In der Formel 1 war der Tod jahrelang ständiger Begleiter. Warum sind die tödlichen Unfälle passiert? Woran sind die Fahrer gestorben?
Für Angehörige der Unfallopfer mag die Frage ohnehin pietätlos klingen, aber: Wie viele Fahrer in der Formel 1 schon gestorben sind, ist gar nicht so leicht zu beantworten.
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Geht es nur um die Piloten, die an Rennwochenenden (also im Training, Qualifying oder innerhalb eines Grand Prix) tödliche Unfälle gehabt haben, so sind 23 Todesfälle zu beklagen. Und selbst diese Zahl ist umstritten: John Taylor und Jules Bianchi sind dort nämlich nicht inbegriffen, weil nach den Standards des Automobilweltverbands FIA nur Unfälle gezählt werden, bei denen der Fahrer innerhalb von 30 Tagen stirbt. Bianchi erlag seinem schweren Schädel-Hirn-Trauma aber erst neun Monate später, Taylor hatte viereinhalb Wochen nach seinem Unfall 1966 eine Brandwundinfektion und starb daran.
Bei den 23 Todesfällen fehlen aber auch jene zehn Fahrer, die beim Indy 500 zwischen 1950 und 1960 verunglückt sind (vier innerhalb der Rennen). Das Event ist eigentlich ein IndyCar-Rennen, zählte aber im genannten Zeitraum zur Weltmeisterschaft dazu.
Ebenfalls fehlen die Piloten, die bei Testunfällen ihren schweren Verletzungen erlegen sind – das waren zuletzt beispielsweise Patrick Depailler 1980 in Hockenheim, Elio de Angelis 1986 in Le Castellet oder María de Villota 2012 in Duxford. Insgesamt sind neun Fahrer betroffen. Weitere sieben kommen dazu, wenn auch nicht zur WM zählende Rennen mitgerechnet werden. So starb zum Beispiel Ricardo Rodriguez bei einem Unfall beim Mexiko-GP 1962 oder der Schweizer Jo Siffert bei einem Formel-1-Rennen in Brands Hatch 1971.
Rechnet man also all das zusammen, könnte man die Frage mit 51 Todesfällen beantworten. 49 weitere Formel-1-Fahrer verunglückten im Rennsport außerhalb der Formel 1, zuletzt Justin Wilson 2015 bei einem IndyCar-Rennen in Pocono.
Bei der folgenden Aufzählung der tödlichen Unfälle sind die 23 Crashs plus zwei Unfälle berücksichtigt, die sich an WM-Rennwochenenden der Formel 1 zugetragen haben. 17 verunglückten dabei im Rennen, acht im Training oder Qualifying.
Onofre Marimon: Deutschland-GP 1954
Der Argentinier krachte im Training nach einem Bremsdefekt an seinem Maserati gegen einen Baum und war sofort tot. Bis dato hat er in seiner elf WM-Rennen umfassenden Formel-1-Karriere zwei Podestplätze erzielt.
Luigi Musso: Frankreich-GP 1958
Der Italiener war eine große Hoffnung von und für Ferrari – spätestens, nachdem er 1956 den Argentinien-GP gewonnen hat. Doch im französischen Grand Prix 1958 verlor er die Kontrolle über seinen Ferrari, krachte in einen Graben und wurde dabei aus dem Auto geschleudert. Stunden später erlag er seinen Verletzungen.
Peter Collins: Deutschland-GP 1958
Es war ein rabenschwarzes Jahr für Ferrari. Nach Luigi Musso verlor die Scuderia nämlich noch einen zweiten Fahrer: Mit einem Sieg war der Brite Peter Collins sogar ein Titelkandidat. Bei einem Unfall überschlug sich sein Ferrari und wurde gegen einen Baum geschleudert. In der Nacht erlag er seinen Verletzungen.
Stuart Lewis-Evans: Marokko-GP 1958
Mit drei tödlichen Unfällen war das Jahr 1958 das schwärzeste in der Geschichte der Formel 1. Beim Marokko-GP erwischte es auch den Briten Stuart Lewis-Evans, einen Schützling des späteren Formel-1-Chefs Bernie Ecclestone. Dabei schien alles recht harmlos: Sein Vanwall fing nach einem Motorschaden Feuer. Lewis-Evans befreite sich aus dem Auto, erlitt aber einen Schock, weshalb er von den Streckenposten davonlief. Auch die weitere Hilfe (nicht steriles Verbandsmaterial) war mangelhaft, so dass er dadurch starb.
Chris Bristow: Belgien-GP 1960
Der Unfalltod des Briten war schauderhaft. Erst kurz zuvor war sein BRP-Teamkollege Harry Schell bei einem nicht zur WM zählenden Formel-1-Rennen in Silverstone tödlich verunglückt. Beim Belgien-GP 1960 war Bristow in ein Duell mit dem Lokalmatadoren Willy Mairesse verstrickt. Dabei verlor er die Kontrolle über seinen Cooper-Climax und krachte in die Leitschienen. Genau genommen rutsche sein Fahrzeug unter die Leitschienen durch, wobei dem Briten der Kopf abgetrennt wurde.
Alan Stacey: Belgien-GP 1960
Es war das einzige Rennen, in dem zwei Fahrer tödlich verunglückt sind. Beim Briten Alan Stacey war die Ursache ein Vogel, der das Visier des Lotus-Piloten durchschlug und ihn tödlich verletzte.
Wolfgang Graf Berge von Trips: Italien-GP 1961
Der Deutsche kämpfte gerade um den WM-Titel, als er nach einer Kollision mit Jim Clark gegen einen Erdwall krachte, auf den Zuschauer standen. 15 Menschen wurden dabei getötet, 60 verletzt. Von Trips selbst erlag dem Unfall durch einen Genickbruch.
Carel Godin de Beaufort: Deutschland-GP 1964
Der Niederländer aus einem Adelshaus kaufte sich privat einen Formel-1-Rennwagen von Porsche und bestritt damit Grands Prix. Im Training zum Deutschland-GP 1964 krachte er mit seinem Porsche gegen einen Baum, wahrscheinlich wegen einer defekten Felge. Dabei erlitt er schwere Rückenmarksverletzungen, an denen er letztlich verstarb.
John Taylor: Deutschland-GP 1966
Der Unfall mit seinem Brabham-BRM war schon viereinhalb Wochen her und Taylor auf dem Weg der Besserung, als er sich eine Infektion seiner Brandwunden zuzog und daran starb.
Lorenzo Bandini: Monaco-GP 1967
Mit Bandini hatte Ferrari endlich wieder einen Lokalmatadoren im Cockpit, dem eine WM zugetraut wurde. Ein Triumph 1964 beim Österreich-GP unterstrich seine Siegerqualitäten. Doch beim Monaco-GP 1967 verlor er eingangs der Hafenschikane die Kontrolle über seinen Ferrari und krachte in die von Strohballen abgesicherte Streckenbegrenzung. Dabei fing sein Wrack sowie die umliegenden Strohballen Feuer. Es dauerte ganze drei Minuten, bis das Feuer gelöscht und Bandini geborgen werden konnte. Drei Tage später erlag er seinen Verbrennungen.
Jo Schlesser: Frankreich-GP 1968
John Surtees lehnte es ab, den noch unausgereiften Honda beim Frankreich-GP zu fahren, nicht so Lokalmatador Jo Schlesser. Aus noch unbekannter Ursache krachte er gegen einen Erdwall, weshalb sein Honda lichterloh in Flammen aufging. Das Magnesiumchassis konnte nur schwer gelöscht werden und Schlesser verbrannte.
Gerhard Mitter: Deutschland-GP 1969
Der Deutsche verunglückte im Training zum Deutschland-GP mit seinem BMW-Formel-2-Rennwagen tödlich. Wahrscheinlich war ein Lenkungsdefekt Ursache des Unfalls. Auf der langen Nordschleife waren auch Formel-2-Autos zugelassen für das Event.
Piers Courage: Niederlande-GP 1970
Der Brite fuhr einen De Tomas-Ford für das Williams-Team. Aus ungeklärter Ursache krachte er gegen die Streckenbegrenzung und überschlug sich. Als sein Wrack Feuer fing, war Courage schon tot – fatal verletzt durch Wrackteile, die gegen seinen Kopf krachten.
Jochen Rindt: Italien-GP 1970
Der Österreicher ist der einzige Fahrer, der noch posthum zum Weltmeister erklärt wurde. Im Training zum Italien-GP brach ihm auf der Anfahrt zur Parabolica-Kurve die Bremswelle am Lotus-Ford. Er krachte gegen die Leitschienen. Weil er aus Angst vor einem Feuerunfall die Gurte nicht ordnungsgemäß angelegt hatte, rutschte Rindt durch die Gurte und zog sich tödliche Verletzungen in Form einer zerrissenen Luftröhre und eines eingedrückten Brustkorbs zu.
Roger Williamson: Niederlande-GP 1973
Der Unfall des Briten war grausam: Nach einem Reifenschaden krachte er mit seinem March-Ford in die Begrenzung. Dabei überschlug sich sein Auto und fing Feuer. Sein Teamkollege David Purley eilte herbei und versuchte Williamson zu retten. Die anderen Fahrer fuhren weiter, im Glauben, das Auto gehöre zu Purley. Williamson verbrannte bei lebendigem Leib und live im TV. Die Leiche wurde erst nach dem Rennende aus dem Wrack geholt. Die Formel 1 sah sich anschließend großer Kritik ausgesetzt.
François Cevert: USA-GP 1973
Im Training krachte der Franzose wahrscheinlich wegen eines Fahrfehlers in die Leitplanke. Sein Tyrrell-Ford wurde auf Höhe des Brustkorbs des Fahrers von der Leitschiene aufgeschlitzt. Cevert hatte keine Überlebenschance.
Helmut Koinigg: USA-GP 1974
Auch der Österreicher krachte auf derselben Strecke (Watkins Glen) in die Leitplanke, die ihm den Hals durchtrennte.
Mark Donohue: Österreich-GP 1975
Wegen eines Reifenschadens am March-Ford des Penske-Teams krachte der US-Amerikaner nach Überschlägen gegen eine Reklametafel. Für einen Streckenposten kam jede Hilfe zu spät. Donohue selbst schien den Unfall recht gut weggesteckt zu haben. Filmaufnahmen zeigen, wie er nach dem Rennen spricht und sich bewegt. Doch ein Tag später fiel er ins Koma. Ein Blutgerinnsel im Gehirn führte schließlich zu seinem Tod.
Tom Pryce: Südafrika-GP 1977
Wieder einmal musste aufgrund der Verkettung höchst unglücklicher Umstände ein Formel-1-Fahrer sterben. Ausgerechnet der Shadow-Teamkollege von Tom Pryce, Renzo Zorzi, schied mit einem Motorschaden aus. Zwei Streckenposten eilten zur Hilfe, um den Brand zu löschen. Dabei rannten sie über die Strecke. Der heranrauschende Pryce hatte keine Chance auszuweichen. Er erfasste den erst 18-jährigen Streckenposten Frederik Jense Van Vuuren, der sofort tot war. Der Feuerlöscher traf dabei Pryce auf dem Kopf, weshalb auch er durch einen Genickbruch sofort tot war.
Ronnie Peterson: Italien-GP 1978
Rennleiter Gianni Restelli gab das Rennen in Monza 1978 wohl zu früh frei, denn die hinteren Fahrer hatten ihr Autos noch gar nicht in ihren Startboxen zum Stillstand gebracht. Dadurch schob sich das Feld so eng zusammen, dass es zu einer Massenkarambolage kam. Das Auto von Ronnie Peterson fing Feuer. Der Schwede, posthum noch Vizemeister für Lotus, konnte seine Gurte öffnen, aber wegen seiner Beinbrüche nicht aus dem Wrack klettern. Im Krankenhaus musste er sich einer OP unterziehen, aber die Verletzungen schienen nicht lebensbedrohlich. Einen Tag nach dem Unfall starb er aber an einer Fettembolie.
Gilles Villeneuve: Belgien-GP 1982
Der Kanadier lief im Qualifying zum Belgien-GP 1982 auf Jochen Mass auf. Dabei kam es zu einem Missverständnis und einer Kollision. Villeneuves Ferrari wurde in die Luft geschleudert und überschlug sich. Weil der Ferrari dabei zerbrach, wurde Villeneuve aus dem Auto und gegen einen Fangzaun geschleudert. Durch die hohen Fliehkräfte wurden dem Kanadier nicht nur Helm, Handschuhe und Schuhe vom Leib gerissen, sondern sogar die Strümpfe. Er starb an seinen Wirbelverletzungen.
Riccardo Paletti: Kanada-GP 1982
Didier Pironi bleib beim Start stehen, Riccardo Paletti hatte keine Chance auszuweichen und krachte mit seinem Osella-Ford mit 200 km/h in das Heck von Pironi. Dabei bohrte sich die Lenksäule in den Brustkorb und verletzte ihn tödlich.
Roland Ratzenberger: Imola-GP 1994
Im Qualifying brach der Frontflügel am Simtek-Ford des Österreichers, worauf er mit über 300 km/h frontal in die Streckenbegrenzung krachte. Dabei erlitt er einen Genickbruch und schwere Verletzungen der inneren Organe.
Ayrton Senna: Imola-GP 1994
In der Tamburello-Kurve krachte die brasilianische Rennlegende aus bis heute ungeklärter Ursache mit seinem Williams-Renault in die Mauer. Dabei bohrte sich eine Strebe der Radaufhängung durch Sennas Helm und verletzte ihn tödlich am Kopf.
Jules Bianchi: Japan-GP 2014
Auf regennasser Fahrbahn krachte der Franzose mit seinem Marussia-Ferrari in einen Bergungskran. Neun Monate später starb Bianchi an seinem schweren Schädel-Hirn-Trauma.
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