Formel 1: McLaren


Vor dem Brasilien-GP brodelt es bei McLaren: Während Lando Norris um den Titel kämpft, steckt Oscar Piastri in einer Formdelle – und wird von Fans als Opfer einer Stallorder-Verschwörung gesehen. Jos Verstappen heizt die Spekulationen an.
Offiziell gibt sich McLaren betont harmonisch. Auf Social Media postet das Team harmlose Wohlfühl-Clips, in denen Lando Norris und Oscar Piastri gemeinsam lachen oder über Regenrennen plaudern. Doch hinter der freundlichen Fassade brodelt es.
Seit seinem Sieg in Zandvoort hat Piastri kein Rennen mehr gewonnen. In Baku flog er nach einem Fehler ab, in Singapur kam er nach einem teaminternen Scharmützel am Start knapp hinter Norris ins Ziel, und in Austin und Mexiko reichte es jeweils nur für Platz fünf, während Norris zuletzt mit Podien und einem Sieg in Singapur glänzte und die WM-Führung übernahm.

Spätestens seit der Teamorder von Monza, als Piastri den Briten kampflos vorbeilassen musste, wächst die Skepsis. Von einer angeblichen Bevorzugung seines Teamkollegen will der 24-Jährige allerdings nichts wissen. Im Fahrerlager von Interlagos sagt Piastri: „Das ist nicht der Fall. In den letzten paar Rennwochenenden war es etwas knifflig für mich, aber wir haben eine gute Vorstellung davon, warum das so ist. Die Rennen in Austin und Mexiko waren deutlich anders als viele andere, weil sie eine andere Fahrweise verlangt haben. Die Lehren daraus waren sehr wichtig.“
Ganz anders klingt das aus den Reihen der Gegner und Experten. Ausgerechnet Jos Verstappen, Vater von McLarens WM-Gegner Max, kann die Situation bei McLaren nicht nachvollziehen. Er kritisiert den Umgang mit Piastri im Telegraaf offen: „Ich finde es ziemlich seltsam, was bei McLaren passiert. Piastri hat doch nicht plötzlich das Fahren verlernt. Wenn ich er oder sein Manager wäre, würde ich intern einmal mit der Faust auf den Tisch hauen. Denn im Moment fragen sich alle, ob er mit dem Druck umgehen kann, und das ist nicht gut für das eigene Ansehen – in diesem Fall für Piastris Ruf.“
Verstappen senior weiter: „Wenn ich Piastri wäre, würde ich jetzt für mich selbst einstehen. Denn alle haben angenommen, dass er der kommende Weltmeister sein würde, und diese Wahrnehmung hat sich sehr schnell geändert.“

Die Spitze sitzt: Jos Verstappen kennt Machtspiele in der Formel 1 aus seiner eigenen Vergangenheit unter anderem als Teamkollege von Michael Schumacher bei Benetton nur zu gut und bringt damit noch einmal deutliche Unruhe ins Papaya-Team. Denn die Aussagen dürften auf fruchtbaren Boden treffen. Piastris Manager Mark Webber wirkte zuletzt äußerst nervös und unzufrieden mit der Teamdynamik bei McLaren. Als ehemaliger Teamkollege von Sebastian Vettel bei Red Bull trägt der Australier das Trauma der ungeliebten Nummer zwei in sich und erlebt bei McLaren mit seinem Schützling Oscar Piastri derzeit ein Déjà-vu.
Ex-Formel-1-Boss Bernie Ecclestone bestärkt die Piastri-Seite sogar noch in ihrem Verfolgungswahn. Der 95-Jährige glaubt, wirtschaftliche und mediale Interessen spielen sehr wohl eine Rolle: „McLaren bevorzugt den englischen Fahrer Norris. Er hat mehr Star-Qualitäten, mehr Kamerapräsenz und Öffentlichkeit“, so Ecclestone bei RTL.
Damit bringt der Brite auf den Punkt, was viele im Fahrerlager tuscheln: Dass McLaren mit Norris als jungem, charismatischem Gesicht der Marke nicht nur sportlich, sondern auch marketingtechnisch besser fährt. Zu dieser Konstellation wiederum passen Gerüchte, wonach sich der WM-Zweite für den Fall einer WM-Niederlage bereits nach einer neuen Heimat umschaut. Dabei meldet Radio Fahrerlager – so erfuhr F1-Insider.com – Interesse sogar von Red Bull.
Bei McLaren selbst will man von Parteilichkeit nichts wissen. Teamchef Andrea Stella bemühte sich zuletzt um einen diplomatischen Vergleich: „Es ist, als hätte man zwei Söhne – man kann keinen lieber haben als den anderen.“ Sky-Experte Ralf Schumacher empfiehlt Stella: „Er muss jetzt unbedingt Ruhe ins Team bringen. Ich an seiner Stelle würde mit beiden Fahrern Essen gehen.“
Auch McLaren-Geschäftsführer Zak Brown betonte erneut, dass man auch in den letzten vier Rennen und trotz heißem Titelkampf gegen Verstappen keine Teamorder plane. Doch die Geschichte des Teams mahnt: 2007 war ein ähnlicher Machtkampf zwischen Lewis Hamilton und Fernando Alonso eskaliert – am Ende holte Kimi Räikkönen im Ferrari den Titel. In Brasilien, ausgerechnet.
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