An diesem Wochenende startet die Formel E in ihre siebte Saison. Ein Gespräch mit dem Gründer und Chairman der Formel E.
Alejandro Agag, was macht die Formel E und Ihr neues Projekt, die Extreme E, so erfolgreich?
Alejandro Agag: Formel E und Extreme E sind Projekte, die die richtigen Ziele ansteuern. Wir wollen die Message der Nachhaltigkeit auch in den Motorsport bringen – und so in die Gesellschaft.
2014 hat man Sie und die Formel E dafür belächelt.
Es stimmt. Am Anfang war es sehr hart, denn kaum jemand hat an elektrischen Motorsport geglaubt. Das hat uns aber gleichzeitig sehr motiviert. Denn wir wollten jenen, die eine Elektro-Formelserie für unmöglich hielten, zeigen: Wir können es schaffen! Elektrische Autos können nicht nur echten Motorsport bieten, sie sind die Zukunft des Motorsports. Und nach sieben Jahren sind wir immer noch da. Es war also keine schlechte Idee.
Ist das Nachhaltigkeits-Thema eine Gefahr für den Motorsport oder eine Chance?
Ganz klar eine große Möglichkeit. Motorsport wird es immer geben. Die Menschheit braucht Transportmittel. Motorsport reflektiert das und muss immer vorneweg fahren. Rennsport folgt dem Wandel nicht, er führt ihn an. Das heißt: Wir wollen Innovationsführer im elektrischen Motorsport sein und so die nach- haltige Entwicklung der Mobilität fördern. Motorsport muss Innovationsträger sein. Sonst ist er bedroht.
Was muss für die Formel E der nächste Schritt sein – auch angesichts des Ausstiegs von Audi und BMW?
Zunächst einmal: Die Formel E steht sehr gut da, auch ohne Audi und BMW. Wie sind der Motorsport der Zukunft und wir bleiben der Motorsport der Zukunft. Wenn man ein Teenager ist, ist alles neu und aufregend. Wenn man 18 wird, ist es Zeit seriös zu werden. Das gilt auch für die Formel E. Wir haben nach wie vor viele Hersteller an Bord, mehr als jede andere Serie. Das Problem ist: Nicht alle können immer gewinnen. Daraus müssen wir die Konsequenzen ziehen, die Formel E auf ein neues Level heben. Elektrische Autos waren vor fünf, sechs Jahren die große News. Jetzt müssen wir unseren Horizont erweitern, mehr nachhaltige Innovationen vorantreiben. Mit den Autos der dritten Generation bringen wir mehr Performance (u. a. 476 PS). Wir wollen in der Formel E künftig aber auch noch mehr Technologien ins Schaufenster stellen, die die neue Mobilität begleiten. Ultraschnelles Laden zum Beispiel.
Ihr neues Baby ist die Extreme E, die mit Elektro-SUV an Orten fährt, die vom Klimawandel bedroht sind. Wie kamen Sie auf die Idee?
Mit der Formel E wollten wir Rennen in die Städte bringen, mit der Extreme E wollen wir SUV nachhaltig einsetzen und gleichzeitig etwas für die Umwelt tun. Das ist kein Widerspruch, denn wir wollen eine Nachhaltigkeits-Dokumentation über den Sport transportieren und die vom Klimawandel bedrohten Gebiete gleichzeitig aktiv heilen. Extreme E ist eine Nachricht.
Wie wichtig ist es dabei, dass Lewis Hamilton und Nico Rosberg als Teambesitzer mit an Bord sind?
Sehr wichtig. Solche Persönlichkeiten helfen, die Nachricht an ein größeres Publikum zu bringen. Sie sind Lautsprecher, und sie glauben an das, was wir da tun.
Kann Motorsport wirklich dem Klima helfen? Klingt wie ein Widerspruch.
Ja. Ich mag Aktionen, nicht nur Worte. Deshalb haben wir das Vermächtnis-Programm und reinvestieren einen Teil unserer Einnahmen in die Verbesserung der Situation vor Ort. Wir wollen unsere Power einsetzen, um Gutes für unseren Planeten zu tun.
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Sie setzen voll auf E-Mobilität: Was halten Sie von Biosprit und Wasserstoff?
Elektromobilität ist die Zukunft. Ob Batteriebetrieben oder mit Wasserstoff – das macht keinen Unterschied, denn beides treibt einen E-Motor an. Wasserstoff ist eine großartige Option für längere Distanzen und schwere Vehikel wie Trucks. In den Städten dagegen haben Batterien einen Vorteil. Hinsichtlich eFuels habe ich meine Zweifel. Sie brauchen eine hohe Energiemenge für die Herstellung – liefern dann aber relativ wenig Energie, sind also wenig effizient. Und sie produzieren weiterhin Abgase, auch wenn sie das CO2-neutral tun. Für die Städte ist das keine Option. Natürlich würden die Hardcore-Petrolheads eFuels bevorzugen, weil sie dann weiter mit Verbrennungsmotoren fahren können. Ich bin aber nicht davon überzeugt.
Formel E, Extreme E: Was sind Ihre nächste Pläne?
Boote. Wir wollen eine elektrische Powerboot-Meisterschaft ins Leben rufen, die in Städten mit Wasser ausgetragen wird. Zum Beispiel auch in der Arktis oder auf dem Amazonas. Denn wir denken, dass die Revolution der Mobilität auf der Straße auch auf dem Wasser stattfinden muss. Die Ozeane und Wasserstraßen sind stark verschmutzt. Schiffe mit herkömmlichem Treibstoff haben daran einen enormen Anteil. Wenn wir also die Mobilität auf dem Wasser elektrisieren können, ist das eine weiterer wichtige Maßnahme für die Umwelt.
Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund die Zukunft der Formel 1?
Stefano Domenicali (der neue F1-Präsident; d. Red.) ist ein guter Freund, wir kennen uns seit rund 15 Jahren. Und von der Formel 1 war es die richtige Entscheidung, jemanden wie ihn, der in der Autoindustrie bestens vernetzt ist, zu verpflichten. Aber ich glaube, dass die Formel 1 eines Tages elektrisch wird. Es gibt keinen anderen Weg in die Zukunft, deshalb müssen wir über kurz oder lang eine Einigung zwischen den beiden Serien finden. Denn wir (die Formel E; d. Red.) haben sowohl Elektroantriebe als auch Wasserstoff in unserem Patent für Formel-Rennwagen. Also müssen wir uns irgendwie einigen. Denn entweder wird die Formel 1 elektrisch – oder sie wird eine Klassik-Kategorie werden. Ich glaube, Letztes wäre falsch, denn die Formel 1 muss immer die Spitze des Motorsports und der Technologie abbilden. Und das werden Elektroantriebe sein – entweder mit Batterien oder Wasserstoff.
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