und ist dadurch für mich der erste Ansprechpartner in der Formel 1 geworden. Er hat so viel Erfahrung und alle Situationen schon mal durchgemacht. Aber auch privat ist er ein extrem netter Mensch und ein sehr guter Freund.
Das Formel-1-Fahrerlager ist ein Haifischbecken. Kann Vettel Ihnen da auch politisch helfen?
Sagen wir mal so: Ich hoffe, dass ich mir mit seinen Ratschlägen ein paar Fehler ersparen kann.
Sie haben zuletzt gesagt, dass die Lernphase, die Sie gerade durchmachen, Sie irgendwann in die Lage versetzen soll, um den WM-Titel zu kämpfen. Ist das aus jetziger Sicht ein realistisches Ziel?
Auf jeden Fall. Sonst wäre ich im falschen Sport. Ich habe schon das Gefühl, dass ich es schaffen kann, eines Tages Weltmeister zu werden. Wenn ich das Gefühl nicht hätte, würde ich ja jemand anderem ein Auto wegnehmen, um einfach nur mit zu rollen. Das ist nicht der Fall. Ich strebe nach dem Erfolg in der Formel 1.
Inwiefern wird Ihnen jetzt, wo Sie die Formel 1 selbst von innen kennengelernt haben, noch mehr bewusst, was Ihr Vater geleistet hat?
Ich habe einen Riesenrespekt davor, was Papa geleistet hat. Wobei das für mich auch schon recht klar war, als ich angefangen habe. Denn alleine der Weg in die Formel 1 ist hart, besteht aus viel Arbeit und vielen Überstunden. Und wenn man in der Formel 1 ankommt, wird das nicht weniger, sondern man muss noch mal das Doppelte leisten. Dass mein Papa das über so viele Jahre mit so viel Erfolg geschafft hat, macht mich schon stolz und spornt mich an.
Ihr nächster Schritt ist, Haas ins Mittelfeld zu führen. Wie gehen Sie da vor?
Jeder Fahrer hat eine andere Herangehensweise. Manche arbeiten lieber für sich, manche eher im Team, indem sie versuchen, jeden einzelnen voranzubringen und mitzunehmen. Ich bin jemand, der gemeinsam mit dem Team wachsen will und versucht, das Beste aus jedem rauszuholen. Ich motiviere meine Teammitglieder, immer 100 Prozent zu geben. Ich glaube, dass das mittel- bis langfristig auch das Team voranbringen wird.
Wie lautet Ihr Ziel für 2022, wenn alle mit einem neuen Auto nach neuen Regeln fahren? Haas rückt mit einer neuen Fabrik in Maranello ja auch näher an Ferrari ran.
Das stimmt. Wir sind ja praktisch das Ferrari-B-Team, wo die Ferrari-Junioren wie ich fahren können. In Maranello haben wir jetzt die Möglichkeit im Windtunnel von Ferrari zu arbeiten. Das wird ein Vorteil sein.
Welche Ergebnisse haben Sie angepeilt?
Konstant in Q2 ist das Ziel, Q3 der Wunsch.
Wie wichtig wird es für Sie im nächsten Jahr auch auf sich aufmerksam zu machen? Ziel eines Ferrari-Juniors ist letzten Endes ja auch das Ferrari-Cockpit.
Mein Fokus liegt auf nächstem Jahr. Da will ich gut abschneiden und mein Talent und meinen Arbeitswillen zeigen und beweisen, dass ich das Zeug habe, in der Formel 1 auch weiter vorn mitzumischen.
Wie sah das Feedback von Ferrari-Teamchef Mattia Binotto bisher aus?
Was ich so mitkriege, waren alle happy mit dem, was ich bisher gezeigt habe. Aber mir ist auch klar, dass ich nächstes Jahr den nächsten Schritt machen muss.
Von: Bianca Garloff, Ralf Bach
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