Lance Stroll ist seit sieben Jahren in der Formel 1. Ein Überflieger war er nie. Aber die Niederlage gegen Fernando Alonso stimmt nachdenklich. Die Statistik auch.
Was wohl die Motivation hinter diesen Aussagen von Fernando Alonso über seinen Teamkollegen Lance Stroll ist? „Es hat mich beeindruckt, sein Engagement und seine Motivation in den Höhen und Tiefen zu sehen. Er war so entschlossen, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen.“
Alonso streut seinem Teamkollegen Rosen. Vielleicht sind das wirklich ehrlich gemeinte Worte des Spaniers. Vielleicht will er damit seinen Stallgefährten auch wieder aufbauen. Denn: Stroll auf Alonso-Niveau und Aston Martin wäre nicht Fünfter, sondern vielleicht sogar WM-Zweiter geworden.
Vielleicht aber steckt auch Kalkül dahinter. Fahrer reden Teamkollegen immer stark – denn das lässt auch sie im besseren Licht erscheinen. Alonso hat Stroll deklassiert: 19:3 im Qualifying, im Schnitt war er da um eine halbe Sekunde schneller. 206:74 nach Punkten. 952:187 Rennrunden lag er vor ihm. Und das mit 42 Jahren.
Gegen einen 25-Jährigen, einen Bezahlfahrer, den Sohn des Teambesitzers, mit Handverletzung in der Saison und Rücktrittsgedanken während des Jahres – so zumindest das Bild der Öffentlichkeit. Alonso will das Gegenteil zeichnen. Stroll als fleißiger Arbeiter, top motiviert, immer versucht, das Beste aus seinem Talent herauszuholen. Wäre dem so, wäre Alonsos Leistung noch grandioser.
Aber was sagt Stroll selbst? „Es war eine schwierige Saison, ganz klar. Es gab frustrierende Momente, aber auch hoffnungsvolle.“
Wer es heute in die Formel 1 schafft, der ist gewiss kein schlechter Rennfahrer. Aber wer es heute in die Formel 1 schafft, der braucht auch die richtigen Förderer – oder eben richtig viel Geld. Vater Lawrence Stroll hat seinen Sohn vor sieben Jahren bei Williams in die Formel 1 gebracht – mit 80 Millionen Dollar und privaten Formel-1-Tests. Seit fünf Jahren besitzt er mit Geschäftspartnern sein eigenes Formel-1-Team. Stroll hat dort einen Freifahrtsschein.
In sieben Jahren hat der Junior bisher nicht viel gezeigt. Gewiss: Drei Mal kletterte er auf das Formel-1-Treppchen. Aber er hatte gegen jeden seiner Stamm-Teamkollegen stets das Nachsehen. Gegen Sebastian Vettel schlug er sich dabei sogar noch erstaunlich gut – 15 Mal setzte er sich im Qualifying gegen den viermaligen Weltmeister durch, startete also 15 Mal vor Vettel ins Rennen. 27 Mal verlor er. Da ist das Duell mit Alonso viel deutlicher.
Rechnet man Strolls sieben bisherige Formel-1-Teamgefährten zusammen, kommt er auf eine Quali-Bilanz von 38:106. Mehr als 100 Mal hat er damit im Qualifying eine Niederlage eingesteckt. 74 Prozent seiner Quali-Duelle hat er verloren.
Diese Quote ist bei der Anzahl an Jahren und Rennen erstaunlich. Natürlich gibt es Fahrer, die nie in einem Qualifying schneller als ihre Teamkollegen waren. Aber die sind dann nie mehr als zwei Dutzend Formel-1-Rennen gefahren. Stroll kommt auf 143 Starts und 144 Qualifyings.
Vergleichbar ist der Fall Pedro Diniz. Auch der Brasilianer kam in die Formel 1 mit mehr finanziellen als sportlichen Argumenten. Seine Sponsoren hielten in den 1990er Jahren sechs Jahre lang Teams wie Forti, Ligier, Arrows und Sauber über Wasser. Im Gegenzug durfte er fahren. Die Quali-Bilanz gegen seine fünf Teamkollegen: 27:72. Er hat also 73 Prozent seiner Quali-Duelle verloren.
Und es gibt noch einen Fahrer mit mehr als 50 Grands Prix, der eine ähnlich schlechte Qualifying-Bilanz hat wie Stroll: Stefan Johansson. Der Schwede hatte in den 1980er Jahren eine turbulente Formel-1-Karriere, die ihn in zehn Formel-1-Teams geführt hat – darunter Hinterbänklerteams wie Onyx und AGS, aber auch Topteams wie Ferrari und McLaren. In 99 Qualifyings war er nur 25 Mal schneller als seine Teamkollegen (von denen er zwölf hatte). Auch er hat damit 73 Prozent seiner Quali-Duelle verloren.
Aber 74 Prozent Niederlagen – das hat bisher nur Stroll geschafft. Und 2024 dürfte sich diese Bilanz wohl noch verschlechtern. Auch wenn Alonso dann schon seinen 43. Geburtstag feiern wird.
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