Ex-Formel-1-Pilot Marc Surer analysiert den F1-Saisonstart und spricht über Ferrari, Vettel und Schumacher
Ex-Formel-1-Pilot Marc Surer (70) hat die beiden ersten Saisonrennen genossen. „Die Regelrevolution hat zwei Dinge erreicht“, analysiert der Schweizer bei F1-Insider. „Erstens: Das Feld ist insgesamt enger zusammengerückt und Teams wie Haas fahren plötzlich in die Punkte. Und zweitens: Es gibt viel mehr Zweikämpfe als früher. Das zeigt, dass die Formel-1-Regelmacher in die richtige Richtung gegangen sind.“
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Besonders freut es den ehemaligen Formel-2-Europameister, dass Ferrari wieder zurück in die Siegesspur fand. „Ferrari ist ein Kultrennstall. Die ganze Formel 1 profitiert davon wenn sie gut sind.“ Doch wie hat es die Scuderia zurück an die Spitze geschafft? „Da gibt es mehrere Gründe für“, so Surer. „Sie haben ein kompaktes Auto gebaut, das vielleicht nicht ganz so schnell ist wie der Red Bull, aber relativ einfach abzustimmen. Da ist der Red Bull sensibler. Das heißt, Ferrari fällt es leichter, die maximale Performance abzurufen.“
Dazu kommt, so der ehemalige BMW-Rennleiter: „Besonders Charles Leclerc scheint der Ferrari auf den Leib geschnitten. Carlos Sainz tut sich noch etwas schwerer. Wir sehen jetzt wieder den alten Leclerc von 2020.“
Einen großen Schritt habe Ferrari mit der Powerunit gemacht. Surer: „Ob sie den besten Motor haben, weiß ich nicht. Ich glaube, sie sind jetzt auf Augenhöhe mit Honda und liegen vor Mercedes und Renault.“
Der Schweizer denkt um die Ecke: „Vielleicht sind die Auflagen, die Ferrari vor drei Jahren von der FIA bekommen hat, ein Vorteil für die Motoren von 2022 gewesen, die ja zum Teil mit E10-Benzin angefeuert werden. Kann sein, dass Ferrari durch die frühe Forschung mit dieser Neuerung am besten klar kam. Fest steht: Auch die Kundenteams von Haas und Alfa Romeo profitieren vom starken Antrieb.“
Hintergrund: Nachdem Ferrari in der ersten Jahreshälfte 2019 auf den Geraden allen davonfuhr, vermutete die Konkurrenz einen illegalen Trick. Die Regelhüter der FIA schoben diverse Richtlinien zum Betrieb des Aggregats nach. Plötzlich schwand der Vorteil. In der Winterpause leitete die FIA eine Untersuchung ein. Eine der daraus folgenden Auflagen: Ferrari musste sich verpflichten, die FIA bei der Forschung zu alternativen Kraftstoffen zu unterstützen.
Dazu passt: Für 2022 hat der Weltverband den Anteil von nachhaltigen Bestandteilen im Kraftstoff von fünf auf zehn Prozent erhöht. Alle Motorhersteller mussten dazu die Brennräume ihrer 1,6-Liter-V6-Turbos anpassen.
Favorit auf den Titel ist Ferrari deshalb noch nicht. Surer: „Es wird entscheidend sein, wer die Autos über die Saison am besten kann. Und da, glaube ich, hat Red Bull immer noch mehr Kapazitäten. Und Mercedes sollte man noch nicht abschreiben. Die werden zurückschlagen, da bin ich sicher. Ich glaube ihr ganzes Problem kreist sich um das so genannte Purpoising. Wenn sie dieses Hüpfen in den Griff bekommen, werden sie wieder um Siege mitfahren.“
Was die beiden deutschen Fahrer betrifft: Die stehen laut dem Schweizer unter Druck. Surer: „Sebastian Vettel weiß, dass sich der Erfolg mit Aston Martin nicht so schnell einstellen wird. Es spricht aber für seinen kämpferischen Charakter, dass er nach seiner Corona-Erkrankung in Melbourne zurückkommt, obwohl die Erfolgsaussichten gering sind. Doch wie lange bleibt er motiviert? Diese Frage kann nur er beantworten. Denn beweisen muss er nichts mehr.“
Mick Schumacher müsse sich nach seinem heftigen Unfall von Saudi-Arabien reloaden. Surer: „Teamkollege Kevin Magnussen performt auf maximalem Niveau. War Mick bisher überschätzt oder Kevin unterschätzt? Ich meine, das zweite. Mick sollte jetzt ruhig bleiben und von Magnussen lernen. Ich bin überzeugt, dass er dann bald auf Augenhöhe mit ihm sein kann.“
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