Die FreeTV-Rechte der Formel 1 sind immer noch nicht vergeben. Eine Analyse der Fernsehsituation der Königsklasse in Deutschland.
Stellen Sie sich vor: Nächsten Sonntag beginnt in Bahrain die neue Formel-1-WM und keiner schaut zu. In Deutschland ist es mehr oder weniger so.
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Weltweit brüsten sich die Formel-1-Manager damit, dass die TV-Zahlen in die Höhe schnellen. Besonders in den USA. In Deutschland dagegen sinken sie dramatisch in den Keller. Sky Deutschland kam 2022 kaum auf eine Million Zuseher pro Rennen. Schlimmer noch: Der Münchner Pay-TV-Sender, der die Exklusiv-Übertragungsrechte für die automobile Königsklasse in Deutschland hat, tut sich nicht nur schwer damit, Zuschauer zu generieren – er findet auch keinen Free-TV-Partner.
Hintergrund: Laut Vertrag ist Sky verpflichtet, vier der 23 Rennen im Free TV zeigen zu lassen. Im vergangenen Jahr war das noch RTL. Doch für dieses Jahr winkten die Kölner zunächst ab. Begründung: Die Rechnte sind zu teuer. Den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF ist die Formel 1 nicht grün genug. Ran (Sat1, Pro7) schien zuschlagen zu wollen, sagte aber vor kurzem auch ab. Servus TV aus Österreich wollte, aber nur kostenlos.
Jetzt, so erfuhr F1-Insider.com, preist Sky die Formel 1 an wie Sauerbier. Eine Million Euro pro Rennen habe der Preis ursprünglich betragen, jetzt halbierte man das Angebot. Mit der Folge, dass RTL doch noch mal darüber nachdenken soll, die vier Rennen zu übertragen. Stand heute ist aber noch nichts entschieden.
Warum aber ist die Formel 1, die zu Zeiten von Michael Schumacher noch Quotenkönig war, zum Stiefkind des Interesses geworden? Ex-Formel-1-Boss Bernie Ecclestone (92) zu F1-Insider: „Was früher in den USA ein Renner war, kam in Europa nicht so gut an. Und umgekehrt. Deutschland fehlt ein Starfahrer, das aber ist nicht der einzige Grund. Ich denke, besonders die Deutschen lassen sich nicht für dumm verkaufen. Die Formel 1 wird immer mehr für den US-Markt konzipiert, wird immer mehr zur Formel Hollywood. Show ist alles, der Sport geht da unter. Das Rennen in Las Vegas dieses Jahr wird die Krönung. Ich denke, die Deutschen wollen aber immer noch einen sportlichen Wettkampf sehen, nicht eine Mogelpackung. Da passt die Balance zwischen Show und Sport einfach nicht mehr.“
Ecclestone weiter: „Heute sitzen die Fahrer da und beten immer die gleichen Sprüche runter. Die Teamchefs genauso. Jede PK ist austauschbar. Die Medien berichten lieber über biegsame Frontspoiler oder merkwürdige Unterböden, aber kaum noch über die Ecken und Kanten der Hauptdarsteller. Wie sollen so Helden entstehen?“
Was Ecclestone meint: Die Piloten kommen glatt gebügelt daher, sie reden als seien sie gerade einer Entziehungsanstalt für Jungmillionäre entsprungen. Kritische Äußerungen werden nicht gern gesehen bei F1-Managern, Automobilbehörde FIA und Teams. Früher waren Piloten wie Revolverhelden, die zum Showdown jedes Wochenende um zwölf Uhr mittags bereitstanden. Niemand wusste, wer schneller den Colt zieht. Der Begriff „Asphalt-Cowboys“ brachte diesen für die Fans faszinierenden Reiz auf den Punkt.
Ex-Formel-1-Pilot Marc Surer, heute Kommentar des Schweizer Fernsehens, beobachtet Ähnliches: „Zu meiner Zeit hatten die Piloten mehr Ecken und Kanten, waren auch eine verschworene Gemeinschaft. Es war richtig gefährlich, man wusste nie, ob nächste Woche noch alle Kollegen da waren. Es war wie zusammen in einem Schützengraben nzu liegen. Das verbindet. Heute ist das nicht mehr so. Ich denke, das merkt auch der Zuschauer. Aber natürlich ist es das Wichtigste, dass die Autos heute maximale Sicherheit vermitteln.“
Ein mögliches Problem dabei: Das Gefühl, dass Formel-1-Piloten noch etwas Besonders machen, etwas Bewunderungswertes, kommt in Zeiten der Playstation in der Tat nicht mehr rüber. Dagegen kann auch Sky Deutschland wenig machen. Und ob RTL sich die Formel 1 ohne deutschen Star noch mal antut, der zumindest einige Quoten bringt, bleibt abzuwarten.
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